Star Trek fürs innere Kind: Bonn Parks „Weltraumoper“ im Schauspiel Düsseldorf
Eins muss hier vorausgeschickt werden: Die Kritikerin ist ein Trekkie der ersten Stunde. Das Raumschiff Enterprise entführte mich schon Ende der 1960er-Jahre in den „Weltraum, unendliche Weiten“. Spock, der spitzohrige Halbvulkanier mit den subtilen Emotionen – mein zweiter Traummann neben Winnetou. Aber: Ich war zwölf! Mit äußerstem Befremden sehe ich nun, dass eine kindliche Fantasie, irgendwie von Star Trek beflügelt, als „Weltraumoper“ auf der großen Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses uraufgeführt wird. Die „Rückkehr zu den Sternen“ von Bonn Park ist ein Witz.
Freundlich, heiter
Generalintendant Wilfried Schulz weiß auch nicht so genau. Freundlich und heiter wie immer, kündigte er beim Vorgespräch mit Dramaturgin Janine Ortiz „etwas sehr Merkwürdiges“ an. Man hat gelegentlich das Gefühl, der gute Vater dieses Theaters hält sich ganz zurück und lässt die jungen Leute mal machen. Denn die wissen schon, was einerseits politisch korrekt und andererseits cool ist. Zum Beispiel die Ideen des in Berlin geborenen Deutsch-Koreaners Bonn Park (35), unterwegs im ganzen Land und vom Fachmagazin Theater heute zum Nachwuchsregisseur des Jahres 2019 gekürt. Sein Spezialgebiet: Jugendtheater.
„Heute bin ich Raumpilot“
Im Jungen Schauspiel klaute Park im letzten Jahr seine Figuren bei Disney und inszenierte „Bambi & Die Themen“, um mit Teenagern, die medial abgedrehte Gegenwart zu reflektieren. Sehr ehrenwert. Auch für die Erwachsenen soll es nun, wie die Dramaturgin schreibt, „ein Abenteuer im Geist der Aufklärung“ geben. In der Tat war die Mission der gemischten Truppe in Gene Roddenberrys altem Raumschiff Enterprise von einer positiven Utopie geprägt: Die geläuterte Menschheit tritt in Kontakt mit anderen Lebensformen und Kulturen, ohne sie erobern oder verändern zu wollen.
Leider ließ man sich keine Zeit, länger über das Projekt nachzudenken, eine ausgereifte Form zu finden. Text und Musik entstanden spontan während der achtwöchigen Proben. Wow, das macht sicher Spaß. Und so entstanden Kita-Lieder wie jenes, das Rosa Enskat in ihrer Rolle als sympathischer Maschinenmensch Melitta mit pinkfarbener Turmfrisur und hellblauer Strumpfhose gleich zu Anfang zum Besten gibt: „Heute bin ich Raumpilot und flieg hinaus ins Abendrot … vor mir tausend Lichterlein, hinter mir das ganze Sein.“ Fein.
Der Captain will das Beste
Und so geht’s mit „rasantem Antrieb“ weiter wie bei einer Star-Trek-Mottoparty inklusive Disco-Tanz. Der Autor legte allerdings Wert auf eine von der Original-Serie inspirierte, aber selbst erfundene Crew, die sehr spitze Schulterpolster trägt. Captain Kirk heißt hier Yešilyurt (Serkan Kaya) und will immer nur das Beste „auf der Suche nach einer guten Zukunft“. Sonst hat er keine Eigenschaften. Der Doc im Team ist Nolte (Kilian Ponert), ein 660 Jahre alter Außerirdischer mit karnevalesken Hundeohren. Ihm droht die Explosion, sobald er mal falsch liegt, aber er liegt immer richtig. Lea Ruckpaul als Erste Offizierin Ortiz (charmant benannt nach der Dramaturgin), türkis geschminkt, trägt eine Art Schäfchenmäuseperücke mit Fühlern und ist unglücklich. Nicht einmal das Streicheln von „Pflanzi“, dem Bord-Blumentopf, kann sie trösten.
Zum Glück wird die „U.S.S. Wassong“ magisch angezogen von einem gefrorenen Planeten, der sich als Ortiz’ Heimat erweist. Dort lebt ein nettes Yeti-Monster (Florian Claudius Steffens stelzt akrobatisch unterm Fell), und eine türkisfarbene Königin erklärt der Crew, dass ihr Volk, die Zahara, nicht mehr auf natürliche Weise sterben können und sich deshalb irgendwann umbringen dürfen. In einer Zeremonie, der sich Ortiz am Ende glückselig hingibt, während am Bühnenhimmel die göttlichen „Quallenwesen“ schweben.
Alles hübsch handgemacht
Mädels aus der Ballettschule „tanzraum benrath“ schwingen die Ärmchen zwischen schleierhaften Tentakeln unter beleuchteten Schirmen. Das sieht schön aus und gehört zu den originelleren Details der Ausstattung, die sich, wie man liest, dem „Retrofuturismus“ verschrieben hat. Sprich: Es ist alles mit der Hand zusammengebastelt. Keine Tricks und technischen Effekte. Bei Beschuss lösen sich Fetzen von Silberpapier, Konfetti regnet, die grob gezimmerten Pulte auf der Kommandobrücke rollen herum. Das Teletransportieren, besser bekannt als Beamen, wird mit vorgehaltenen Glitzerdecken angedeutet, und die Eisberge auf dem anderen Stern sind angemalte Kulissen. Ganz rührend, wie in einem altmodischen Kindertheater. Aber nicht genug für eine erwachsene Produktion.
Immerhin schrieb der Komponist Ben Roessler, Parks Partner auch bei einer „Highschool-Oper“ am Münchner Volkstheater, einen flüssigen Soundtrack mit einfachen Songs und filmisch anmutenden Stimmungsmelodien, tadellos musiziert von einem Orchester aus Studierenden der Robert Schumann Hochschule, die ihren Applaus verdient haben.
Weitere Vorstellungen
Die Weltraumoper „Rückkehr zu den Sternen“ von Bonn Park (Text und Regie) und Ben Roessler (Musik) ist für die ganze Familie geeignet. Weitere Vorstellungen im Großen Haus des Düsseldorfer Schauspielhauses am Gründgens-Platz sind geplant für Samstag, 12. März und 2. April, und für Freitag, 22. April, jeweils 19.30 Uhr bis 21 Uhr, ohne Pause. www.dhaus.de