Fan-Alarm im NRW-Forum Düsseldorf! Stars zeigen ihre Hobby-Kunst
Sorry, liebe Stadtsparkasse! Die „Reformulierung“ von Kunst aus der Sammlung des ehrenwerten Düsseldorfer Geldinstituts im ersten Stock des NRW-Forums wird wohl wenig Beachtung finden. Denn unten, wow, da lockt Kurator Alain Bieber wieder mal den Zeitgeist und seine Influencer*innen mit einer knackigen Show. „Beyond Fame“, die (Hobby-)Kunst der Stars aus Sport, Pop, Mode und Schauspielerei, lässt die Fans erzittern. Kein Geringerer als der britische Rocksänger Peter Doherty (44), der nach Drogenabstürzen nun clean und verheiratet in der Normandie lebt, wurde für die Eröffnungsparty engagiert.
Er hat ein bisschen zugenommen, das Jackett spannt, und mit Schnauzbart, Strunztuch und Stöckchen sieht der ergraute Doherty schon ein bisschen aus wie sein eigener Großonkel. Das passt zu seiner neuen Rolle als bildender Kunst-Dandy, der sich nicht für Technik interessiert: „I don’t even have a phone“, nicht mal ein Handy hat er. In analoger Ruhe entstehen Skizzen, Malereien und Collagen, die ihn „really proud“, wirklich stolz, machen. Und tatsächlich von Sensibilität zeugen. Da ist viel Beschäftigung mit der Vergänglichkeit. Kreuze, Totenköpfe, schwankende Linien und Wörter schweben durch ein Ungewisses. „I am a Stranger in my Own Skin“, ich bin ein Fremder in meiner eigenen Haut, erscheint als Schrift über einem Foto von Doherty als singendem young man.
Schöne und Verzweifelte
Solche Zartheiten gibt es nicht im schwarzen Kitschkabinett des dramatisch aufgespritzten Modedesigners Harald Glööckler, der neben heftig mit Farbe bekleckerten Fauteuils und einem Glitzerhirsch sein eigenes Porträt als barocke Königsbüste und napoleonische Reiterskulptur hat anfertigen lassen. Hinter einem Vorhang verbirgt sich eine erotische „Pieta“, die erst später enthüllt werden soll. Er selbst liegt da als toter Jesus im Schoß einer nicht sehr marienhaften Dame. Hübsch und harmlos sind dagegen die „Dinner“-Stillleben des Models Isis-Maria Niedecken, die bemüht ist „im Nebensächlichen Schönheit zu entdecken“.
Cro alias Carlito, der deutsche Rapper mit der Panda-Maske, hat schon mal „die Schnauze voll“ von Musik. Dann malt er „zwei Wochen lang“ – zum Beispiel „Lona Misa am Strand“ oder „Charly am Rauchen“, jeweils ohne Gesicht, aber mit beachtlichen Brüsten. Sein weltberühmter Kollege Bryan Adams nutzt lieber die Fotografie, um „sich selbst zu empowern“. Von ihm stammen sowohl elegante Bildnisse von Superstar-Kollegen wie Mick Jagger und Pink als auch eine nüchtern arrangierte Serie von Obdachlosen-Porträts („Homeless“).
Ehrgeiz und Melancholie
Ähnlich ambitioniert ist die Arbeit des ehemaligen Tennisprofis und Olympiasiegers Michael Stich (54), für den Kunst „mein liebstes Hobby, meine Leidenschaft“ ist. Seine abstrakte Malerei, die von der renommierten Düsseldorfer Galerie Paffrath vertreten wird, sind, sagt er, „Ausdruck meiner Gedanken und Emotionen“. Ein „First Contact“ (Erstkontakt) erscheint auf einem Monumentalformat als wilde rote Farbverbindung in einem blauen Universum. „Man muss mutig sein“, stellt Stich fest und lächelt routiniert, während ihm Mikrophone vor das Gesicht gehalten werden.
Zu den malenden Sport-Celebrities gehört auch die ehemalige Fußballerin Josephine Henning, die mit kleinen Acrylecken auf Kunstrasen vom Platz träumt und mit expressiver Figuration von Liebe und Jazz erzählt. Musik hinwiederum ist der Job des deutschen Singer-Songwriters Tim Bendzko („Nur noch kurz die Welt retten“). Eine zarter blauer Schein im Dunkeln („Lebenslinie“) und einige monoton schwarze Bilder zeugen von dem, was er in einem Titel „Ernüchterung“ nennt. Bleibt zu hoffen, dass es in dem blondgelockten Barden nicht ganz so düster aussieht wie seine Malerei.
Wer ist der Unbekannte?
Ja, die Talente sind doch recht verschieden. Wer hätte gedacht, dass Grünen-Politiker und Militär-Experte Anton Hofreiter, von Haus aus Biologe, in seiner Freizeit naive bunte Blumenbilder malt, die so rührend leuchten, als gäbe es keine Gemeinheit auf der Welt? Meret Becker hingegen, Berliner Charakterdarstellerin und Chansonette, ist auch sonst kreativ. „Handarbeit“ hat sie kritisch auf ein T-Shirt gestickt. Einer Schaufensterpuppe warf sie einen Brautschleier mit Augengitter über, und hinten in der Ecke soll ein leicht ausgekippter Sack Reis den „Schmetterlingseffekt“ würdigen. Eine kleine Ursache kann nämlich eine ganze Kette von Konsequenzen auslösen.
Weniger tiefsinnig sind die comicartigen Zeichnungen von Grimes, einer im Netz gehypten Sängerin, die eigentlich Claire Elise Boucher heißt und eine On- und Off-Beziehung mit dem Milliardär Elon Musk führt. Der Rapper Samy Deluxe hat einen ganzen Raum als Streetart-Kulisse gestaltet. Wesentlich ernsthafter und konsequenter ist die bildende Kunst der renommierten Theater-Schauspielerin und neuerdings auch Autorin Lea Draeger. Sie präsentiert ein Leporello von „Heiliginnen“ mit ihrer katholisch geprägten Herkunftsgeschichte und hat einen ganzen Saal mit kleinen, subversiven Zeichnungen von „Ökonomischen Päpsten“ ausgestattet. Und dann wäre da noch die wüsten Männlein eines Stars, dessen Identität das Publikum erraten soll. Gedeon Schenkt nennt er sich, und der Kurator verspricht: „Jeder kennt ihn.“ Mal sehen …
Was, wann und wo?
„Beyond Fame: Die Kunst der Stars“ ist bis zum 21. Januar 2024 im NRW-Forum am Ehrenhof 2 zu sehen. Öffentliche Führungen: Sonntag 14 bis 15 Uhr. Im ersten Stock wird außerdem bis zum 17. September eine „Reformulierung“ aus der Sammlung der Stadtsparkasse Düsseldorf gezeigt – mit Werken von Markus Karstieß, Donja Nasseri und Peter Piller. Das NRW-Forum ist geöffnet Di.-So. 11 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr. Nähere Informationen unter www.nrw-forum.de