Die Lust am Licht: Uli Pohl in der Zero Foundation Düsseldorf
Manchmal geht einem die aktuelle Kunst so richtig auf die Nerven. All diese überfrachteten Bilder, die drastische Selbstdarstellung und die politischen Absichten! Dann entsteht eine Sehnsucht nach der Ruhe und Klarheit der Abstraktion. Nach Formen, die nichts wollen. Die einfach nur das Licht einfangen. So wie die Skulpturen, die Uli Pohl, bald 87 und kein bisschen müde, aus Acrylglas geschliffen hat. Die Düsseldorfer Zero Foundation widmet ihm eine schwerelose kleine Ausstellung. Wohltuend.
Als Kind erlebte der 1935 in München geborene Uli Pohl den Krieg, die Bombardierungen, die Verwüstung der Stadt, das Pathos der Propaganda. Wie viele Künstler seiner Generation hatte er das Bedürfnis, sich von der Last der Vergangenheit zu lösen, neu anzufangen, in einer kreativen Stille, an einem Nullpunkt: Zero. „Ich wollte mit einem transparenten Material arbeiten“, erzählt er. Sein Professor an der Münchner Akademie, der Maler Ernst Geitlinger, hatte nichts dagegen. Und so experimentierte der junge Pohl 1958 mit Acrylglasresten, die er gefunden hatte.
Sehen und Denken
Es entstanden sechs winzige Modelle, die er jetzt zur Freude von Geschäftsführerin Barbara Könches der Zero Foundation geschenkt hat – konzentrierte Versionen seines Werks. Zwei größere Ausführungen, ein Würfel und eine Scheibe mit feinen Bohrungen, die Struktur geben, stehen gleich daneben. Bescheiden im Format, durchsichtig und doch ein Anziehungspunkt in jedem Raum. Man möchte jedes Stück ganz genau betrachten, verstehen, wie sich geschliffene Schwünge oder Kanten durch einen Wechsel des Blickwinkels verändern, wie sich hier und da Spiegelungen ergeben und dann wieder verschwinden.
Als Künstler will Pohl am liebsten anonym bleiben, wie ein guter Handwerker. Der Betrachter soll ganz unbeeinflusst sein, zu eigener Erkenntnis kommen: „Sehen und Denken bilden eine Einheit.“ Das passte ausgezeichnet zur Idee der Zero-Helden Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker, die Pohl 1961 bei einer Ausstellung im Schloss Morsbroich kennenlernte. Fortan arbeitete er oft mit Zero zusammen und wurde „Dynamo Pohl“ genannt.
Geschnitten und gefeilt
Dabei blieb Pohl, der auch zur „Nouvelle Tendance“ in Paris gehörte und von 1967 bis 1971 an der Hamburger Hochschule der Bildenden Künste lehrte, immer ganz bei sich, still, konzentriert. 1963 arbeitete er sechs Wochen lang an seiner „Spirale III“, einem vollendet aus der Acrylglasplatte geschnittenen und gefeilten Ding, das von Landesgalerie-Gründer Werner Schmalenbach für das Düsseldorfer Kunstmuseum ausgesucht wurde und heute noch in die städtische Sammlung gehört.
Ein weiteres Spitzenstück ist eine ungewöhnlich bauchige Form mit Taille, die entfernt an eine Violine erinnert, zwei Öffnungen hat und die Umgebung in mannigfaltigen Bildern spiegelt. Auch die Zeichnungen an den Wänden sieht man, verkleinert. Pohl erprobte damit immer wieder die Dynamik wiederkehrender, präziser Linien, setzte mit Tusche geduldig Bögen und Rechtecke in systematische Kompositionen. „Kontrollierbarkeit und Ordnung“ waren ihm immer wichtig, auch bei glänzenden Türmen aus Aluminium, die er vor wenigen Jahren konstruierte. Von Schönheit mag er nicht sprechen. Sie entsteht einfach so.
Was, wann und wo
Die Zero Foundation an der Hüttenstr. 104 (Hinterhof) zeigt bis zum 17. Juli Skulpturen und Zeichnungen von Uli Pohl. Die von Anna-Lena Weise kuratierte Ausstellung im ehemaligen Zero-Atelierhaus ist immer sonntags von 13 bis 17 Uhr für das Publikum geöffnet. Öffentliche Führungen gibt es am 18. Mai um 12 Uhr und am 25. Mai um 18 Uhr. Auch individuelle Verabredungen und Gruppenführungen mit Einblick in das Zero-Archiv sind möglich. Tel. 0211 / 59 80 59 76. www.zerofoundation.de