Düsseldorf am Lagerfeuer: Der Caravan Salon lockt mit 2100 Reisemobilen
Kurz nach acht Uhr abends haben sich die 200-Prozentigen, die Überzeugungstäter ausgerichtet und zurückgelehnt. Blickrichtung West, ein kühles Getränk in der Hand huldigt die Fangemeinde dem Sonnenuntergang über dem Rhein. Hier am Ufer, zwei Stunden nach Messeschluss und zwischen Campinggestühl aus drei Generationen, scheint es einen Wimpernschlag lang so zu sein, als könne man sie sich kaufen. Die Freiheit.
Mit dieser Illusion tuckert der 55. Caravan Salon in der Düsseldorfer Messe aktuell einem neuen Besucherrekord entgegen. Eine Viertelmillion Gäste wäre aus Sicht der Düsseldorfer Messemacher schön. Im vergangenen Jahr erst hat man die 200.000er Marke überwunden. Und noch eine Rekordzahl wärmt die Hersteller und Austeller an den Lagerfeuern der Branche: Seit Jahresbeginn und bis Ende Juli 2016 wurden in Deutschland 27.182 Campingfahrzeuge zugelassen, 21 Prozent mehr als im Vorjahr – und so viele wie noch nie seit der Erfindung des Gaskochers.
Im Alltag Transporter, am Wochenende Reisemobil: Der Markt bietet viele Kombi-Lösungen
Um die nüchtern betrachtet verheerende Kosten-Nutzen-Relation eines Reisemobils angenehmer zu gestalten, versuchen immer mehr Anbieter Alltag und Abenteuer enger miteinander zu verbinden. Ganze Küchenzeilen und Doppelbetten können mit wenigen Handgriffen entfernt werden – und schon wird aus Campers Wolke Nummer sieben ein schnöder Transporter für die Wochenendeinkäufe und den angelegentlichen Baumarktbesuch. Einziger Nachteil: Man wird einer von stetig wachsenden Schar Bekannter unentwegt gefragt, ob man am nächsten Wochenende beim Umzug helfen könne. Nur ganz kurz.
Die unendliche Weite endet bei der Führerscheinklasse
„Teilintegrierte Reisemobile und Kastenwagen zählen zu den absoluten Publikumslieblingen“, analysiert Hans-Karl Sternberg, Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbands (CIVD). Mehr als zwei Drittel der Zulassungen stammen aus diesem Bereich. Die seit 1999 geltenden Führerscheinbestimmungen treiben den Trend. Wer bei der Fahrerlaubnis die Ungnade der späten Geburt zu tragen hat, darf lediglich Fahrzeuge bis zum einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ohne Zusatzerlaubnis bewegen. Soviel zu Campers Freiheit.
Automobil reisen ist die Kunst, das Ankommen hinauszuzögern
Neben den bekannten drängen eine Reihe hungriger neuer Anbieter auf den Markt. Die Österreicher von Pössl stellen ein Wohnmobil auf Peugeot-Basis für rund 38.000 Euro auf den Platz. Günstiger geht es nur mit viel Eigenleistung und Leidensfähigkeit. Neben den modular auf- und ausgebauten Traumfänger gibt es natürlich auch den Gegentrend: Gelsenkirchener Barock, die Hecksitzgruppe inklusive.
Mehr Lounge als Wohnwagen: die Luxus-Reisemobilklasse peitscht das Portemonnaie und verwöhnt anschließend
Der klassische Alkoven – festes Hochdach, Bett über der Fahrerkabine ist demgegenüber in die Jahre gekommen. Hymer und Bürstner versuchen, aus der mühsam zu erklimmenden Doppelkoje Einzelbetten zu machen – für mehr Nutzwert. Am anderen Ende der Campingreise stehen Straßen-Kreuzfahrtschiffe wie der Vario Perfect 1200 Platinum, dessen Name sich Loriot nicht besser hätte ausdenken können. Auf dem Gerippe eine Mercedes Actros LKW entsteht eine von 428 Pferden gezogene Luxusvilla – Fußbodenheizung, Marmor, Klingel an der Tür und mehrere Fernsehgeräte an Bord, der in einer Geburtsakt aus der Heckgarage einen Mercedes SL Cabrio gebiert. Auf Knopfdruck und nach Überweisung von 1,23 Millionen Euro. Das Sahneschnittchen unter den rund 2100 Fahrzeugen, die in Düsseldorf bestaunt werden wollen.
Digitalisierung noch in den Anfängen
In dem digital noch völlig unterentwickelten Segment des modernen Lebens kommen langsam die ersten Apps zum Zuge: Mit so einem Programm-Helferlein lassen sich im Hymer Mobil beispielsweise Licht und Wärme regeln und nebenbei die Benzin- und Wasservorräte abfragen.
Preise, Zeiten, Daten
Der Caravan-Salon hat noch bis zum Sonntag, 4. September, täglich zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet. Erwachene zahlen für die Zwei-Tages-Karte 14 Euro, Schüler und Studenten 10 Euro, Kinder bis zwölf 6 Euro. Wer im eigenen Camper anreist, kann sich einen Stellplatz buchen – unter diesem Link (Eintritt und Stellplatz Caravan Salon)
Fotos: Messe Düsseldorf