Düsseldorf: CDU und AfD stimmen gegen Antrag, auf Strafverfolgung bei Fahren ohne Ticket zu verzichten
Bereits im November 2022 hatte die Mehrheit des Düsseldorfer Stadtrates versucht, mit einem Beschluss auf die Rheinbahn einzuwirken, auf Strafanzeige bei wiederholtem Fahren ohne gültiges Ticket zu verzichten. Doch der mit den Stimmen von Die PARTEI-Klima-Fraktion, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE und FDP gefasste Beschluss zeigte keine Wirkung, da sich der Rheinbahn-Vorstand nicht daran gebunden sah. Die Praxis der Strafanzeigen wurde weiter verfolgt. Von Oktober 2022 bis Mai 2023 wurden durch die Rheinbahn 230 Strafanzeigen wegen Verstoß gegen Paragraph 265 a des Strafgesetzbuches (Beförderungserschleichung) gestellt.
Erneuter interfraktioneller Antrag
Das wollten die Ratsfraktionen nicht akzeptieren und stellten in der Sitzung am Donnerstag (15.6.) einen erneuten interfraktionellen Antrag. Trotz vehementer Gegenrede der CDU, setzten sich Die PARTEI-Klima-Fraktion, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE und FDP erneut durch. Ihr Antrag zielte diesmal darauf ab, dass die Stadt als alleinige Gesellschafterin der Holding der Stadt Düsseldorf GmbH ihren Einfluss auf Rechtsgrundlage des Beherrschungsvertrages zwischen der Holding und der Rheinbahn AG geltend machen soll. Die Rheinbahn soll demnach angewiesen werden, ab sofort weder Strafanzeigen noch Strafanträge nach § 265a wegen Beförderungserschleichung zu stellen.
CDU-Argumente überstimmt
Mirja Cordes (Bündnis 90/ Die Grünen) führte aus, dass sogar der damalige NRW-Justizminister, Peter Biesenbach (CDU), im Jahr 2017 plante Schwarzfahren entkriminalisieren. Verschiedene Ratsherren der CDU argumentierten, dass die Rheinbahn nur geltendes Recht anwenden würde und eine Änderung des Paragraphen 265a StGB müsse beim Bund in Berlin erfolgen. Die Ampelkoalition in Berlin hat eine Überarbeitung des Straftatbestandes für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. „Wir befassen uns gerade sowohl im Bundestag als auch im Düsseldorfer Stadtrat mit der Entkriminalisierung der Erschleichung einer Beförderung durch ein Verkehrsmittel, mit anderen Worten – mit dem Schwarzfahren“, so Zanda Martens, Vorsitzende der SPD-Düsseldorf. Im Bundestag wird die Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrschein am Montag (19.6.) in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsauschusses behandelt.
Da die Rheinbahn bereits jetzt bei Fahren ohne gültigen Fahrschein zivilrechtliche Ansprüche geltend macht, entstehen ihr auch keine finanziellen Nachteile, argumentierten die antragsstellenden Fraktionen. Der Antrag wurde gegen die Stimmen von CDU und AfD angenommen.
Demonstration von Betroffenen
Bereits vor der Ratssitzung hatte Bürger*innen auf dem Marktplatz demonstriert. „Nie wieder Knast wegen Schwarzfahrens“ appellierten sie. Wer ohne Ticket fahre, sei oft von Armut betroffen. Mit der Strafanzeige beginne dann ein Teufelskreis, denn die Strafe könne nicht bezahlt werden und eine Ersatzfreiheitsstrafe müsse angetreten werden. Dies sei häufig verbunden mit dem Verlust von Arbeitsplatz, Wohnung und sozialem Umfeld.
Bei der Kundgebung sprachen unter anderem Pater Wolfgang Sieffert, ehemaliger Gefängnisseelsorger, Professor Dr. Christoph Gille von der HSD mit dem Themenschwerpunkt Ausgrenzung und Armut sowie Gisa März, die mehrere Monate wegen Schwarzfahrens in Haft saß. „Wir fordern den Stadtrat und die Rheinbahn auf, alles dafür zu tun, dass keine Strafanzeigen mehr gestellt werden. Gerade arme Menschen treffen diese Strafverfahren besonders hart, weil sie sich die Geldstrafen nicht leisten können und dann ins Gefängnis müssen. Dieser Irrsinn muss so schnell wie möglich gestoppt werden“, sagte Johannes Dörrenbächer vom Straßenmagazin fiftyfifty. „Sorgen Sie dafür, dass es nicht mehr die Armen sind, die für Ihre Armut noch mehr bestraft werden“, so Gille.