Kunst suchen: Skulpturen im Lantz’schen Park Düsseldorf Lohausen
Der Anspruch ist hoch. Gleich zwei auswärtige Kuratorinnen, Friederike Fast und Lea Schleiffenbaum, haben ihre Denkerinnenpflicht getan und lange Texte verfasst, um über die Kunst allerlei „Fragen an die Erde“ zu stellen. Nur befinden sich die 14 Werke der Ausstellung „Terra Incognita“ nicht in einem musealen Raum, wo sie gewiss originell zur Geltung kämen, sondern im Lantz’schen Park in Düsseldorf-Lohausen. Und in dem herrschaftlichen Garten, unter mächtigen Bäumen und auf weiten Lichtungen, wirken die meisten der verkopften Objekte recht armselig.
Immerhin, man kann wieder mal in der offenen Anlage mit oder ohne Hund spazieren gehen und sich einen Spaß daraus machen, die Kunst aufzuspüren. Der Bauzaun gleich vorne auf der Wiese ist schon die erste Skulptur. Der Österreicher Martin Walde hat darauf ein Banner mit einem ziemlich zarten Druck gespannt – wie das Faltblatt erklärt, handelt es sich um die „Retrovision“ einer prähistorischen Feuchtlandschaft, auf die ein Neanderthaler eine vom Künstler erdachte Schilfhütte gebaut haben könnte. Nun, darauf wäre man von selbst nicht gekommen.
Ein Stück Flugzeug
Kenntlicher ist der Teil eines Flugzeugs, den der in Köln lebende Bildhauer Michael Pirgelis auf einem fernen Schrottplatz gefunden und entkernt hat – ein Stück aus dem Rumpf ohne Türen steht da wie ein leicht beängstigendes Mahnmal, während die Maschinen des wiedererwachten Düsseldorfer Flugverkehr mit Getöse über den Park hinwegdonnern. Immerhin, ein markantes Ding. Das kann man von den kleinen Blumentöpfen mit weitgehend verschrumpelten Setzlingen, die Shira Wachsmann im Park verteilt hat, nicht behaupten. Sie machen nur Sinn, wenn man das Konzept kennt. Die in London lebende Künstlerin sammelte für ihr „Museum 2100“ Kakteen in Gegenden, die wegen der Klimaerwärmung irgendwann zu heiß für eine Flora sein werden. Die „Huernia Quinta“ aus Südafrika zum Beispiel soll im Jahr 2070 ausgestorben sein, sieht allerdings schon jetzt ziemlich tot aus.
Freundlicher ist die Installation Annika Rixen aus der Uckermark, die sogenannte ruderale Pflanzen, das ist die Spontanvegetation auf Brachflächen, mit Hilfe eines fotografischen Verfahrens aufnimmt und auf Stoffe drucken lässt. Mit diesen Textilien in der Grundfarbe Himmelblau bespannte sie einen Paravent, der etwas verloren auf der Wiese steht, sowie drei Liegestühle, auf denen man Pause machen darf. Sympathisch.
Was in den Bäumen hängt
Das kann man auch von der gut gelaunten Installation des Israeli Gili Avissar sagen. Er hat ein Netz aus bunten Stricken, zu Blüten und Pilzen gebunden, wie ein riesiges Spinnengewebe zwischen zwei Allee-Bäume gespannt und kostümierte sich selbst zur Eröffnung als Pflanzenwesen. Farbenfroh sind auch die ganz in der Nähe aufgespannten, expressiven Bilder der in Korea geborenen Berlinerin Anne Duk Hee Jordan. Einer der Drucke zeigt kuriose Tiefseewesen, der andere spottet bitter-lustig über die Maskierungen und das Klopapier-Hamstern in der Corona-Pandemie.
So subtil, dass man es beinahe übersieht, ist hingegen eine Art Blume aus grauem Eisenstaub, die der gebürtige Iraner Navid Nuur mit Hilfe eines Magneten auf einem Felsbrocken befestigt hat. Erst mal gar nicht zu sehen sind die Ideen der in Berlin und Spitzbergen lebenden Künstlerin Lena von Goedeke. Nur bei Dunkelheit kann man mit einer Taschenlampe einige abgeformte Pflanzen und Steine entdecken, die von der Künstlerin mit reflektierender Farbe beschichtet wurden. „Somnambul“, schlafwandlerisch, heißt dieses spezielle Abenteuer, das am 20. August um 21.30 Uhr durch einen nächtlichen Arktis-Vortrag der Künstlerin gekrönt wird.
Schaukeln aus Eis
An zwei Wochenenden (2./3. Juli und 20./21. August) wird Lena von Goedeke außerdem Schaukeln aus Eis installieren, die von beherzten Besuchern benutzt werden dürfen, aber sogleich dahinschmelzen und dabei auf das Schwinden der Gletscher hinweisen. Philipp Modersohn, ein junger Bremer in Berlin, zeigt sein ökologisches Bewusstsein, indem er Skulpturen aus Industrieabfällen macht: ein Häuflein geschmolzenes Plastik liegt rätselhaft am Weg, ein Stück erstarrter Schlacke steht aufrecht wie eine Figur. Dahinter öffnet sich eine Plastikröhre, beschwert von einem rohen Betonklotz.
Ob das die Weisheit der Spaziergänger fördert, bleibt zweifelhaft. Mehr Aufmerksamkeit bekommt auf jeden Fall ein turmartiges Baumhaus, das der belgische Bildhauer und Architekt Adrien Tirtiaux um einen von Käfern zerfressenen, abgestorbenen Stamm gebaut hat. Die Wendeltreppe führt hoch hinaus bis zu einer himmelwärts strebenden Leiter, darf aber aus Sicherheitsgründen nur im unteren Teil benutzt werden. Dem künstlerischen Spiel sind Grenzen gesetzt.
Was und wo?
Der dritte „Skulpturenpark“ im Lantz’schen Park, Düsseldorf-Lohausen, Lohauser Dorfstraße, ist bis zum 21. August jederzeit zugänglich. Eintritt frei. Faltblätter gibt es in einer Box am Eingang. Da das Projekt von der Kunstkommission gefördert wird, findet man Informationen zum Rahmen-Programm mit Workshops und Führungen auf www.kunstkommission-duesseldorf.de unter „Projekte“ und „Aktuelles“.