Düsseldorf: Aktion vor dem Justizministerium gegen Gefängnisstrafe für das Fahren ohne Ticket
Vor dem Justizministerium am Martin-Luther-Platz in Düsseldorf demonstrierten am Dienstagmittag (29.11.) Menschen in Häftlingskleidung. Hintergrund der von Straßenmagazin fiftyfifty organisierten Aktion war die Inhaftierung der Straßenmagazinverkäuferin Gisa M. vor fast vier Wochen. Sie war ohne Ticket in der Bahn erwischt worden. Da der Paragraf 265a des Strafgesetzbuch Haftstrafe für die Erschleichung der Beförderungsleistung vorsieht, konnte die Strafe nicht wie eine Ordnungswidrigkeit mit einer Geldzahlung abgegolten werden.
Fiftyfifty-Verkäufer*innen hatten für ihren Protest vor dem Justizministerium gestreifte Häftlingskleidung angezogen. Viele von ihnen saßen bereits wegen Schwarzfahrens hinter Gittern und berichteten auf der Kundgebung von ihren Erfahrungen. Dominikanerpater und ehemaliger Gefängnisseelsorger Wolfgang Sieffert kennt die Geschichten. In den Gefängnissen sitzen zahlreiche Menschen wegen kleiner Delikte für wenige Monate. Die Zeit im Gefängnis, die eigentlich der Resozialisierung dienen solle, führe bei den meisten nur zu Entmutigung und Unselbständigkeit. Sinnvolle Beschäftigung, wie eine Berufsausbildung oder Sportprogramme gebe es in der Regel nur für die, die länger einsitzen, beschreibt der Pater. Währenddessen häufen sich die Probleme außerhalb des Gefängnis, denn je nach Sachverhalt sind Wohnung und Arbeitsstelle weg, Freunde distanzieren sich und das alles nur, weil man kein Geld für Fahrkarten hatte.
Die Haft von Gisa M. kostet den Staat bereits jetzt weit mehr als 5000 Euro. Alle bisherigen Versuche, ihr das Gefängnis zu ersparen, blieben bislang erfolglos. In einem offenen Brief an Justizministers Benjamin Limbach forderten zahlreiche Düsseldorfer*innen ihre Entlassung. Doch bisher gab es keine öffentliche Reaktion aus Kreisen der Justiz. Das Justizministerium teilte auf Anfrage von Ddorf-aktuell mit, dass die Gnadenstellen in den Landgerichten ermächtigt seien, die Vollstreckung von Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr auszusetzen. Dafür werden zunächst Stellungnahmen des zuständigen Gerichts und der verfahrensführenden Staatsanwaltschaft ein geholt. Zusätzlich werde ein Vertreter der Rechtsanwaltschaft um Stellungnahme gebeten. Erst danach sei eine Entscheidung der Gnadenstellen in den Landgerichten über das Gnadengesuch möglich.
Währenddessen unterzeichnen immer mehr den offenen Brief und engagieren sich für die Abschaffung des Paragraphen 265a, das das Fahren ohne Ticket als Straftat wertet. Im Gegensatz dazu ist das verbotene Parken nur eine Ordnungswidrigkeit, Selbst der Rat der Stadt Düsseldorf hat sich in seiner letzten Sitzung dafür eingesetzt, dass die Rheinbahn künftig das Fahren ohne Ticket nicht mehr anzeigt und damit eine finanzielle Ahndung ermöglicht, statt einer Strafanzeige.
„In den Gefängnissen in NRW sitzen viele arme Menschen, die ohne Ticket gefahren sind. Diese Praxis muss dringend beendet werden“, fordert Oliver Ongaro vom Straßenmagazin fiftyfifty.