Düsseldorf Urdenbach: Hitzige Diskussionen beim Beteiligungsverfahren zur Straßenumbenennung
In der Aula des Gymnasiums Koblenzer Straße prallten am Montagabend (24.4.) bei der Bürgerbeteiligung zur Straßenumbenennung des Urdenbacher Kolonialviertels zwei Welten aufeinander. Die einen wollten bei der anstehenden Umbenennung der Peters-, Leutwein-, Woermann- und Lüderitzstraße keinen namensbezogenen Straßennamen mehr haben. Sie forderten neutrale Namen aus den Bereichen Flora und Fauna und argumentierten mit der Nähe zum Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe. Vehement verwahrte sich eine Teilnehmerin dagegen „von Leuten, die nicht hier wohnen, Geschichtsunterricht zu erhalten“.
Die anderen erinnerten daran, dass die Siedlung von den damaligen nationalsozialistischen Machthabern 1936 nach verdienten Männern der deutschen Kolonialgeschichte benannt wurden. Deshalb erhielt der Bereich in Urdenbach auch den Beinamen „Kolonialviertel“. Plädoyers, den kolonialen Bezug nicht außer acht zu lassen, um die Geschichte nicht auszulöschen, fanden kaum Gehör. Die Befürworter setzten sich dafür ein, die Geschichte von der Seite des Widerstands und des Leids zu betrachten.
Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten attestierte dem Kolonialpolitiker, Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe (1895-1905) und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika (1896-1905) Theodor Gotthilf Leutwein (1849-1921) und dem Kaufmann Franz Adolf Eduard von Lüderitz (1834-1886) aggressiver Kolonialismus. Ihre Wertevorstellungen und Handlungsweisen seien nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar. Der Ehrung durch eine Straßenbenennung wurden sie als unwürdig erachtet. Gleiches gilt für den Kolonialpolitiker, Afrikaforscher und Reichskommissar für das Kilimandscharo-Gebiet (1891-1893) Dr. Carl Peters (1856-1918) sowie für den Kaufmann und Großreeder Adolph Woermann (1847-1911).
Geht es nach dem Meinungsbild der Menschen, die am Montagabend in der Aula mit Klebepunkten ihre favorisierten neuen Namen kennzeichneten, wird die Petersstraße zum Eisvogelweg, die Lüderitzstraße zu An der Kämpe, die Leutweinstraße zum Auenblick und die Woermannstraße zu Am Auenwald.
Viel wurde auch über die Pfitznerstraße diskutiert, die im Benrather Musikantenviertel liegt. Dem Namensgeber Hans Erich Pfitzner (1869-1949), ein Komponist, Dirigent, Autor und Senator der Reichskulturkammer (1936), wurde aggressiver Antisemitismus sowie eine herausragende Stellung im Dritten Reich nachgewiesen. Die Straße soll nach Clara Schumann (1819 – 1896) benannt werden. Die Komponistin, Pianistin und Klavierpädagogin lebte gemeinsam mit ihrem Ehemann Robert Schumann zwischen 1850 und 1857 in Düsseldorf.
Aber die Abstimmung in der Aula hat lediglich empfehlenden Charakter.„Es ist nur ein Stimmungsbild und keine endgültige Entscheidung“, betonte der Leiter des Vermessungs- und Katasteramtes Thomas Weindel. „Die Bezirksvertretung wird dem Stadtrat eine Empfehlung über die Neubenennung aussprechen, aber der Rat muss der Empfehlung nicht folgen.“
Hintergrund
Der Düsseldorfer Kulturausschuss hatte 2018 einen wissenschaftlichen Beirat unter der Leitung von Dr. Bastian Fleermann (Leiter Mahn- und Gedenkstätte) und Dr. Benedikt Mauer (Leiter Stadtarchiv) beauftragt, die Straßennamen zu überprüfen, deren Namensgeber nach dem Jahr 1870 verstorben waren. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf den Bereichen Kolonialismus, Militarismus, Nationalsozialismus und Antisemitismus. Auf Grundlage des Gutachtens stimmte der Stadtrat im September 2021 dafür, insgesamt elf Straßen in Düsseldorf umzubenennen, darunter die fünf Straßen im Stadtbezirk 9.
Weitere Informationen zur Straßenumbenennung finden sie hier.