Kunst der Einmischung: Tony Cragg führt den Düsseldorfer Malkasten

Dieser Gentleman muss sich nicht profilieren: Sir Tony Cragg ist ein weltberühmter Bildhauer, Commander des British Empire, Mitglied der Royal Academy in London und der Akademie der Künste in Berlin. Der Engländer war Rektor der Akademie Düsseldorf, ist deren Ehrenmitglied und besitzt einen eigenen, wunderschönen Skulpturenpark mit altem Wald und neuen Kunsthallen in seiner Wahlheimat Wuppertal. Warum belastet er sich mit 73 Jahren dann noch mit der Leitung des ständig verkrachten Düsseldorfer Künstlervereins Malkasten? Weil Cragg weiterhin „Dinge ermöglichen“ will.

Schritt nach vorn: Tony Cragg will den traditionsreichen Künstlerverein Malkasten in die Zukunft führen. Foto: Birgit Kölgen
Mehr Lebensqualität
Es gibt auch noch eine längere Erklärung, eine moralische, wenn man so will. Tony Cragg glaubt fest, sagt er, „an die Fähigkeit von Kunst und Kultur, den Menschen eine bessere Lebensqualität zu geben“. Ein Besuch in Craggs Wuppertaler „Waldfrieden“, wo Skulptur, Natur und Architektur in berückender Weise harmonieren, ist immer eine Wohltat für Leib, Seele und Geist. Und auch der Düsseldorfer Malkasten hat ein solches Potenzial mit seinem lauschigen Garten, den der Philosoph Friedrich Heinrich Jacobi vor zwei Jahrhunderten hinter seinem Haus anlegen ließ. 1861 kaufte der noch junge Künstlerverein Malkasten das Anwesen, seit den 1950er-Jahren gibt es einen modernen Anbau. Und bis heute ist es, so Cragg, „ein wunderbarer Ort“, eine Oase „mitten in der Stadt“.

Reich der Kunst: In Tony Craggs Wuppertaler Skulpturenpark “Waldfrieden” stehen seine bewegten Formen wie selbstverständlich zwischen den Bäumen. Cragg präsentiert dort ebenso das bildnerische Werk von Kollegen.
Versöhnlicher Neustart
Dennoch hat es hinter der lachsrosa Fassade des Jacobi-Hauses viel Zetern gegeben, besonders in letzter Zeit. Eine Gruppe um die Aktionskünstlerin Susanne Ristow (50) regte sich auf, dass nach dem Rücktritt des Vorsitzenden Robert Hartmann „ein System der alten Herren einfach weitergeführt wird“, wie sie in einem Interview formulierte. Sie selbst wollte eigentlich mit dem Fotokünstler Christoph Westermeier für eine Doppelspitze kandidieren und einen Generationswechsel herbeiführen. Jetzt sitzen beide neben Cragg im neuen, verjüngten Vorstand. Und verbreiten guten Willen: „Lieber Tony, ich freue mich sehr, dass du an Bord bist“, versicherte Susanne Ristow bei der Pressekonferenz.

Gruppenbild vor dem Jacobihaus: der erweiterte Malkasten-Vorstand. Von links: Aktionskünstler Aljoscha Gößling, Architekt und Hausvogt Axel Walger, Videokünstlerin Myriam Thyes, die Zweite Vorsitzende Dr. Susanne Ristow, der Erste Vorsitzende Prof. Tony Cragg, die Malerin Melanie Richter, Fotokünstler Christoph Westermeier, Bildhauerin Marie Ogoshi, Justiziar Gisbert Schnurbusch und Schatzmeister Alexander Jansen. Foto: Birgit Kölgen
Das klingt versöhnlich. Und so sieht es auch der neue Chef. Auf Konflikten herumhacken ist nicht sein Ding. Man habe „Gespräche geführt“, und er wünsche sich, „dass man sich offen, schnell und ohne Argwohn austauschen kann“. Als Kunstschaffende, die sich gegenseitig inspirieren: „Wir werden die Probleme künstlerisch lösen.“
In die Offensive gehen
Das neue Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäude, das nach viel Streit und dem Abriss des alten „Parkhauses“ in den Garten gesetzt wird, soll reichlich genutzt werden. Schon jetzt plant man das große Jubiläum 2023, wenn der Verein 175 Jahre alt wird. Bis dahin will man die eingeschlafenen Beziehungen zur Kunstakademie erneuern, neue Mitglieder anwerben und solche zurückgewinnen, die den leicht verspießerten Vereinsstrukturen den Rücken gekehrt haben. Die Prominenz des Professors Cragg kann dabei nur nützlich sein.
Schon jetzt ist man sich in einem Punkt einig: Der Verein will nicht nur Kunst zur Erbauung des Bürgers präsentieren, sondern sich in die Düsseldorfer Kulturpolitik einmischen. Die Kunst darf nicht ihren Rang in der Stadtgesellschaft verlieren, es muss anerkannt werden, was Susanne Ristow „die Autorität der Künstler“ nennt. „Wir sind keine Bittsteller“, betont Cragg. Eins ist klar. Der Malkasten wird von sich reden machen.