Düsseldorf: Wie die Polizei ihre Führung modernisieren will
Für alle, die seit Monaten eine neue Führungskraft an der Spitze der Düsseldorfer Polizei vermissen, klingt dieser Satz von NRW-Innenminister Herbert Reul irgendwie seltsam: „Vom Dienstgruppenleiter bis zum Polizeipräsidenten – Wir haben den Anspruch, dass innerhalb der Polizei optimal geführt wird.“ Mit diesem Satz präsentierte Reul am Dienstag (29.87.) die neue Führungsstrategie der nordrhein-westfälischen Polizei. Ähnlich wie die Besetzung an der Spitze des Düsseldorfer Polizeipräsidium ist sie noch nicht fertig.
Haltung und ein Wertekompass
Wie gute Führung für die 56.000 Polizist*Innen im Land aussehen soll, steht momentan auf 217 Seiten Papier. Dem Innenminister Herbert Reul und Michael Schemke, dem Inspekteur der NRW-Polizei geht es um Haltung und um einen Wertekompass. Alkoholismus, Sexismus und rechtsradikale Chats bei der Polizei NRW erfordern ein Gegengewicht. „Das ist nicht nur ein Papier für einige wenige Führungskräfte, sondern es betrifft alle 56.000 Polizistinnen und Polizisten“, bekräftigte der Inspekteur, der gemeinsam mit seinen Mitarbeitern den Ansatz am Dienstag der Presse vorstellte, nachdem zuvor der Innenausschuss des Landtags informiert worden war.
Die Führungsinstrumente
Menschen, die in Großunternehmen arbeiten, werden vieles von dem wiedererkennen, das sich die Polizei NRW nun vornimmt. Führungskräfte sollen permanent unterstützt werden und lernen. Sie bekommen eine Vielzahl von Führungsinstrumenten an die Hand, darunter ein mehrdimensionales Führungsfeedback durch Vorgesetzte, Kollegen und Untergebene, Coaching- und Supervisionsangebote.
„Kein Kuschelkurs“
„Das ist jetzt aber kein Kuschelkurs“, stellte Polizeiinspekteur Schemke. Denn zurzeit werde ein Monitoring von Kennzahlen entwickelt, die helfen sollen, schlechte Führung aufzudecken. Bei der Präsentation am Dienstag wurde die Ziffer der Krankmeldungen in einer Polizeieinheit genannt. Sollte diese in einem Revier schlechter sein, als in einem vergleichbaren Polizeiberitt, werde man sich mit der oder den Führungskräften über Gegenmaßnehmen unterhalten. Ganz am Ende könne e dazu kommen, dass Polizeiführungskräfte andere Aufgaben übernehmen müssen.
Hilfen für Führungskräfte
Neben der Kontrolle darüber, ob die richtigen Personen zu Führungskräften gemacht wurden, gibt es in dem Papier Handlungsempfehlungen für besondere Situationen, in denen Führung gefragt ist. Wie sollen Führungskräfte bei der Polizei mit Suchterkrankungen von Polizist*Innen umgehen oder auf demokratiefeindliche Tendenzen regieren? Wegschauen gilt nicht (mehr). Polizeiinspekteur Schemke ist da ganz klar: „Ignorieren heißt akzeptieren.“
Ausgangspunkt: eine Mitarbeiterbefragung
Erarbeitet wurde die neue Führungsstrategie der nordrhein-westfälischen Polizei von einem 74-köpfigen Arbeitskreis seit 2020. Der Prozess wurde wissenschaftlich begleitet. Vorausgegangen war eine große Mitarbeiterumfrage, an der 17.000 Beamtinnen und Beamten teilnahmen. Ein 26-köpfiges Changeteam leistet zurzeit und mindestens noch 2024 Überzeugungsarbeit bei den 56.000 Polizist*Innen. Denn auch das ist klar: Nicht jede polizeiliche Führungskraft wird auf Anhieb mitmachen. „Das ist wie bei jedem Veränderungsprozess“, hieß es am Freitag. Manche seien sofort Feuer und Flamme. Manche werde man nie überzeugen. Man konzentriere sich auf den Großteil derer, die überzeugt werden müssen. Spätestens 2025 sollen die Indikatoren für gute Führung beisammen sein.
Die Polizei als Arbeitgeber
Innenminister Herbert Reul verwies auf mehr als 15.000 jungen Beamt*innen, die während seiner Amtszeit eingestellt worden seien. Sie alle bräuchten Orientierung. Zudem wird eine moderne Führungskultur als Pluspunkte bei der Rekrutierung neuer Polizeibediensteter gesehen. Denn die Polizei konkurriert auf dem Arbeitsmarkt gegen eine Vielzahl mutmaßlich moderner aufgestellter und besser bezahlender Unternehmen.
Und noch immer kein Polizeipräsident für Düsseldorf
Und der immer noch nicht ermittelte Düsseldorfer Polizeipräsident? Da ist Innenminister Herbert Reul sehr klar: „Momenten sind die Positionen in Düsseldorf, Gelsenkirchen und Oberhausen unbesetzt – und es werden im Herbst Aachen, Köln und Mönchengladbach hinzukommen. Ich verstehe, dass man mich deswegen kritisiert. Aber werde deshalb keine voreiligen Personalentscheidungen treffen.“