Die Große 2019: Düsseldorf präsentiert Kunst im Verein
Als gemeiner Beobachter könnte man fragen, was die gemischten Werke eines Vereins eigentlich in einem ambitionierten städtischen Kulturinstitut zu suchen haben. Gewiss, der Düsseldorfer „Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen e. V.“ hat den alten Kunstpalast von 1900 bis 1902 auf eigene Kosten gebaut und sich damit nach einem Ratsbeschluss von 1917 ein dauerhaftes Nutzungs-Vorrecht erworben. Aber, pardon, das ist nun 102 Jahre und unzählige Umbaumaßnahmen her. Man darf darüber streiten, ob die Vereinssache noch ins Konzept passt. Aber Museumsdirektor Felix Krämer ist nett und lobt den „intensiven Austausch“, für den er dieses Jahr sogar fünf statt drei Wochen eingeräumt hat.
Studienobjekte: farbige Landschaft von Salomé Berger neben Keramiken und Tuschen von Judith Maria Kleintjes.
Vielleicht freut sich der Chef sogar über die kleine Verschnaufpause im eigenen Programm – zumal die Große vom Februar in die museal schwierige Sommerzeit gerückt ist. Erstmalig wird auch der Ehrenhof draußen vor der Tür bespielt: Mitten in den Brunnen hat Jonas Kohn, Student der Bildhauer-Klasse von Akademie-Professor Martin Gostner, ein stählernes „Vierer-Ensemble“ installiert. An schönen Tagen, wenn Spaziergänger es sich in den Liegestühlen bequem machen, gibt es gleich ein bisschen Kunstbetrachtung dazu.
Studentenkunst im Brunnen, Luke Skywalker an der Fassade: Die „Große“ Kunstausstellung feiert den Sommer.
Luke Skywalker für zu Hause
An der Fassade prangt Star-Wars-Held Luke Skywalker in Form einer Spielpuppe, fotografiert vom diesjährigen Vereins-Kunstpreisträger, dem Kölner Becher-Schüler Boris Becker (58). Der breitbeinig im grauen Nirgendwo stehende, mit Laser-Knarre bewaffnete Plastik-Skywalker, martialischer Held unserer verspielten Welt, wird, neben drei anderen Becker-Fotomotiven, in Form einer Edition im 40-mal-50-Format für 150 Euro verkauft. Denn die Große ist ja immer ein Kunstmarkt, wo auch weniger betuchte Sammler ein Lieblingsstück finden können. Gleich am Eingang hängen die „Kleinen Formate“, die man sich eventuell leisten kann.
Da sind Zeichnungen, Grafiken, Aquarelle wie die hübsche kleine Brückenansicht von Anna Tatarczyk (330 Euro) und skurrile Wandobjekte wie der dreidimensional strampelnde Hase von Peter Nagel (mit 800 Euro eigentlich schon über dem Limit). Um die Ecke geht es teurer weiter. Eine gepixelte Acryl-Landschaft von Birgit Jensen, „Blauer Mond I“ (9000 Euro) hängt da romantisch neben drei hängenden Objekten aus skulptural zerknicktem Fotopapier des Kunstpädagogen Michael Wittassek aus Bergisch Gladbach: „Ins Formlose wenden“.
Die „Rote Sünde“ von Jürgen Buhre (vor Werken von Anna Lena Anton und Andreas Zimmermann) ist ein Wurm aus Fiberglas.
Für jeden ein passendes Werk
Typisch Große: Die Jury achtete bei der Auswahl der 120 Teilnehmer nicht auf Prominenz. Aber der Vereinsvorsitzende und Ausstellungsleiter Michael Kortländer versteht etwas vom Showgeschäft. Die Inszenierung achtet auf reizvolle Kontraste und sieht einfach gut aus. Hauptsächlich schöne Bilder, dazu effektvolle Fotografien, ein paar geschickt arrangierte Objekte: Die „Große“ ist wahrlich keine Provokation für das Publikum. Jeder findet hier Werke nach seinem Geschmack. Eine expressiv bewegte Malerei wie die „Krippe“ der in Karlsruhe lebenden Düsseldorferin Stephanie Abben wird neben einem ruhigen Seestück des in Krefeld residierenden Niederländers Bart Koning präsentiert. Poetisches wie die Pflanzentuschen im „Schattenwind“ von Judith Maria Kleintjes passen apart zum leuchtend farbigen Gebirgssee von Salomé Berger aus Bern, die in Münster lebt und studiert hat.
Dass nicht alle Teilnehmer einen Düsseldorfer Background haben, sorgt für eine gewisse Weltläufigkeit. Düsseldorf ist ja nicht Klein-Kleckersdorf. Und so sieht man mit Wohlwollen die Eis-Fotografie der japanischen Mülheimerin Hiroko Inoue neben den „Abgewandten Porträts“ chinesischer Frauen in Tracht – eine der typischen Serien der Düsseldorferin Corina Gertz. In „Büderich“ lehnt eine einsame Dame an der Wand: Die Schwarz-Weiß-Malerei der in Polen geborenen Janina Brauer aus Meerbusch erinnert an die Melancholie von Edward-Hopper-Bildern. Andere fühlen sich magisch angezogen von Mark Peppers monumentalen, mit Wachskreide gezeichneten „Hornissen“.
Gefährlich groß: die mit Wachskreide gezeichneten „Hornissen“ von Mark Pepper.
Viele rote Punkte wurden schon geklebt
In Saal 3 wird die Schau ein bisschen kesser. Große abstrakte Kollagen der Düsseldorfer Akademie-Absolventin Isabelle Heske hängen da über einer Ecke mit Zigarettenkippen aus edlem Marmor („Alles für einen, unlimited“) des Wuppertalers Eckehard Lowisch. Und da dreht sich ein kinetisches Kugel-Scheibenobjekt mit Sound und Ventilatoreffekt, konstruiert vom serbischen Künstlerduo Sarić und Vuletić. Ein paar spröde Objekte des diesjährigen Förderpreisträgers Philipp Röcker – eine Holzsäule, ein Tonklumpen, eine Metallkette – verweigern sich dem Gefälligen ebenso wie die wilderen Werke der Klasse Gostner im Hintergrund. Das meiste aber ist ästhetisch leicht zugänglich wie die harmonisch geschwungene „Om“-Skulptur von Carola Eggeling aus Neuss oder die konstruktiven Plexiglaskästen von Detlef Funder.
Genau hinsehen: Die Zigarettenkippen in der Ecke sind Marmorobjekte von Eckehard Lowitsch. Die Kollagen an der Wand stammen von Isabelle Heske.
Viele Werke tragen den roten Punkt und sind schon verkauft – auch an das Museum Kunstpalast, das zum Beispiel für die Fotosammlung eine konzeptuelle Serie der in Köln lebenden Akademie-Absolventin Morgaine Schäfer erworben hat. Die Große, kann man sagen, hat ein großes Herz und einen gemischten Stil. Kunst im Verein: Na gut, einmal im Jahr muss das erlaubt sein.
Wann, wo und wie
„Die Große 2019“: Kunstausstellung NRW Düsseldorf bis 4. August im Museum Kunstpalast. Di.-So. 11 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr. Eintritt: 8 Euro, Kinder frei. Katalog: 20 Euro. Im Programm: Führungen, Workshops und ein Familienfest am kommenden Sonntag, 7. Juli, 11.30 bis 17.30 Uhr. www.diegrosse.de