Düsseldorf: Wanderausstellung zu Paragraph 175 und der Verfolgung Homosexueller
Unter dem Titel "Im Namen des Volkes!? § 175 StGB im Wandel der Zeit" können Besucher*innen in der Düsseldorfer Mahn-und Gedenkstätte und im Foyer des Rathauses noch bis zum 9. August eine Wanderausstellung ansehen, die vom Centrum Schwule Geschichte (Köln) zusammengestellt wurde. Um auf die beiden Ausstellungsorte aufmerksam zu machen, weisen weiße und pinke Zeichen den Weg.
Zwischen Mahn- und Gedenkstätte und Rathaus weisen Markierungen den Weg der beiden Ausstellungsorte
Zweigeteilte Ausstellung
Das Düsseldorfer Gleichstellungsbüro und die Mahn- und Gedenkstätte zeigen die Ausstellung in Kooperation mit dem Centrum Schwule Geschichte. Es geht um den Paragraphen 175 des deutschen Strafgesetzbuches (§ 175 StGB), mit dem zwischen 1872 (damals im Reichsstrafgesetzbuches) bis dem 11. Juni 1994 sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts bestraft wurde.
Die Leiterin des Gleichstellungsbüros, Elisabeth Wilfart, betonte bei der Eröffnung des zweiten Ausstellungsteils am Montag (13.7.) im Foyer des Rathauses, dass es noch viel zu häufig vorkomme, dass Menschen der LSBTIQ+-Community diskriminiert würden. Die katholische Kirche sei das beste Beispiel dafür und auch im Fußball seien Beschimpfungen und Stigmatisierungen an der Tagesordnung. Daher sei sie froh, dass diese Ausstellung ermöglicht wurde und lobte damit auch Oberbürgermeister Thomas Geisel, der ebenfalls ein Grußwort sprach.
Elisabeth Wilfart sagt, es gibt noch viel zu tun bis Toleranz und Gleichberechtigung gelebter Alltag sind
Bis Kriegsende
Die Ausstellung schlägt den Bogen quer durch die Geschichte der gegen Homosexuelle gerichteten Gesetzgebung. Der erste Teil der Schau in der Mahn- und Gedenkstätte beschäftigt sich mit der Zeit vor und während des Nationalsozialismus sowie mit den Jahren der Befreiung durch die Alliierten. Dabei wird ein Schwerpunkt auf das heutige Nordrhein-Westfalens gelegt, denn Düsseldorf war während der NS-Zeit eine "Hochburg" der Schwulenverfolgung. In kaum einer anderen Stadt wurden so viele Männer auf Grund des Paragraphen 175 verhaftet wie hier. Sie wurden in Lager deportiert, mussten Zwangsarbeit verrichten und wurden ermordet. Die Überlebenden hatten nach 1945 keine Chance auf Wiedergutmachung, da der Paragraph 175 immer noch Bestand hatte.
Astrid Hirsch betreut die Ausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte
Bis zur Gegenwart
Es dauerte bis zum 11. Juni 1994, dass der Paragraph endlich aus dem Strafgesetzbuch entfernt wurde. Der Teil der Ausstellung im Rathaus beschäftigt sich mit der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart, bei der Kurator Marcus Velke neben Biographien von verfolgten Männern auch die Auswirkung auf die Lebensgeschichten von Lesben und Trans*aufzeigt. Denn nicht nur schwule Männer wurden ausgeschlossen, Opfer von Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt. Im Jahr 1969 wurden die Paragraphen 175 und 175a laut Strafgesetzbuch erstmals liberalisiert und erst 1994 als Folge der deutschen Wiedervereinigung endgültig aufgehoben.
Marcus Velke freut sich, dass die Ausstellung im Düsseldorfer Rathaus realisiert werden konnte
Die Verachtung ist noch nicht vorbei
Gabriele Bischoff, Sprecherin des LSBTIQ+-Forums, beschrieb zur Ausstellungseröffnung das bunte und bizarre Bild, dass vielen Passanten vermittelt werden, wenn sie die Demonstrationen zum Christopher Street Day sähen. Doch hinter der bunten Fröhlichkeit stecke auch heute noch viel Engagement, sich für die Rechte der Community einzusetzen. Ein wichtiges Zeichen sieht sie in der Realisierung des Denkmals zur Verfolgung von Lesben, Schwulen und Trans* in Düsseldorf , das von Claus Richter entworfen wurde. Oberbürgermeister Thomas Geisel betonte: "Düsseldorf steht heute für Vielfalt, Respekt und Toleranz. Dennoch ist und bleibt es unsere gemeinsame Aufgabe für Solidarität und Humanität und gegen Ausgrenzung und Stigmatisierung einzutreten."
Gabriele Bischoff erinnerte sich daran, dass es noch 1991 nicht möglich war, eine Werbeanzeige für eine Veranstaltung der Lesben-Gruppe in der Rheinischen Post zu schalten
Die Ausstellung wurde vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Sie ist noch bis zum 9. August für Besucher geöffnet.
Noch bis zum 9. August können beide Teile der Ausstellung besucht werden
Begleitprogramm zur Wanderausstellung
Mit zwei Film-Abenden im zakk, Fichtenstraße 40, besteht die Möglichkeit sich noch über die Ausstellung hinaus mit dem Thema zu beschäftigen. Der Zugang erfolgt über den zakk Hof, Pinienstraße 5. Der Einritt ist frei und eine Anmeldung/Reservierung ist nicht vorgesehen. Da es nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen gibt, wird um rechtzeitiges Erscheinen gebeten.
"Call me by your Name"
Am Donnerstag, 30. Juli, 20.30 Uhr, wird der Film "Call me by your Name" gezeigt. Einlass ist um 19.30 Uhr.
Das romantische Drama spielt in Norditalien im Jahr 1983 und basiert auf dem Roman von André Aciman. Erzählt wird die Affäre zwischen dem 17-jährigen Elio und einem 24-jährigen US-Amerikaner Oliver. Dieser hilft Elios Vater bei historischen Forschungen und zieht deshalb mit in das Haus der Familie ein. Ein Film über die Liebe zweier junger Männer und das vielfältige Gefühlskosmos des Verliebtseins.
"Aimée & Jaguar"
Am Mittwoch, 5. August, 20.30 Uhr, wird der Film "Aimée & Jaguar" gezeigt. Einlass ist um 19.30 Uhr.
Autorin Erica Fischer hat ihre Gespräche mit der Zeitzeugin Lilly Wust 1994 in einem Roman veröffentlicht, der Max Färberböck als Vorlage für den gleichnamigen Film diente. Er handelt von der Geschichte zweier jungen Frauen in Berlin im Krieg. Lily, Ehefrau eines Nazis und Mutter von vier Kindern, verliebt sich in die Jüdin und Untergrundkämpferin Felice.