Düsseldorf: Bildungsgewerkschaft enttäuscht über fehlende Konzepte der Landesregierung
Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen gehen zu Ende, aber nach Auffassung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Landesregierung mit Schulministerin Yvonne Gebauer die Pause nicht genutzt, um tragfähige Konzepte für einen verantwortungsvollen Unterricht in Corona-Zeiten zu erarbeiten. Die Schulen sind weitgehend auf sich selber gestellt, der Lehrermangel hat sich noch vergrößert und die Maskenpflicht im Unterricht macht die Lage nicht entspannter.
Schulstart ohne Konzept
Mit „verantwortungsvoller Normalität“ soll am 12. August der Unterricht für die Schüler*innen in NRW starten. Eine Formulierung, die Sebastian Krebs, stellvertretender Landesvorsitzender der GEW NRW und Hauptpersonalrat für die Berufskollegs des Schulministeriums, unter der Alltags-Makse zum Schnaufen bringt. Er unterrichtet am Lore-Lorentz-Berufskolleg und kritisiert, dass es kaum Veränderungen zum Zustand vor den Sommerferien gibt. Anders ist nur, dass die Klassen jetzt wieder normal gefüllt sein sollen – was angesichts der fehlenden Lehrer*innen schwierig wird. Bereits vor Corona war die Ausstattung mit Lehrpersonal dürftig, jetzt fallen noch die Pädagogen weg, die zur Risikogruppe gehören. An Grund- und Förderschulen sei das Problem noch größer, denn dort wird der Mangel an Personal seit Jahren verwaltet, kritisiert Krebs. Die GEW erklärt, dass von den 900 in NRW ausgeschriebenen Lehrerstellen nur zwölf besetzt wurden. Auch das von Ministerin Gebauer angesetzte Programm, Gymnasiallehrer*innen befristet für Grundschulen zu gewinnen, hat in Düsseldorf keinen nennenswerte Entlastung gebracht.
Computerausstattung
Neben dem fehlenden Personal nehmen die Lehrer amüsiert zur Kenntnis, dass es nun eine Computerausstattung für sie geben soll, damit die Arbeit an den Privatgeräten – was eigentlich verboten ist – endlich ein Ende hätte. Wie und wann die Realisierung erfolgen soll, ist ihnen nicht klar. Denn mal wieder gibt es die Diskussion der Zuständigkeiten: Die Bezirksregierung ist für die Lehrer*innen verantwortlich, die Kommunen für die Schulen und deren Ausstattung.
Die Stadt Düsseldorf hat bereits über 25.000 Ipads angeschafft und ausgeliefert
Die Stadt Düsseldorf hat bereits über 25.000 Ipads für die Schüler*innen beschafft und zugesagt, dass diese zum Schulstart auch in den Schulen verfügbar sein sollen. Damit und der Lernplattform „its-learning“ hat die Stadt bereits auf die Corona-Krise reagiert und will damit auf eine mögliche neue Phase der Schulschließungen vorbereitet sein. Schüler*innen die keine private Computer zur Verfügung haben, soll damit das Homeschooling erleichtert werden.
Maskenpflicht
Doch abgesehen von der Ausstattung plagen die Lehrer*innen Sorgen, wie sie in ihren Klassen verantwortungsvoll unterrichten sollen. Die GEW NRW bewertet die Maskenpflicht im Unterricht als pädagogisch unsinnig und einen hilflosen Versuch der Landesregierung, den Regelbetrieb trotz Bedenken durchsetzen zu wollen. Sie sprechen sich für ein angepasstes Angebot aus, bei denen das Abstandsgebot auch in den Schulen eingehalten würde und so keine Masken im Unterricht erforderlich seien. Die Gewerkschaftsvertreter sind sich sicher, dass auch das nächste Schuljahr nicht regulär verlaufen wird. Für sie hat die Gesundheit von Schüler*innen und Lehrer*innen oberste Priorität. Die Landesregierung habe die Chance vertan ein sinnvolles pädagogisches Konzept zu entwickeln.
Fehlender Alternativen
Gabriella Lorusso vom GEW Leitungsteam und Lehrerin an der Gesamtschule Stettiner Straße in Garath wird in der nächsten Woche eine fünfte Klasse mit 29 Schüler*innen neu übernehmen. Ein Herausforderung mit vielen neuen Kindern die Maske tragen müssen. Nicht nur im Englischunterricht, bei dem wegen des „th“ auf die Maske verzichtet werden darf, fragt sich Larusso, wie das im normalen Klassenzimmer verantwortungsvoll möglich sein soll. Außerschulische Lernorte werden nicht angeboten und wären auch schwer zu realisieren, wenn eine Lehrerin 29 ihr noch unbekannte Schüler*innen beaufsichtigen muss.
Förderschulen
Daniela Drecker von der Franz-Marc-Schule hat noch weitergehende Probleme. Denn von der Schulministerin wurden keine Unterschieden bei den Schulformen gemacht. Die städtische Förderschule mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung besuchen 170 sehr individuelle Schüler*innen im Alter von 6 bis 20 Jahren in 17 Klassen der Primarstufe, der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II (Berufspraxisstufe). Nicht alle müssen Maske tragen, aber die Einschränkungen durch fehlende Mimik erleben alle bei der Lehrer*innen. Drecker befürchtet die Rückkehr zum Frontalunterricht, dessen Abschaffung alle als Vorteil empfunden haben. Das Lernen in Lerngruppen, Einzelförderung und individueller Unterricht ist das Ziel der Lehrkräfte, was durch die Vorgaben erheblich erschwert wird.
DBG fordert zukunftsweisende Konzepte
Die Maskenpflicht im Unterricht hält auch Sigrid Wolf, DGB Vorsitzende Düsseldorf, für pädagogisch schwierig. Ehrlicher sei das Eingeständnis der Landesregierung gewesen, dass das schulische Angebot angepasst werden müsse. Der DGB Düsseldorf fordert NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer auf, den Worten auch Taten folgen zu lassen. “Schulen brauchen Rückendeckung, wenn sie individuelle Lösungen finden müssen – z. B. wegen des absehbaren Lehrkräftemangels oder der räumlichen Voraussetzungen. Wir brauchen auch für die Schulen eine gute und funktionierende Infrastruktur, gut ausgebildete Lehrkräfte, passende technische Ausstattung und zukunftsweisende Konzepte,“ so Wolf.