400 Düsseldorfer*innen wehren sich gegen den Ausverkauf der Stadt
Zur Vorabenddemo des 1. Mai versammelten sich am Samstagabend (30.4.) rund 400 Menschen an der Kiefernstraße. Eingeladen hatte ein Bündnis aus Initiativen, Kulturschaffenden, Studierenden und vielen Anderen. Während der Corona-Pause musste der Ruf nach einer rebellischen Stadt pausieren. Aber die Missstände und Probleme sind in dieser Zeit eher noch größer geworden. Die Demonstrierenden kritisieren, dass es der Stadtspitze wichtiger sei, Düsseldorf als Marke zu etablieren, als für Wohn- und Lebensraum für alle Bürger*innen zu sorgen.
“Wem gehört die Stadt?”
Während in den vergangenen Jahren der Fokus auf dem Verlust von Kulturorten, wie der „Brause“ in Düsseldorf Bilk oder der „Botschaft“ am Worringer Platz, lag, steht diesmal die Vernichtung von Wohnraum im Mittelpunkt. „Die Stadt ist in den letzten Jahren zum Spielball für Kapitalanleger geworden. Der öffentliche Raum für arme und wohnungslose Menschen wird zusehends minimiert und viele Mieter*innen werden verdrängt und von der Politik vollkommen allein gelassen. Für uns ist es an der Zeit dieser neoliberalen Stadtpolitik etwas entgegenzusetzen“, kritisiert Johannes Dörrenbächer vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum und Sprecher des Bündnisses für eine rebellische Stadt.
Unter den Demonstrierenden waren Menschen, die aus eigener Erfahrung wissen, wie es ist, vom Eigentümer „entmietet“ zu werden. Trotz gültiger Mietverträge werden die Wohnungen durch Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten fast unbewohnbar. In vielen Fällen ist das Ziel, die Mieter mürbe zu machen und zum „freiwilligen“ Auszug zu bewegen, um die Wohnungen später deutlich teurer zu vermieten oder gleich als Eigentumswohnungen zu verkaufen. Immer wieder werden neue Fälle von Entmietung, Spekulation und Zweckentfremdung in Düsseldorf bekannt. AirBnB, Immobilienspekulanten und skrupellose Investoren machten vielen Düsseldorf*innen das Leben schwer.
Politik müsste handeln
Die politische Verantwortung für diese Fälle sehen die Aktivisten auch bei der Stadt und dem Gesetzgeber. Denn der Schutz des Eigentums beinhalte oft, dass der Schutz der Mieter zweitrangig sei. In Düsseldorf steigen seit Jahren die Preise für Immobilien, bei Miete und bei Kauf. Das Problem bezahlbaren Wohnraum zu finden, trifft schon lange nicht mehr nur Bedürftige. Rund die Hälfte der Düsseldorfer*innen hätte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, aber es gibt deutlich zu wenig geförderte Wohnungen. Die Versorgung mit bezahlbaren Wohnraum kann zum Existenzkampf werden.
Verdrängungswettbewerb
Darunter leiden auch wohnungslose und einkommensschwache Menschen. Ein Beispiel dafür, wie der Verdrängungswettbewerb in Düsseldorf funktioniert, ist der Worringer Platz. Lange war er Treffpunkt für wohnungslose Menschen und auch Suchtkranke. Dieses Klientel störte einen Gastronom, der sein Lokal auf dem Worringer Platz betreibt. Mit Genehmigung der Stadt ließ er große Teile des ehemals öffentlichen Platzes einzäunen und eine private Terrasse errichten. Der Demonstrationszug führte am Worringer Platz vorbei und in einer Aktion wurden Klappstühle von außen am Zaun befestigt, um allen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich dort aufzuhalten. Der Gastronom reagierte sofort wutentbrannt und forderte, die Stühle zu entfernen.
„Stadt entsteht durch gemeinsame Interaktion – die Regeln für ein Zusammenleben muss eine Stadtgesellschaft ständig neu verhandeln. Neben bezahlbarem Wohnraum brauchen Bewohner*innen daher Räume der Versammlung und Auseinandersetzung, die für alle frei zugänglich sind. Kunst und Kultur leisten dazu einen unverzichtbaren Beitrag. In Zeiten, in denen kulturelle Zwischennutzung zum Planungstool von Investoren geworden ist, brauchen wir Strategien für planungssichere Kulturräume in Düsseldorf,“ sagt Clara Bolla vom FFT und Sprecherin des Bündnisses für eine rebellische Stadt.