Haus der Worte: Jana Buch und Thea Mantwill im KIT Düsseldorf
Es hat immer etwas Verlockendes, vom Mannesmannufer durch den KIT-Pavillon hinabzusteigen zur Kunst im Tunnel. Von der großen Party in die Ruhe. Hier sorgt Kuratorin Gertrud Peters für Begegnungen mit Talenten, die man noch nicht unbedingt kennt. In dem keilförmigen unterirdischen Raum inszenieren sie neue Überraschungen. Die Wort-Künstlerinnen Jana Buch und Thea Mantwill bauten hier ein Bühnenbild für eigene Lyrik und Prosa mit dem mysteriösen Titel „13 Morgen“. Wer will, kann Platz nehmen. Und so viel wie möglich schmökern.
Die KIT-Chefin Peters hat die jungen Frauen in der Abschlussklasse von John Morgan kennengelernt, einem Akademie-Professor für Entwurf, Typografie und Buchkunst. Das ist den beiden fast schon zu viel an Information. Sie behalten die Fakten lieber für sich, nicht einmal das Alter wird freiwillig kommuniziert. Umso großzügiger sind sie mit ihren Texten, die in der Installation aufzuspüren sind. Wer alles komplett lesen wollte, müsste sich viele Stunden lang im KIT aufhalten. Unwahrscheinlich. Aber man kann ja mal anfangen.
Großmutter an Bord
Ein 30 Meter langer Läufer führt durch den Gang hinab. Er ist bedruckt mit Gischt wie ein aufgewühltes Meer. Denn die erdachte Rahmenhandlung spielt auf einem Schiff: „Die Nächte, in denen Großmutter auf dem Deck herumlungerte, häuften sich“, so fängt die Geschichte an, auf den Rand des Teppichs gedruckt und zu hören über altmodische Telefone. Die Großmutter spricht von einem Haus, das sich nicht wie ein Schiff bewegt – und dahin gelangt man. Im Geiste. Und mit Hilfe apart gruppierter Sperrmüll-Möbel.
Auf einem abgeschrammten Küchentisch mit Linoleumplatte liegt ein Lyrikbüchlein von Jana Buch mit dem Titel „Das Rot der Tomaten“ und heftiger Bedeutung: „Die Isolation Deiner Gedanken / hinterlässt Krusten auf der Seele …“ Man spürt es schon: Hier sind sprachliche Gebilde in der Einsamkeit der Lockdowns angewachsen. So zurückhaltend die jungen Frauen sich verhalten, in den Texten lassen sie den Metaphern und Assoziationen freien Lauf: „Bis der frisch geflickte Fetzen seine ganze Buntheit entblößt.“
Liegen und lesen
Thea Mantwill erfindet Geschichten, die man im Liegestuhl, auf dem Bett oder am Tisch lesen kann. Über „The Club“ zum Beispiel, ein Wellness-Bad, wo die Spuren vergangener Erlebnisse auf der Haut sichtbar werden und im letzten Becken für immer verschwinden. Oder über ein verlassenes Mädchen, das sich an einem Grashalm schneidet und von einer Magierin eine Rüstung der Unverletzbarkeit bekommt. Die aquarellzarten Illustrationen zu dem Kinderbuch „Hunde ziehen Hunde an“ hat sie mit Hilfe eines digitalen Kreativprogramms gemacht. Kollege KI (Künstliche Intelligenz) ist immer dabei.
Jana Buch hat einen großen Esstisch für elf (historische und privat bekannte) Personen gedeckt und auf die Teller ein bisschen Lyrik drucken lassen: „Du und dein Schreiben sind in meine Welt geflossen wie Tinte auf Löschpapier.“ An ein Brünnlein-Bild mit falschem Baum legte sie „Grüne Gischten“, ein Buch mit Gedichten: „Die Büsche der Sprachen wachsen niedrig und wild.“ Ganz hinten hängt die Poesie sogar auf duftenden Laken an der Wäscheleine: „Dissonanz ist / Eine große Antwort / Auf die Frage: Warum“. Viel Ambition steckt in der wortreichen Installation der jungen Frauen, eine kluge Reduktion würde ihr Werk reifen lassen.
Was, wann und wo?
„13 Morgen – eine literarische Ausstellung von Jana Buch & Thea Mantwill“: bis 4. Juni im KIT, Düsseldorf, Mannesmannufer 1b. Di.-So. 11 bis 18 Uhr. Meet + Talk: samstags 13 bis 17 Uhr, Öffentliche Führung: sonntags 15 Uhr. Es gibt auch Dialogführungen mit den Künstlerinnen. Infos über das Programm unter www.kunst-im-tunnel.de