Die Kunsthalle Düsseldorf sucht nach dem Glück
Nach zwei Jahren Pandemie wollte die Kunsthalle mal ein bisschen Trost spenden – mit einer Frühlingsausstellung zum Thema Glück. Aber dann kam der Ukraine-Krieg, und den beteiligten 13 Künstler*innen war die Sache plötzlich ein bisschen peinlich. Deshalb wurde das muntere Plakat verworfen, und der Titel „Happiness is a State of Mind“ (Glück ist eine Geisteshaltung) erscheint nun auf leerer Fläche in einer krakelig durchgestrichenen Version. Ungültig gemacht. Leider, denn die Weltlage ändert ja nicht das Geringste an der Wahrheit dieser Aussage. Zum Glück sind die Werke nicht ausgetauscht worden, und die Ausstellung bleibt wie geplant eine Freude.
Gleich vorne am Eingang zum Kinosaal hängt ein wahres Power-Bild: Die 28-jährige Düsseldorferin Laura Aberham hat ein Großformat mit kraftvollen Pinselschwüngen bemalt: „Ich wollte positive Energie vermitteln.“ Das ist ihr gelungen. Und auch der gebürtige Schwabe Martin Pfeifle, Bildhauer und Design-Professor in Düsseldorf, sorgt für gute Laune mit einem begehbaren Pavillon aus Alustangen und PVC-Streifen – außen unauffällig, innen voller leuchtender Farbräume, pink, gelb, blau. Das Objekt wurde für draußen entworfen und braucht eigentlich ein bisschen Wind um zu wirken. Den dürfen die Besucher im Saal nun selber machen.
Jeden Tag ein Bild
Statt des offenen Himmels schwebt über den Köpfen ein Fries aus Aquarellen. Dietmar Lutz, 1968 in Ellwangen geborener und in Düsseldorf lebender Maler und Schüler von Dieter Krieg, schafft jeden Tag ein neues Bild. Schnappschüsse sind seine Vorlagen. In der Pandemie hat er damit angefangen, ein Buch damit gefüllt („Ein Jahr“) und will es nun ein Leben lang fortführen – „etwas manisch“, wie er selbstironisch bemerkt. Lutz arbeitet mit 25-Meter-Rollen vorgrundierter Leinwand, aber es dürfen auch Ausschnitte gezeigt (und verkauft) werden. Zehn Tage vom 20. bis 30.10.2020 hat er für die Kunsthalle ausgesucht: Parkwege und schöne Ansichten, Leute auf der Wiese und am Strand. Nichts individuell Erkennbares, aber offenbar Zeugnisse eines gelungenen Lebens.
André Niebur, Jahrgang 1973, ebenfalls Absolvent der Düsseldorfer Akademie, mag es karger. Seine Bilder kommen zwar aus der Figuration, sind aber so weit reduziert, dass die Farben wie Sonnenflecken auf einer weißen Wand wirken. Der gleichaltrige Christoph Schellberg hat seine Formate schrumpfen lassen. Er zeigt eine Reihe von Miniaturen. Man muss nah herangehen, um die wunderbar leichten abstrahierten Landschaften richtig zu würdigen.
Dämonen und Liebende
Auch Tatjana Valsang verwandelt die Natur in Abstraktion mit Bildern wie dem „Bergschatten“. Das Duo Hedda Schattanik & Roman Szczesny hat seine Freude am Erfinden düsterer Welten am Computer. „Auf dem Weg zum Flughafen“ heißt ein Monumentalwerk mit dämonischen Männchen (eins sieht aus wie Trump), einem höllischen Fisch, einem vor schwarzen Bergen schwebenden Augapfel und einem Schriftband mit dem Bericht eines frustrierten Flugreisenden (daher der Titel).
Im oberen Saal wird’s wieder heller. Da leuchten die aus reinen Farbpigmenten gezauberten Streifenbilder von Jörn Stoya (64) und stärken mit ihrem Anblick jedes abgeschlaffte Gemüt. Vivian Greven, 1985 geboren, benutzt zurückhaltende Farben. Thema von zwei Bildern ist die Liebe. Man sieht, in Rosa, einen Kuss und, in Braun-Grün, zwei Gesichter, die mit einem gewissen Abstand einander zugewandt sind. Da geht es um Sehnsucht und Nähe, aber auch um Distanz.
Das Wuchtige und das Feine
Der weitgereiste Jan Albers (50) hat so etwas wie eine eigene Architektur in den Saal gebaut. Er baute zwei massive Stellwände, deren Außenseiten große Fotos von Ausstellungsräumen zeigen, auf denen jeweils ein skulpturales Wandobjekt hängt. Ziemlich wuchtig. Viel feiner ist das begehbare Objekt von Erika Hock (40), die aus bedruckten Fäden einen geschwungenen, transparenten Raum geschaffen hat, dessen Form an die berühmte Wellen-Vase von Alvar Aalto erinnert.
Wer von innen nach außen schaut, wird alles angenehm verschleiert finden. Aber für die Seitenwand braucht man noch einmal einen klaren Blick. Dort hängen dynamische Papierschnitte von Chris Reinecke, die schon 85 Jahre alt ist, aber kein bisschen müde. Die Kartons, die sie schneidet, sind voller Zeichnungen und Aquarellen – lauter lebendige Strukturen, die Freude machen. Beschwingt verlässt man die Ausstellung. Wie gesagt: Das Glück ist ein Geisteszustand.
Was, wann und wo?
„Happiness Is a State of Mind“: bis 22. Mai in der Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4. Di.-So. 11 bis 18 Uhr. Art Talk mit Kunstvermittler*innen jeden Samstag 14.30 bis 17.30 Uhr. Öffentliche Führungen jeden Sonntag 13.30 bis 14.30 Uhr. Die 13 beteiligten Künstler*innen verkaufen kleine Arbeiten zugunsten der Katastrophenhilfe und anderer Aktionsbündnisse . Oben im Kunstverein werden noch bis zum 24. April verschiedene Video-Installationen gezeigt: „Closer“. www.kunsthalle-duesseldorf.de, www.kunstverein-duesseldorf.de