Mopsfidel: Tierisches Vergnügen im Düsseldorfer Hetjens Museum
So ein dicker kleiner Hund mit eingedrückter Nase, tiefen Falten und einem eher schweinischen Ringelschwänzchen gehört ja nicht gerade zu den anmutigen Tieren. Doch Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Und wenn der Mops sein Köpfchen schief legt und goldig guckt mit seinen Glotzaugen, ist auch der Mopsverächter gerührt. „Charme, Würde und Intelligenz“ wird dem Mops vom Rassehundverband FCI bescheinigt. Treu, mutig und gutmütig ist er sowieso. Und auch sehr drollig in Meissner Porzellan, wie die populäre Frühjahrsausstellung des Hetjens Museums beweist.
Humorvoller Verweis in Porzellan: Eine Dame aus dem geselligen Mopsorden und ein Herr aus der verbotenen Freimaurer-Vereinigung (erkennbar an der symbolischen Kelle).
Einem unwissenschaftlichen Eindruck zufolge scheint die Düsseldorfer Schickeria ihre kläffenden Terrier vermehrt gegen knuffige Möpse auszutauschen. Der Mops ist eben ein Modehund. Und das war er immer wieder mal. Herangezüchtet aus Doggengeschlechtern im alten China, wo er vor über 2000 Jahren als exklusives Schoßhündchen der kaiserlichen Familie diente, gelangte der Mops im 16. Jahrhundert mit Hilfe niederländischer Schmuggler nach Europa. Dort wurde er bald schon zum Schätzchen der feinen Gesellschaft.
Der Salon als natürlicher Lebensraum
„Der Salon“, scherzt Hetjens’ Kurator Wilko Beckmann, „ist der natürliche Lebensraum des Mopses.“ Weshalb einige fast lebensgroße Prachtexemplare aus Porzellan artig in der Mitte des Ausstellungsraums auf passenden Sesselchen aus dem 18. Jahrhundert sitzen. Hinter Glas natürlich, damit keine menschlichen Trampeltiere ohne mopsiges Feingefühl für Unheil sorgen.
Man weiß ja: „Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos.“ Dieses viel zitierte Motto des verstorbenen deutschen Komikers Loriot galt besonders für die Herrschaften der Rokoko-Zeit. Marie-Antoinette, die österreichische Braut für den französischen Kronprinzen, musste 1770 zwar ihren geliebten Wiener Mops mit dem alten Leben an der Grenze zurücklassen. Zum Glück gab es auch in Frankreich genügend Möpse für die Damen. Schon die fatale Madame Pompadour (1721-64), Mätresse von Ludwig XV., kuschelte gern mit so einem Hündchen.
Aus britischer Produktion stammen diese etwas gröberen Mopsgesellen
Der gräfliche Hund als Modell
Auch weiter östlich, am Dresdner Hof, war man mopsvernarrt. Und man sammelte das dekorative Porzellan aus der von August dem Starken 1710 gegründeten Meissener Manufaktur. Da lag es nahe, die beiden Leidenschaften zu vereinen. Der junge Chefmodelleur Johann Joachim Kändler (1706-1775) fertigte die ersten Mops-Modelle 1734 und notierte in seiner aparten Rechtschreibung: „Endlich 9 Stück kleine Mops hunde. Ein jeder hatte eine andere Action.“ Sie sitzen und liegen nicht nur so herum, „einer stellet vor, wie er die Flöhe auf dem Rücken todt beißet“. Zwei Exemplare dieses witzigen Modells sind in der Schau zu sehen, ganz naturgetreu.
Tatsächlich studierte der Künstler gründlich die Bewegungen und Haltungen der adeligen Möpse. Nachdem er 1738 den Hund der Gräfin Brühl verewigt hatte, galt er gewissermaßen als Experte auf dem Gebiet der Mops-Würdigung in feinstem Porzellan. 1743 wurde er sogar zur Jagd auf Schloss Hubertusburg eingeladen, um dortselbst den persönlichen Mops des gräflichen Gatten und sächsischen Premierministers Heinrich von Brühl (1700-1763) mit Skizzen zu porträtieren und nachher zu modellieren. „Für Sr. H. Gr. etc. von Brühl einen Mopshund in Lebensgröße auf einer bordirten Küssen sitzen, in Thon rein bohsirt“, so lautet der authentische Arbeitsbericht.
Für König August III. persönlich schuf der Meissener Porzellanmeister Johann Joachim Kändler 1741 diese Mopsfamilie auf goldenen Podestkissen
Aber bitte mit Schellenhalsband
Fortan gab es kein Halten mehr. Alle wollten Möpse aus Meissen, in diversen Größen und Posen, am liebsten mit blauem Schellenhalsband. Das Museum zeigt 60 tierische Variationen, einzeln und paarweise, zu rein dekorativen Zwecken oder mit einem kleinen praktischen Nutzen. Zu empfehlen wären da der Mops-Briefbeschwerer oder die mit einem Mops bemalte winzige Porzellandose für Schönheitspflästerchen.
Hinzu kommen galante Porzellanfiguren, die nur Banausen als Nippes bezeichnen. Feinbemalte Damen mit bauschigen Röcken und zierlichen Füßen sitzen auf dem Kanapee mit Mops und Goldrand. Eine Besonderheit ist der leicht makabre Harlekin, der einen Mops als Drehleier benutzt, indem er ihm das Schwänzchen umdreht und ihn offensichtlich jaulen lässt. Gemein.
Ein Orden für die Geselligkeit
Übrigens: Es hat noch einen speziellen Lifestyle-Grund, weshalb die Meissener Möpse so gut verkauft wurden. Nachdem der Papst 1738 offiziell die Freimaurerei untersagt hatte, war der sogenannte Mopsorden geründet worden – eine heitere Variante der weltverbesserischen Gemeinschaft, eher der Geselligkeit gewidmet und auch offen für Damen. Das etwas alberne Aufnahmeritual sah unter anderem vor, dass man einen Mops auf das Hinterteil küsste – was bei einem stubenreinen Porzellanhund keinerlei Überwindung kostete. Einige mobsfidele Figuren verweisen diskret auf den Orden.
Mops-Verehrer von Queen Victoria bis zum Partygirl Paris Hilton werden auf dieser Kommode vorgestellt
Natürlich haben sich auch andere Manufakturen am Mops versucht. Aber ein paar britische Exemplare wirken doch recht grob gegen die Meissener Hündchen. Lustig ist der Nymphenburger Mops mit rausgestreckter Zunge, den Luise Terletzki-Scherf 1929 entwarf. Und für Leute, die sofort selbst einen Mops haben wollen: Der Museumsshop hat Meissener Mops-Anhänger. Zu teuer? Nun, es gibt auch einen Spar-Mops.
Wo geht’s hier zu den Möpsen?
„Möpse aus Meissener Porzellan und ihre Freunde“: bis 3. Juni im Hetjens Museum, Schulstr. 4. Geöffnet: Di.-So. 11 bis 17 Uhr, Mi. bis 21 Uhr. Eintritt: 5 Euro. Kinder frei. Kuratorenführung am Mittwoch, 16. Mai, 17 Uhr. Am Mittwoch, 25. April, 18 Uhr, liest Wolfgang Reinbacher heitere Mops-Texte: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“. Eintritt: 18 Euro mit anschließender Nascherei. Anmeldung erforderlich. Tel. 0211/89-94210. www.duesseldorf.de/hetjens
Im 19. und 20. Jahrhundert brachte auch die Nymphenburger Porzellanmanufaktur allerlei Möpse auf den Markt – darunter das lustig züngelnde Tier von Luise Terletzki-Scherf (1929)