Düsseldorf: Pfarrgemeinderäte nehmen Stellung zur Situation in der katholischen Kirche
Das Erzbistum Köln formuliert die Aufgaben der Pfarrgemeinderäte in seiner Satzung: „Als Organ des Laienapostolats kann und soll der PGR gerade soziale und gesellschaftspolitische Aufgaben der Gemeinde eigenverantwortlich wahrnehmen. D.h., er soll … gesellschaftliche Probleme bedenken und ggf. entsprechende Maßnahmen beschließen sowie die Verantwortung der Pfarrei für Familie, Arbeitswelt, Technik und Umwelt sowie für Mission, Entwicklung und Frieden wecken und fördern”.
PGRs fordern konkrete Wende
Dieser Aufgabe haben sich Gaby Maaß (PGR St Antonius und Elisabeth, Hassels/Reisholz) und Angelika Erkelenz (PGR St. Matthäus, Garath/Hellerhof) gestellt, nachdem am 20. Januar 2022 das Gutachten über „Sexuellen Missbrauch im Bereich der Erzdiözese München und Freising“ veröffentlicht wurde am 24. Januar 2022 die ARD die Filmdokumentation “Wie Gott uns schuf – out in church. Für eine Kirche ohne Angst“ ausstrahlte. Sie schrieben die Mitglieder der 15 Pfarrgemeinderäte in Düsseldorf an und baten sie um Unterstützung zu einer Stellungnahme, in der sie ihrer Fassungslosigkeit und Empörung über die Zustände in der katholischen Kirche Ausdruck verleihen. Rund 60 Mitglieder aus neun Pfarrgemeinderäten stimmten der Stellungnahme mit ihrer Unterschrift zu. Einige antworteten nicht, andere widersprachen ausdrücklich der Zustimmung.
Die Stellungnahme im Wortlaut:
Das am 20. Januar 2022 veröffentlichte Gutachten über „Sexuellen Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising im Zeitraum 1945 bis 2019“ wurde sowohl von den Gutachter*innen als auch von der Öffentlichkeit als eine „Bilanz des Schreckens“ und eine „Bankrotterklärung für die kirchliche Missbrauchsaufarbeitung“ wahrgenommen.
Nicht einmal eine Woche später, am 24. Januar 2022 zeigte die ARD die Filmdokumentation “Wie Gott uns schuf – out in church. Für eine Kirche ohne Angst“, in der queere Mitarbeiter*innen der katholischen Kirche Gesicht zeigten und in bewegender und eindringlicher Weise über die Verletzungen berichteten, die Ihnen durch die Kirche angetan wurden.
Wir, Mitglieder der Pfarrgemeinderäte im Raum Düsseldorf, sind tief betroffen und fassungslos über das Ausmaß an Schuld, das unsere Kirche auf sich geladen hat und immer noch auf sich lädt. Menschen werden aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung oder ihres Geschlechts diskriminiert, Kinder und Jugendliche wurden und werden spirituell und körperlich missbraucht, Betroffene von Missbrauch werden nicht ernst genommen, Taten wurden und werden vertuscht.
Nicht nur im Erzbistum München und Freising, sondern überall im kirchlichen Umfeld leugnen immer noch Verantwortungsträger ihre Verantwortung an den Missbrauchstaten. Immer noch versuchen sie, die Institution Kirche zu schützen und ihre eigene Position zu retten und halten so an der Unmenschlichkeit des Systems Kirche fest. Wir fordern, dass sich die Verantwortungsträger endlich ihrer Verantwortung stellen.
Bloße Entschuldigungen reichen nicht mehr aus. Es braucht dringend eine Reform des Kirchenrechts, die einhergeht mit einer Reform des gesamten hierarchischen Systems der Kirche, das Missbrauch und Diskriminierung von Menschen erst möglich macht. Die katholische Kirche als Arbeitgeber ist gefordert, ihre Mitarbeiter menschlich und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen auszuwählen und zu behandeln und nicht an moralischen Maßstäben zu messen, die sie selbst nicht einzuhalten bereit ist. Es muss sichergestellt werden, dass Missbrauch verhindert wird, Betroffene von Missbrauch müssen angemessen finanziell unterstützt werden und unabhängige Beratungsstellen müssen eingerichtet werden.
Den vielen leeren Worten der Vergangenheit müssen nun echte Taten des grundsätzlichen Wandels in Richtung auf eine zukunftsfähige und den Menschen zugewandte Kirche folgen. Sonst wird Kirche gesellschaftlich bedeutungslos und gefährdet ihre Existenzberechtigung. Das würde nicht nur unsere Arbeit für diese unsere Kirche ad absurdum führen, sondern wäre auch ein weiterer massiver Verrat an der Botschaft Jesu.
Unsere Hoffnung: Der synodale Weg muss die Wende bringen, konkret und jetzt!
Unterzeichnende der Stellungnahme als Mitglieder der Pfarrgemeinderäte (PGR)
- PGR Str. Bonifatius: Hubert Herzner und Margret Stoffels
- PGR St. Margareta: Michael Kenning, Verena Schaper und Joachim Glasmacher
- PGR St. Matthäus: Markus Bonsmann, Angelika Erkelenz, Gaby Düber, Doris Lausch, Sonja Lohkemper, Peter Nübold, Christian Porfetje,
Ulrike Sassin, Veronika Schnabrich und Estelle Spohr - PGR Pfarrverband Eller-Lierenfeld: Carl Robert Artz, Bastian Braun, Joachim Decker, Lioba Grothe, Susanne Hoppe, Irene Kluth, Friedhelm Kronenberg, Ulrich Mastaler, Heike Prochaska, Karl-Theo Roloff, Stefan Voß und Sascha Wal
- PGR Pfarrverband Rheinbogen: Dr. Benno Altrogge, Dr. René Artiga Gonzáles, Daniel Kasomirowicz, Bettina Kranz, Martin Kürble, Wolfgang Steinebach, Reinhild Stratmann und Stefanie Ziaja
- PGR St. Franziskus-Xaverius: Abbe Billion, Andrea Brandenburg, Jessica Leschik, und Manfred Pulm
- PGR Heilige Familie Düsseldorf: Guido Kniesburges und weitere Mitglieder
- PGR St Antonius und Elisabeth (Hassels/Reisholz): alle Mitglieder