Düsseldorf Oberbilk: Spenden-Immobilie insgeheim verkauft – fiftyfifty greift Arme Brüder an
Rote Klinker, fünf Etagen und auf dem Pflaster vor dem Haus drei Stolpersteine, die an die von den Nazis verschleppte und getötete Familie Brodt erinnern. Für die Ordensgemeinschaft der Armen Brüder des Heiligen Franziskus wird das Haus Lessingstraße 25 selbst gerade zu einem Stolperstein. Um die Jahrtausendwende wurde es durch Spendengelder des Straßenmagazins fiftyfifty erworben. Kaufpreis: knapp eine halbe Million D-Mark. Und nun – ohne Rücksprache – verkauft. fiftyfifty wirft den Armen Brüdern eine grobe Täuschung der Spender vor und prüft juristische Schritte.
Was die Initiative besonders verärgert: Erwerber sei ein Immobilienfonds, eine HMS Zweite Grundstücksgesellschaft mbH. Also klassische Immobilienökonomen. Oliver Ongaro ahnt das Schlimmste: „Ziel solcher Gesellschaften ist die ausschließliche Profitmaximierung. So steht zu befürchten, dass die Mieten drastisch erhöht werden.“ Es drohe die Vertreibung der jetzigen Bewohner aus Düsseldorf Oberbilk und deren erneute Wohnungslosigkeit.
"Langfristig orientierter Investor"
Dem widerspricht Dirk Buttler, erster Vorsitzender im Vorstand der Armen Brüder: „Wir haben an einen langfristig orientierten Investor verkauft. Natürlich dürfen alle derzeitigen Mieter in der Lessingstraße wohnen bleiben. Das haben uns die neuen Eigentümer versichert.“ Außerdem sei er es leid, alle paar Wochen wegen ein und derselben Sache vorgeführt zu werden. „Der Erlös aus dem Hausverkauf kommt wieder der Wohnungshilfe zu gute.“
Eigentlich war die nun insgeheim verscherbelte, ursprünglich mit Spendengeldern erworbene Immobilie zu einem Zweck gekauft worden: Wohnungslosen eine neue Heimat zu geben; sie von der Straße zu holen. Zwischen Kaufpreisverhandlungen und Notartermin scheint das für die Armen Brüder keine Rolle gespielt zu haben.
"Eigene Anlagekriterien missachtet"
„Wir finden es absolut empörend und verwerflich, dass ein sozialer Träger wie die Armen Brüder bei dem angespannten Wohnungsmarkt in Düsseldorf Häuser an Investmentfonds verkauft und dabei ihre eigenen, nach dem Skandal neu auferlegten Anlagekriterien beim Weiterverkauf missachten“, erklärt Julia von Lindern vom Straßenmagazin fiftyfifty.
Der Skandal – er hat vor drei Jahren zur Trennung zwischen fiftyfifty und den Armen Brüdern geführt. Ein mittlerweile entlassener Geschäftsführer hatte mit 7,5 Millionen Euro an Spendengeldern spekuliert und war dabei auf ein Schneeballsystem hereingefallen. Der damalige Skandal holt die offenbar gar nicht so Armen Brüder jetzt wieder ein, weil vor dem Landgericht Düsseldorf am kommenden Freitag (24.3.) vermutlich das Urteil in einem Verfahren gesprochen wird, bei dem sie auf der Beklagtenbank sitzen.
Ein Millionenprozess im Hintergrund
Kläger ist der Insolvenzverwalter der Future Business KG, Fubu. Er will von den Armen Brüdern 5,5 Millionen Euro haben. Teil des Spekulations-Schneeballsystems rund um die Infimus-Anlage war offenbar auch ein Darlehen über diesen exorbitanten Betrag, den der vermeintliche Sozialverein Fubu im Jahr 2013 gewährte und bald zurückbekam. Die Argumentation der Kläger: Mit dem Geld hätten andere Schulden bedient werden müssen, nicht das „nachrangige Darlehen“ der Armen Brüder. Bereits am ersten Prozesstag hatten die Richter dieser Klage wenig Aussicht auf Erfolg gegeben und vorgeschlagen, die Streitparteien mögen sich außergerichtlich einigen. Zum Beispiel auf ein Zehntel der Forderung.
Zufällig sind diese 550.000 Euro nahezu deckungsgleich mit dem Verkaufspreis der Lessingstraße 25. Die ging angeblich für 738.000 Euro über den Tisch. Auf nochmalige Nachfrage hin bestätigt Buttler, dass zwischen den Vorgängen „ein gewisser Zusammenhang besteht“.