Neues Kunstversteckspiel im Lantz’schen Park Düsseldorf
Man wird ja mal seufzen dürfen: Es wäre zu schön, wenn die herrschaftliche Villa im Lantz’schen Park zu Lohausen eine Galerie wäre – wie in den 1970er-Jahren, als Alfred Schmela hier eine Dependance eröffnete und den Garten mit Skulpturen markierte, die jetzt still vor sich hin gammeln. Ein kleines Café wäre auch zu begrüßen … Aber die Stadt hat das Haus einem Textilunternehmer als Firmensitz überlassen, und im Park segnet die amtlich eingesetzte Kunstkommission alljährlich eine politisch anspruchsvolle Sommerskulpturenschau ab. „On damp earths we wander“ heißt es diesmal, auf dumpfen Erden wandern wir. Mag sein, aber wir sehen leider fast nichts.
Dabei ist der Anspruch mal wieder ganz hoch. Die junge Kuratorin Lynhan Balatbat-Helbock, die in London ihren Master in Colonial Cultures und Global Policy machte und jetzt in der Berliner Szene den Postkolonialismus untersucht, hat zehn international agierende Künstler*innen eingeladen, ihre Zeichen in dem Düsseldorfer Garten zu setzen. Und zwar in dem Bewusstsein, dass Kolonialität, wie die Stadt mitteilt, „auch von Pflanzen und dem mikrobiellen Leben erfahren“ wird. Wie bitte? Nun, die „botanischen Formationen“ (mit zum Teil exotischen Gewächsen), entstanden, so der Pressetext, parallel zur Plantagenwirtschaft, „die erst durch den transatlantischen Sklavenhandel und die lange Geschichte der Migration ermöglicht wurde“.
Spielen erlaubt
Verstehe. Aber ich weiß nicht, ob die kleine ausgehöhlte Kokosnuss, die vorne im Gebüsch hängt, eine Vogelschaukel ist oder Kunst oder beides. Immerhin sieht man eine Art Coverbild im nahen Gebüsch, eine aquarellartige Landschaft, auf eine transparente Plane gedruckt. Es gibt keinerlei Hinweise auf Titel und Künstler. Erst hinten am Eingang der Kapelle finden wir in einem Kasten ein Booklet mit hübschem, aber ungenau gemaltem Plan und ausschließlich englischen Texten, die nur für Global Player auf Anhieb verständlich sind. Also: Die zwei Holzplatten mit Einbuchtungen, die vorne auf der Wiese liegen, sind keine Tränken für Amseln, sondern überdimensionale Mancala-Spiele der britisch-nigerianischen Architekturdesignerin Antoinette Yetunde Bintu Oni.
Die Spaziergänger dürfen gerne eine Runde des aus Afrika stammenden Geschicklichkeitsspiels versuchen – falls sie Bohnen oder Spielsteine dabei haben. Sie können auch weiter wandern zu einem großen „oh“ aus ausgestopftem Kunstleder, das die in Teheran geborene Wahl-Berlinerin Farkhondeh Shahroudi, die den dreidimensionalen Ausruf des Erstaunens als Sprachskulptur betrachtet. Das Gestrüpp auf dem Kopf der alten Perseus-Statue wurde von der Berliner Koreanerin Anne Duk Hee Jordan platziert und soll den Blick auf das sagenhafte Geschehen verändern. Man sieht nur das Schwert des nackten Helden und das abgeschlagene Schlangenhaupt der Medusa und soll mal nach „rigidness and violence of the patriarch character“ fragen. Ein typischer Akt patriarchalischer Gewalt? Nun ja.
Kritisches Radio
Sinnend wandern wir über die Mittelachse zur Kapelle, wo wir ein bisschen auf der Bank sitzen und aus dem Booklet einen QR-Code herunterladen, um auf Soundcloud ein Audio-Werk zu hören. Das Radio-Kollektiv Refuge Worldwide simuliert eine Sendersuche mit Rauschen und Knistern, lässt Fetzen verschiedener Sendungen hören – von Vogelgezwitscher bis zur Football-Reportage. Was so heiter anfängt („welcome, beings of the park“, willkommen, Geschöpfe des Gartens), gerät dann in die kritische Zone, als ein Ranger (Parkaufseher) sich über anlasslos feiernde Migrantenfamilien beschwert und Maßnahmen fordert.
Immer wieder übertönt wird die Soundkunst vom Dröhnen startender und landender Flugzeuge – die tägliche Klanginstallation im geplagten Lohausen. Der Park gibt trotzdem ein Gefühl von Ruhe und Natur und wird besonders gern von Hundebesitzern zum Gassi-Gehen unter Bäumen genutzt. Der eine oder andere entdeckt vielleicht sogar noch ein paar subtile Werke: zwei Fische auf dem Trockenen, hinter der Kapelle platziert von Barthélémy Toguo aus Kamerun (der unter anderem an der Düsseldorfer Akademie studierte). In der Allee, die letztes Jahr von Gili Avissar so farbenfroh gestaltet wurde, erkennt man kaum die zarten Gitter, die der ghanaische Künstler Al Hassan Issah in zwölf Baumkronen gehängt hat. Sie erinnern an die schmiedeeisernen Portale, mit denen sich die Reichen und Verwöhnten vom Unberechenbaren abzugrenzen pflegen. Aber das Konzept des Werks und der ganzen Schau verschwindet zart im Laube.
Was, wann und wo?
Der Lantz’sche Park in Düsseldorf, Lohauser Dorfstraße 51, ist 14,5 Hektar groß und jederzeit frei zugänglich. Der sommerliche Skulpturenpark trägt diesmal den Titel „On damp earths we wander“ und wurde von Lynhan Balatbat-Helbock kuratiert. Ein Booklet mit englischsprachiger Beschreibung der Werke ist, falls nicht vergriffen, an der Pforte der Kapelle zu finden. Die Kapelle ist nur Do.-So. von 14 bis 18 Uhr zugänglich. Am Samstag, 8. Juli, 11 Uhr, gibt es eine Kuratorinnenführung, um 12 Uhr eine Live Drawing Session mit Bilge Emir (Anmeldung unter management.lantzscherpark@gmail.com. Am Freitag, 11 August, ist die Führung um 14 Uhr, um 16 Uhr heißt es „Silent Disco & Circular Listening“. Finissage mit Musik und Poesie ist am 15. September, 14 bis 19 Uhr.