Mehr als 5000 Menschen protestieren in Düsseldorf für eine Verkehrswende
Sprachlos ist Lerke Tyra, Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs in Düsseldorf, ADFC, sehr selten. Am Sonntag (8.5.) auf der Wiese vor dem NRW-Landtag in Düsseldorf war einer dieser raren Momente: Lerke Tyra blickte auf eine Wiese mit mehr als 5000 Menschen, die eine Verkehrswende in Nordrhein-Westfalen fordern.
Im Rahmen einer Sternfahrt waren sie aus allen Himmelsrichtungen vors Parlament gerollt, um ihre Vorstellungen von einer anderen Mobilität zu präsentieren: viel mehr Radwege und ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr für alle. Symbolisch wurde ein mit Luft aufgeblasener SUV auf den Rücken gedreht.
Von den Stufen vor dem Landtag verscheucht
Die Stufen vor dem Landtag wollten viele der Demonstrationsteilnehmer zum Ausruhen nutzen. Polizei und Sicherheitspersonal machten aber keine Ausnahme, denn bei allen Demonstrationen gilt die Bannmeile um den Landtag. Daher wurden alle auf die Wiese gebeten.
CDU/FDP-Verkehrspolitik in der Kritik
Auf der Wiese wurde mit der Verkehrspolitik, lange Jahre vertreten durch den jetzigen NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst abgerechnet. Das übernahm Dirk Jansen, NRW-Gebietsleiter des BUND für Umwelt und Naturschutz. Noch immer mache die schwarz-gelbe Landesregierung eine Verkehrspolitik, die sich allein an den Bedürfnissen von autofahrenden Menschen orientiere: „Der nordrhein-westfälische Landesstraßenbedarfsplan enthält für 2022 168 Maßnahmen im Bereich von Autobahn- und Landstraßenausbau. Dafür stellt die NRW-Landesregierung 72 Millionen Euro bereit. In den Ausbau von Radwegen investiert sie hingegen nur 30 Millionen Euro.“ Aus der Sicht von Jansen hat die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf abgewirtschaftet. Mit ihr werde es keine Verkehrswende geben, die für die Menschen und den Klimaschutz notwendig sei.
Autorin fordert besseren ÖPNV
Zuvor hatte bereits Buchautorin und Influencerin Katja Diehl (Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt) auf die ihrer Ansicht nach allzu große Nähe zwischen Politiker*Innen und der Automobilindustrie hingewiesen. Diehl beschäftigte sich in ihrer Key Note-Rede mit den Standardargumenten für den Individualverkehr mit Automobilen. Sie brandmarkte die Hinweise, in einem Flächenland wie Nordrhein-Westfalen sei Mobilität nur mit dem Auto machbar und arme und alte Leute kämen ansonsten weder zur Arbeit noch zu ihren Verwandten als vorgeschoben. „Wenn es einen ordentlichen, kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr gäbe, würden viel mehr Menschen diesen nutzen als bislang.“
„Verkehrswende“ meint keine Elektro-SUV
Ähnlich äußerten sich weitere Sprecher von Organisationen wie Greenpeace, Attac, dem Bündnis Fuss e.V. und weiteren Organisationen. Auf eines legten alle Sprecher*Innen Wert: Mit „Verkehrswende“ sei nicht der Umstieg von großen, dieselgetriebenen SUVs zu großen, elektrogetriebenen SUVs gemeint.
Freie Fahrt für Fahrräder durch Düsseldorf
Gegen 15 Uhr starteten die mehreren tausend Radfahrer*Innen dann von der Landtagswiese aus zum einem 18 Kilometer langen Rundkurs durch Düsseldorf. Unter Polizeischutz konnten sie sich richtig breit machen – auf den Straßen. So war im Riesenpulk die Fahrt über zwei Rheinbrücken und durch den normalerweise für Fahrradfahrer verbotenen Rheinufertunnel möglich. Das machte Jung und Alt im Fahrradsattel Spaß. Wer allerdings nach der freien Fahrt im Rahmen der Demo aus der Gruppe ausscherte, geriet nicht selten sofort wieder mit Autofahrern aneinander, die sich ungern von den Teilnehmenden der Verkehrswende-Demo am Samstag in Düsseldorf aufhielten ließen.