Düsseldorf: Vier Workshops gegen das Vergessen und zum Verständnis der Gegenwart
Einst sagte Mohandas Karamchand Ghandi: „Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.“ Diese ernüchternde Aussage des indischen Freiheitskämpfers, der mit der Philosophie des gewaltfreien zivilen Ungehorsams sein Heimatland in die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien führte, spornt die Mitarbeiter der Mahn- und Gedenkstätte in Düsseldorf eher an. Das Institut erinnert in einer Dauerausstellung ständig an die Opfer des NS-Unrechtsregimes. Die Mitarbeiter*innen erarbeiten ständig neue Formate, um die Erinnerung aufrechtzuerhalten. Sie wollen die Linien aus der Vergangenheit in die Gegenwart ziehen und so möglichst eine Wiederholung der dunklen Periode in der deutschen Geschichte (1933 bis 1945) verhindern.
Jetzt stellte die Mahn- und Gedenkstätte die Inhalte für vier neue Workshops für Jugendliche vor. In Zusammenarbeit mit dem NS-Dokumentationszentrum Krefeld und 700 Jugendlichen haben die Historiker*innen lokale Bezüge zu ehemals in Düsseldorf und Krefeld lebenden NS-Opfern beispielhaft zu pädagogischen Lehrmaterialien arrangiert. „Das aktive Erinnern an die Verbrechen im Nationalsozialismus ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft“, erläutert Düsseldorfs Beigeordnete für Kultur und Integration Miriam Koch. „ Mit den neu entwickelten Workshops zeigt die Mahn- und Gedenkstätte eindrucksvoll, wie dieses Lernen aus der Geschichte auf kreative und wirkungsvolle Weise gelingen kann.”
Die vier Workshops „’Nur für Arier’? – Sport im Nationalsozialismus”, „Auf der Fährte – ‘Unangepasste’ Jugendliche in der NS-Zeit”, „’Rädchen im Getriebe’? – Schreibtischtäter:innen in der NS-Zeit” und „’Was hat das mit mir zu tun?’ – Flucht und Migration in der NS-Zeit“ wurden mit Unterstützung von Jugendlichen für Jugendliche erarbeitet. Die Workshop-Inhalte erreichen die Teilnehmenden durch speziell gestaltete pädagogische Materialien, die bisher in den jeweiligen lokalen Bildungsangeboten kaum Berücksichtigung fanden. So steht beispielsweise im Workshop „Nur für Arier“ Leo Meyer im Mittelpunkt. Er war Fußballer bei der Turn und Rasensport-Union (TuRU) in Düsseldorf und erhielt nach der NS-Machtergreifung 1933 Spielverbot. Das wirft Fragen auf wie: Welche Möglichkeiten hatten Sportler*innen, die in der Nazi-Zeit verfolgt wurden, in Düsseldorf sportlich aktiv zu sein? Oder Welche Turn- und Sportvereine durften überhaupt in Düsseldorf nach 1933 existieren? Diese Fragen und einige mehr werden in den Workshops beantwortet. Die Inhalte wenden sich nicht nur am Sportvereine, Jugendzentren und Ausbildungsstätten, sondern wurden für alle Jugendlichen konzipiert.
Das Team der Mahn- und Gedenkstätte bietet die Workshops an und möchte damit auch auf einige aktuelle Tendenzen in der Gesellschaft aufmerksam machen. „Hass, Hetze und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind leider kein Relikt der Vergangenheit, sondern auch in unserer heutigen Gesellschaft verwurzelt. Zu einer ganzheitlichen Demokratieförderung gehört daher auch eine lebendige Erinnerungskultur, denn nur wer um die Vergangenheit weiß, kann Gegenwart und Zukunft gestalten“, erläuterte am Donnerstag (10.8.) die nordrhein-westfälische Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, Josefine Paul. „Vor diesem Hintergrund hilft uns die pädagogische Arbeit der Mahn- und Gedenkstätten nicht nur unsere Geschichte, sondern auch unsere heutige Gesellschaft besser zu verstehen. Das Tandemprojekt der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und der NS-Dokumentationsstelle Krefeld leistet dafür einen ganz konkreten und wichtigen Beitrag für eine lebendige Erinnerungskultur und eine vielfältige und offene Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen.”
Die Workshops finden in der Mahn- und Gedenkstätte statt. Die Termine müssen dort abgestimmt werden. Das Projekt wurde durch das Förderprogramm “Jugend erinnert” der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien initiiert.