Zerbrechliche Sehnsucht: Keramik aus Japan im Hetjens Museum Düsseldorf
Hartnäckig hält sich die Vorstellung, dass japanische Ästhetik auf jeden Fall fein zurückhaltend sei. Das gilt jedoch nur für die vom Zen-Buddhismus geprägte Kultur, in der es um Stille und Schlichtheit geht. Bis heute werden betont einfache irdene Schalen für die traditionelle Teezeremonie benutzt. Aber Japan kann auch ganz anders. So wie die Jugend in Tokio heute Kitsch und Hello Kitty liebt, gab es schon früher reich dekorierte Gefäße und Accessoires, die auch im Westen gut verkauft wurden. Mit „Gold & 1000 Farben“ präsentiert das Düsseldorfer Hetjens Museum erstaunlich üppiges Kunsthandwerk aus Japan.
Prächtige Kimonos spreizen die Ärmel, von der Decke hängen künstliche Glyzinien im Lila-Rausch. Und der dickbauchige Glücksgott Hotei in seiner Form als Keramik-Männchen grinst dazu. Kuratorin Christina Kallieris hat im Erdgeschoss des Palais Nesselrode eine gut gelaunte Ausstellung eingerichtet. Vergrößerungen von Farbholzschnitten aus der Sammlung des Kunstpalastes mit Abbildungen von Bogenschützen und Prinzessinnen vor dekorativer Landschaft sorgen für den stimmungsvollen Hintergrund.
Blüten gegen Dämonen
Große Vasen mit Vögeln und Blüten zierten schon im 19. Jahrhundert die Salons westlicher Herrschaften. Nachdem sich das zuvor verschlossene Japan bei den Weltausstellungen 1867 in Paris und 1873 in Wien für Handelsbeziehungen geöffnet hatte (Meji-Restauration), blühte das Geschäft mit schönen Dingen aus der fernen Kultur. Dabei stellten sich die japanischen Kunsthandwerker schnell auf die Bedürfnisse der neuen Kundschaft ein und produzierten kleine Prachtstücke.
Teekanne und Sahnekännchen aus Satsuma sind allerliebst mit goldenen Chrysanthemen verziert. Aus der Porzellan-Manufaktur von Arita wurde ein blütenförmiger Teller mit plastischem Pflaumenzweig auf zierlicher Malerei geliefert. Nicht nur hübsch blüht die Pflaume, sie soll auch vor Dämonen schützen. In Japan sind viele Pflanzen mehr als Dekoration. So gilt die häufig dargestellte Kiefer mit ihrem zähen Grün als Symbol für Langlebigkeit.
Asiatisches aus Thüringen
Es ist viel zu entdecken in den Vitrinen des Museums, darunter skurrile Dinge wie eine große schwarze Vase mit einer plastischen Spinne im aufgemalten Netz aus Ota bei Yokohama, woher auch ein Gefäß stammt, auf dem ein kleiner Bär und ein großer Vogel einander zwischen rauen Tonklumpen verfolgen. Eine Felsenlandschaft soll das wohl sein. Hübscher sind die zart gestalteten Fächer, hinter denen scheue Damen ihre Gesichter verbergen können. Zierfiguren wie der blau-weiß-rot glasierte „Höfling mit Schriftrolle“ aus Arita werden bis heute gern gesammelt.
Einige der anmutigen Exponate stammen allerdings gar nicht aus Japan, sondern wurden in europäischen Porzellan-Manufakturen hergestellt – eine Frage der Mode. So produzierte die Mettlacher Firma Villeroy & Boch um 1890 eine Vase aus Steinzeug mit Kranichen, Adler und Schlange in einer Wasserlandschaft. Und ein kokettes „Japanisches Paar“ kam 1912 direkt aus den Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst in Thüringen. Die renommierte französische Manufaktur Sèvres schickte ihre berühmten Teller 1880 immerhin als Weißware nach Yokohama, damit sie dort von einheimischen Malern verziert werden konnten. Japonismus war der letzte Schrei.
Was, wann und wo?
„Gold & 1000 Farben“: Kunsthandwerk aus Japan mit gestifteten Keramiken aus der Sammlung Hildegard und Wilhelm Preker. Bis zum 26. Februar 2023 im Düsseldorfer Hetjens Museum, Schulstraße 4. Geöffnet Di.-So. 11 bis 17 Uhr, Mi. bis 21 Uhr. Eintritt: 5 Euro. www.duesseldorf.de/hetjens