Düsseldorfer Kämmerer warnt vor Haushaltslücke – CDU übt Frontalkritik an Ampel-Koalition | KOMMENTAR
Dem Weckruf von Stadtkämmerer Manfred Abrahams folgte lautes Ach und Weh: Düsseldorfs Kassenwart warnt in einem Bericht für den Haupt- und Finanzausschuss am kommenden Montag (15.6.) davor, dass Düsseldorf am Jahresende 100 Millionen Euro fehlen könnten. Könnten! Und in den Folgejahren auch.
Die Ziffer entsteht durch einen Rückgang der Einnahmen bei gleichzeitigem Anstieg der Ausgaben. Auf der Einnahmenseite etwa fährt die Gewerbesteuer in diesem Jahr Achterbahn. Sie ist die größte Einnahmequelle der Stadt und könnte – könnte! – rund 40 Millionen Euro unter Plan bleiben. Aus dem städtischen Anteil an der Einkommensteuer erwächst ein Plus von 12,5 Millionen Euro. Die Grundsteuer liegt im Plan. Ob die von der Stadt eingeforderte Zahlung von 22,5 Millionen Euro von der Stadt-Sparkasse Düsseldorf fließt, ist derzeit umstritten.
Zusätzliche Ausgaben: Flüchtlingskosten, Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst
Auf der Ausgabenseite müssen für Sozialleistungen, die Unterbringung von Flüchtlingen und die Mehrkosten der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst rund 75 Millionen Euro ausgegeben werden – 33 Millionen waren ursprünglich eingeplant. Falls nicht mit einem Sparprogramm seitens der Stadt gegengesteuert wird, reichen die Mittel aus dem Verkauf der Stadtwerke-Anteile der Stadt und der RWE-Aktien aus dem Jahr 2007 nicht zum Ausgleich. Von ursprünglich 600 Millionen Euro sind gerade einmal 14 Millionen Euro übrig.
Aus diesen Zahlen liest die CDU eine „finanzpolitische Katastrophe“ und der CDU-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Gutt erklärt vollmundig: „Thomas Geisel und die Ampel haben Düsseldorf schneller an den Abgrund geführt als befürchtet. Jetzt muss Schluss sein mit dem sorglosen Geldausgeben. Sonst ist die Stadt pleite und kommt nicht mehr auf die Beine.“ Geisel müsse das Ruder herumreißen.
Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer warnten davor, die Gewerbesteuer zu erhöhen.
Rüdiger Gutt, CDU: "Die Ampel führt Düsseldorf an den Abgrund!"
Kommentar
Billige Panikmache
Rüdiger Gutt, immerhin CDU-Fraktionsvorsitzender von Düsseldorf, muss ein bemerkenswert schlechter Steuermann sein. Andersfalls wüsste er, dass gerade in kritischen Situationen an Bord ein hektisches „Herumreißen“ des Ruders die Gefahr für ein Schiff eher vergrößert. Für den Umgang mit den städtischen Finanzen fehlt der CDU offenbar derzeit das Verständnis.
Was ist passiert? Der Kämmerer muss Politik und Verwaltung regelmäßig auf kommende Finanzrisiken hinweisen. Das hat er getan. Es ist ein Weckruf. Düsseldorfs sieben fette Jahre sind vorbei. Dass die Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr ungewöhnlich stark hin- und herschwanken, derzeit wieder munterer fließen und das tatsächliche Loch am Ende ein wenig kleiner ausfallen könnte, ändert nichts an der Gesamtlage.
Gute Vorlage für Geisel
Natürlich geht der Stadt im Sommer nicht das Geld aus – wie die Rheinische Post unkt. Aber die ebenso flotte wie falsche Schlagzeile kommt dem Oberbürgermeister Thomas Geisel gerade recht. Zum einen zeigt sich, dass er nicht mal eben auf 22,5 Millionen Euro von der Stadt-Sparkasse Düsseldorf verzichten kann. Über dieses Geld streitet er derzeit mit Sparkassenchef Arndt Hallmann, der die Millionen lieber in die eigene Rücklage stopfen will.
Zum anderen wird der OB die Schlagzeile als Hammer nutzen, um die FDP in den Haushaltsberatungen der Ampel für 2016 weichzuklopfen. Die murmelt immer noch ihr Mantra von der Schuldenfreiheit – statt zum Beispiel für den Schul- und Bäderbau jetzt noch günstige Kredite aufzunehmen.
Denn – Achtung: Abrahams Weckruf betrifft gerade mal die laufende Geschäfte der Stadt. Im Hintergrund hat die völlig zu Recht abgewählte schwarz-gelbe Stadtregierung einen Investitionsstau von 1,3 Milliarden Euro auflaufen lassen, der dringend abgebaut werden muss. Dazu gehören neue Bäder, neue Schulen, der Brandschutz in U-Bahnen – Posten die Rüdiger Gutt zusammenfasst unter dem Schlagwort: Es müsse Schluss sein „mit dem sorglosen Geldausgeben“.
Die Doppelzüngigkeit der CDU
Und dann versteigt sich der Mann zu dem Satz: „die Ampel habe Düsseldorf schneller als erwartet an den Abgrund geführt“. Wie bitte? Es ist die CDU, die im Verwaltungsrat der Stadt-Sparkasse die fällige Zahlung an die Stadt blockiert. Es ist die CDU, die den OB geißelt, wenn er überlegt ein Innenstadtgrundstück aus dem Kö-Bogen 2 möglichst teuer an private Investoren zu verkaufen, um Geld in die Stadtkasse zu bekommen. Es ist die CDU, die sich vom Kurs des Kaputtsparens nicht trennen kann. Und auch unter einer CDU-Stadtregierung wären Joachim Erwins 600 Millionen Euro jetzt schlichtweg verbraucht. Vier Fünftel dieser Mittel sind übrigens unter der CDU-Regentschaft ausgegeben worden.
Demgegenüber kann die Ampel weder etwas für steigende Flüchtlingsausgaben noch für Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst. Das Ruder rumreißen? Ach, Herr Gutt, ist das schlecht! Dirk Neubauer
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