Düsseldorfer Verwaltungsrichter knipsen NRW-Gastro-Ampel aus
Stichprobe: 770 Duisburger Gaststätten haben keinen Widerspruch gegen die Gastro-Ampel eingelegt. Also wurden sie erfasst. 90 Prozent von ihnen zeigen ein grünes Fähnchen, 59 Betriebe sind gelb, einer ist rot markiert. Dieses System mit einer kostenlos herunterladbaren „appetitlich“-App der Verbraucherzentrale NRW ist vom Verwaltungsgericht Düsseldorf als unzulässig eingestuft worden. Die Richter haben der nordrhein-westfälischen Gastro-Ampel die Lichter ausgeknipst.
Pilotversuch in Duisburg und Bielefeld: Überwiegend grüne Fähnchen
Noch sind die Urteile nicht rechtskräftig, da serviert der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga den Nachschlag: Weitere 50 Verfahren sei vor den Gerichten in Düsseldorf und Minden anhängig. Für die Wirte ist die Gastro-Ampel schlicht ein Gastro-Pranger.
Deshalb hatten vier Duisburger Gastronomen gegen die Stadt Duisburg geklagt, die die Daten ihrer Lebensmittelkontrolleure an die Verbraucherzentrale NRW weitergegeben hatte. Dort waren die Inspektionsberichte gemäß einem Punkteschema bewertet und in drei Klassen eingeteilt worden: grün, gelb, rot.
„Verstöße müssen konkret benannt werden“
Eben dieses Verfahren kritisiert die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in ihren Urteilen. Die Verbraucher könnten nicht erkennen, was konkret zu der Abwertung eines Betriebes, also einer gelben oder roten Flagge, geführt habe. Das Verbraucherinformationsgesetz erlaube nur die Weitergabe konkreter Verstöße gegen das Lebensmittelrecht oder allgemeiner Erkenntnisse aus der Lebensmittelüberwachung – zum Beispiel die jährlichen Statistiken.
Dass die Verbraucher an der Gastro-Ampel interessiert waren, zeigt die Zahl von mehr als 25.000 heruntergeladenen Apps – bei Android und Apple im Januar 2015. Der schnelle Blick darauf, ob am Ort eines Abendessen aus hygienischer Sicht Ungemach droht, kam offenbar an. Das nordrhein-westfälische Umwelt- und Verbraucherschutzministerium förderte das Pilotprojekt appetitlich-App mit 180.000 Euro. Duisburg und Bielefeld waren die auserwählten Versuchsstädte. Nach der Testphase sollte die App landesweit mit Daten gefüttert werden.
Verbraucherrecht von 2012 hatte nur kurz Bestand
Das war durch das 2012 geänderte Verbraucherinformationsgesetz erlaubt. Danach durften Ämter die Namen von Betrieben nennen, die Lebensmittel verkaufen und Grenzwerte bei bedenklichen Stoffen überschreiten. Gleiches galt für Hygieneverstöße, die mindestens ein Bußgeld von 350 Euro nach sich zogen. Was NRW-Verbraucherminister Remmel und die Verbraucherzentrale offenbar übersehen oder ignoriert haben, ist die Rechtsprechung oberster Verwaltungsrichter in mehreren Bundesländern dagegen.
Es sei nicht garantiert, dass Verstöße rasch aus dem Netz entfernt würden, sobald sie beseitigt worden seien. Und: Das Limit von 350 Euro Buße sei zu unbestimmt. In ganz Deutschland mussten Städte daraufhin ihre Hygienehinweise aus dem Netz entfernen. Ob die Anti-Ampel-Entscheidung nun dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt wird, muss noch geklärt werden.
Aktenzeichen der vier Verfahren: 26 K 4876/13, 26 K 5494/13, 26 K 5722/13, 26 K 8686/13