„60-er“ erhitzt die Gemüter im Düsseldorfer Rat
Dass ein „60-er“ im Zusammenhang mit der Tour der France keine Rad- oder Rahmengröße ist, war den Zuhörern und Zuschauern der Ratssitzung am Donnerstag (21.9.) schnell klar. Denn warum sollte man darüber über Stunden streiten? Es ging um Artikel 60 der Gemeindeordnung NRW und konkret darum, ob Oberbürgermeister Thomas Geisel am 17. August ordnungsgemäß einen Dringlichkeitsbeschluss zur Freigabe von überplanmäßigen Geldern herbeigeführt hat.
Lautstarker Schlagabtausch
Was sich nach Routine anhört, sorgte bei der Ratssitzung für heftigste Diskussionen, Beschuldigungen und Rechtfertigungen. Da die Kosten für den Grand Départ der Tour de France höher ausgefallen waren als ursprünglich veranschlagt, mussten die überplanmäßigen Mittel dafür vom Rat genehmigt werden. Einige Rechnungen waren bereits im August fällig, die nächste Ratssitzung weit entfernt und die Mitglieder des Hauptausschusses in Urlaub. So ließ OB Geisel den Dringlichkeitsbeschluss von seiner SPD-Parteikollegin Helga Leibauer gegenzeichnen. Diese hatte vor ihrer Unterschrift von der Kämmerei den Controllingbericht erhalten, geprüft und daraufhin die Freigabe der 1,5 Millionen Euro unterschrieben.
Für welche Leistungen bei der Tour de France die Rechnungen noch nicht bezahlt sind, war kein Thema bei der Debatte
Vielleicht wusste sie nicht, dass Geisel vorher bereits vergeblich versucht hatte, bei der CDU, den Grünen und den Linken die notwendige zweite Unterschrift zu erhalten. Alle hatten abgelehnt, da die Erklärungen zur Kostenüberschreitung als unzureichend empfunden wurden.
Einzig die SPD-Fraktion hielt bei der Ratssitzung zum Oberbürgermeister und verteidigte sein Vorgehen, da die Freigabe der Gelder dringend erforderlich gewesen sei, um die Rechnungssteller nicht in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen.
"So geht es nicht Herr Geisel"
Doch die Vorwürfe der Ampelpartner waren mindestens so heftig, wie die der Opposition. Der Fraktionschef der Grünen im Rathaus Norbert Czerwinski warf Geisel mangelnde Transparenz vor und dass er sei unfähig sei zuzugeben, einen Fehler gemacht zu haben. CDU-Ratsherr Christian Rütz verstärkte diesen Vorwurf und führte aus „ein Hausieren mit dringlichen Entscheidungen sei unzulässig“.
Manfred Neuenhaus, FDP-Fraktionsvorsitzender, beschrieb die Diskussion als einen noch nie dagewesenen Vertrauensverlust. Geisel sei nicht in der Lage, vertrauensvoll mit dem Rat zusammenzuarbeiten: „Überlegen sie sich, ob der Respekt vor dem Rat nicht ein anderer sein muss“, trug er dem OB auf.
Niederlage für Geisel
Noch viele meldeten sich zu Wort, doch das Misstrauen blieb. So fiel die Abstimmung erwartungsgemäß aus: CDU, FDP, Grüne, Linke, AFD und Tierschutz-Freie Wähler versagten die Zustimmung zum Dringlichkeitsbeschluss. Welche Folgen dies hat und ob Thomas Geisel den Beschluss beanstanden wird, bleibt abzuwarten.
Außerordentliche Ratssitzung
Eine Folge hatte die lange Diskussion noch am Donnerstag: Da viele Punkte der Tagesordnung nicht bearbeitet werden konnten und noch Restanten aus dem Mai auf Beschlussfassung durch den Rat warten, beantragten die Linken die Einberufung einer außerordentlichen Ratssitzung.