Wo Düsseldorfer die Kunst in der Natur besuchen: Langen Foundation
Es gibt Frühlingstage, da möchte der Düsseldorfer hinaus aus der Stadt laufen, durch die Felder, durch die Auen. Aber nicht ohne Kunstprogramm! Dann zieht es uns hinaus ins grüne Nirgendwo bei Neuss zum Kulturraum Hombroich. Nachdem der Immobilien-Tycoon und Sammler Karl-Heinrich Müller 1987 mit dem Bildhauer-Architekten Erwin Heerich die magische „Insel Hombroich“ schuf, verwandelten sich auch die benachbarte Ex-Raketenstation und brachliegende Wiesen in eine einmalige Kunstlandschaft. Die Langen Foundation zeigt jetzt 80 erlesene Stücke aus ihrer Japan-Sammlung.
Das erste Kunstwerk ist das Haus, ein kühler Traum aus Glas und Beton, den der japanische Star-Architekt Tadao Ando für die Langen-Stiftung in die Wiese setzte. Eine Kirschbaum-Allee führt vorbei an einem spiegelnden Weiher zum Eingang, die Stimmung hebt sich wie von selbst. Und im Inneren des streng konstruierten Baus wartet weitere Erbauung – wenngleich die Kinder der 2004 vor der Eröffnung verstorbenen Stifterin Marianne Langen 2014 etliche Spitzenwerke der Klassischen Moderne gewinnbringend auf den Markt gebracht haben.
Untrüglicher Sinn für das Schöne
„Pfauen und Päonien“ auf einem Stellschirm aus der Edo-Zeit.
Es bleibt zum Glück noch genug zum Bewundern, zum Beispiel die Rollbilder, Paravents und Kultfiguren, die Mutter Marianne und ihr Ehemann, der Düsseldorfer Fabrikant und IHK-Präsident Viktor Langen (1910-1990), auf inspirierenden Geschäftsreisen durch Japan erwarben. Ihr Antrieb war dabei kein wissenschaftliches Interesse, sondern, wie man hört, nur der Sinn für das Schöne. Wie der ansonsten sehr trockene Text der Ausstellungsbroschüre vermerkt, war das Motto: „Erwirb es, weil es dir gefällt.“
Raumteiler und Kunstwerk: japanischer Paravent.
Und der Besucher darf und soll die Dinge anschauen, weil sie ihm gefallen. Viel lernen kann man nicht in der Schau, die ihre Schätze kommentarlos präsentiert. Wie schon Hombroich-Müller vor über 20 Jahren verzichtet die Langen Foundation auf erklärende Schilder neben den Werken. Auch in der Broschüre werden lediglich abgebildete Einzelstücke näher bezeichnet. Anders als ein öffentlich geführtes Institut ist eine private Stiftung nicht zur didaktisch einwandfreien Kunstvermittlung verpflichtet. Der Vorstand kann nach Gutdünken entscheiden. Und Ästhetik im Raum ist hier alles.
Wo weiß der Buschklee blüht
Meckern hat keinen Sinn. Genießen wir also. Da glänzen goldene Paravents, auf denen weiße Möwen über gläsern wirkenden Wellen schweben. Da blüht weiß der Buschklee auf einem Rundfächer aus der Edo-Zeit (18. Jahrhundert). Die Buddhas mit ihrem Gefolge sind natürlich ein wiederkehrendes Motiv als Skulpturen und in der Malerei, aber auch nach der Einführung des Buddhismus prägte die shintoistische Vorstellung von der göttlichen Kraft und Bedeutung der Natur die Kunst und das Leben in Japan.
An das alte Japan erinnern Details wie dieses Paar auf einem Rollbild.
So sind die Naturdarstellungen das Berückendste in der traditionellen japanischen Kultur. Dabei haben sie keine Ähnlichkeit mit der dramatischen Perspektive der westlichen Landschaft. Der Stil ist schwerelos wie das Bild, das jederzeit von der Wand genommen und eingerollt werden könnte. Und oft kann man nur staunen, wie modern viele Details wirken. Die wie von Expressionisten rau skizzierten Berge werden zum Hintergrund für einen Vogel mit hochfein gemaltem Gefieder. Ein Wasserfall erscheint fast abstrakt in hellblau gewischten Streifen hinter einem knorrigen Blütenbaum, der am Abgrund sprießt.
Und was es sonst noch gibt
Nach einem neuen Japan suchte die Fotokünstlerin Anne Pöhlmann bei einem Aufenthalt in Kyoto. Ihr „Japanraum“ zeigt sie Mixed-Media-Arbeiten aus Fotografien und Stoffen: Werke wie sonderbare Patchwork-Decken, die mal wie zufällig über Podeste geworfen wurden, mal wie Gemälde an die Wand hängen. Man sieht ein Kind beim Tanzen, den Kies eines Zen-Gartens, ein Felsenufer auf Blumenmuster, ein Ikebana-Gesteck zwischen Silberstreifen.
Neue Installation in der Skulpturenhalle: die „Banners“ von Matt Mullican.
Draußen, einen Spaziergang weiter, ist noch viel mehr zu sehen. In der runden Skulpturenhalle des Bildhauers Thomas Schütte hängen die riesigen Banner des Kaliforniers Matt Mullican – eine spektakuläre Rauminstallation. Auf den Fahnen schweben weiße und schwarze Kreise zwischen strahlenden Farben, die eine tiefere Bedeutung für den Künstler haben. Grün ist die Welt der Elemente, rot die Subjektivität, blau sind die Dinge.
Drei Kapellen für die Malerei
Wie dem auch sei, der Mensch braucht zwischendurch ein wenig Stärkung und findet sie mitten auf dem Gelände im einstigen Gastatelier, wo es leckeren Kuchen zum Kaffee gibt, leider mit Pappbechern und Wegwerf-Plastikgabeln. An Sonnentagen sucht man sich einen lauschigen Platz draußen unter den Bäumen und freut sich über eine post-impressionistische Gartenatmosphäre.
Moderne Sicht: Der „Japanraum“ der Fotokünstlerin Anne Pöhlmann.
Zum Abschluss kann man noch ein bisschen weiterlaufen bis zu den von Per Kirkeby entworfenen „Drei Kapellen“, wo jetzt zu Ehren des 2018 verstorbenen dänischen Allround-Künstlers seine informellen Monumentalgemälde sowie große abstrakte Bronzen gezeigt werden. Auf dem Weg singen die Vögel, die Blüten duften, das Gras grünt, und die Kultur verneigt sich vor der Natur.
Wo und wann?
Der Kulturraum Hombroich hat einige neue Ausstellungen zu bieten: „Eine erlesene Welt – Japanische Kunst“ und „Anne Pöhlmann: Japanraum“ bis 25. August in der Langen Foundation, Neuss, Raketen Station Hombroich 1. Täglich 10 bis 18 Uhr. In der Skulpturenhalle am Berger Weg, Ecke Lindenweg, zeigt Matt Mullican zugleich seine „Banners“. Geöffnet ist die Halle aber nur am Wochenende, Fr.-So. 10 bis 18 Uhr. In den „Drei Kapellen“ am Berger Weg sind bis zum 6. Oktober Gemälde und Skulpturen von Per Kirkeby zu sehen: „Bau und Bild“. Fr.-So, 12 bis 17 Uhr.
www.inselhombroich.de
www.thomas-schuette-stiftung.de
www.langenfoundation.de