Düsseldorf: Bündnis für bezahlbaren Wohnraum deckt Fall von skrupellosen Immobilien-Entwicklern auf
*** Aktualisierung Mittwoch (22.12.) 18 Uhr: Trotz Zusicherung haben die Eigentümer die Wohnung nicht in einen bewohnbaren Zustand versetzt. Im Gegenteil, die Eigentümer sind offenbar untereinander nicht einig, wie in dem Fall verfahren werden soll. Leidtragender ist Schröder, dessen Möbel entsorgt wurden und der nicht weiß, wie es weitergeht. Nach der Berichterstattung meldeten sich auch Menschen beim Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, die in dem Objekt eine Wohnung gekauft haben. Auch dabei gibt es den Schilderung nach Probleme, da Termine und Zusagen nicht eingehalten wurden. ***
Hans-Jürgen Schröder hat eine Wohnung mit gültigem Mietvertrag, doch das Papier hilft ihm nichts. Der 69-Jährige ist obdachlos und schläft derzeit im Hofgarten. Die Verantwortung dafür tragen die Eigentümer der Immobilie Lennéstraße 1-3 in Düsseldorf Pempelfort. Denn dort hat Schröder eine 24 Quadratmeter große Wohnung, in der er seit 13 Jahren lebt.
Aber das Haus wurde 2018 an einen neuen Eigentümer verkauft, der sofort damit warb, das Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1953 zu sanieren und 18 Eigentumswohnungen zu errichten. Seitdem haben die Mieter mit Bauarbeiten, Dreck und Lärm zu kämpfen. Die Heizung funktioniert nicht, Wasser und Strom wurden größtenteils abgestellt.
Im Sommer 2021 bekam Schröder dann die Nachricht, er müsse seine Wohnung verlassen, da diese nun saniert würde. Die Dauer der Arbeiten war mit zwei Monaten angesetzt, für die ihm ein Hotelzimmer angeboten wurde. Schröder zog in das Hotel, eine weitere Mieterin ebenfalls. Die Wohnungen wurden leer geräumt, das Inventar unsachgemäß in den für jedermann zugänglichen Keller gepackt. Die Mieter hofften, dass es anschließend besser würde. Doch es wurde noch schlimmer.
Nachdem die Hotelrechnung für September und Oktober übernommen worden war, hieß es im November, das Hotel werde nicht mehr gezahlt. Während die Mieterin im Hotel blieb und durch Unterstützung ihrer Familie die monatlichen Kosten von rund 1200 Euro aufbringt, musste Schröder ausziehen, das konnte er sich nicht leisten.
Eigentümer verweist an Notschlafstelle
Die versuchte Kontaktaufnahme zum Vermieter scheiterte. Er resignierte und zog in den Hofgarten. Dort wurden die Streetworker auf den Obdachlosen aufmerksam und damit das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. Das Team erfuhr von dem skandalösen Verhalten der Eigentümer. Sie versuchten telefonisch die Situation zu klären, erhielten aber nur die Auskunft, Schröder könne ja in eine Notschlafstelle gehen.
Schröder bezieht Grundsicherung, das bedeutet, dass die Stadt Düsseldorf für die Mietkosten aufkommt. Da seit 2018 die Bauarbeiten im Haus erhebliche Beeinträchtigung für die Mieter bedeuten, hätte schon lange die Miete gemindert werden müssen. Stattdessen wurden die Zahlungen erst jetzt eingestellt. Über Uwe M. Warnecke, Jurist beim Mieterverein, wurde den Eigentümern jetzt eine Frist bis nach den Weihnachtsfeiertagen gesetzt, Schröder seine Wohnung oder Ersatzwohnraum zur Verfügung zu stellen. Eine einstweilige Verfügung wurde angedroht, sollte dem nicht entsprochen werden.
Druck durch Öffentlichkeit
Bei einem Pressetermin am Dienstagmittag (21.12.) wurde der Skandal von Hans-Jürgen Schröder und dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum vorgestellt. „Dass ein Mieter unverschuldet zu Weihnachten auf der Straße schlafen muss, weil der Vermieter seine Wohnung in einen unbewohnbaren Zustand versetzt hat, war für uns eine schockierende neue Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt“ sagt Bündnissprecher Johannes Dörrenbächer.
Offenbar spekulierte der Eigentümer mit dem Unwissen der Mieter, denn einige sind mit dem Versprechen einer Abfindung freiwillig ausgezogen – Geld haben sie aber nie gesehen. Obwohl im Haus weder die Heizung funktioniert und es keine geregelte Strom- und Wasserversorgung gibt, harren immer noch drei Mietparteien in ihren Wohnungen aus.
Einige Presseanfragen haben dem Eigentümer verdeutlicht, dass sein Vorgehen nun in die Öffentlichkeit kommt. Ob dies oder der Brief vom Anwalt der Grund waren: Gegenüber Johannes Dörrenbächer vom Bündnis signalisierte der Eigentümer am Dienstagnachmittag plötzlich Entgegenkommen. Er wolle Schröder am Mittwoch (22.12.) seine Wohnung übergeben, kündigte er an. Dass diese keine Küche mehr hat, die Wohnungstür fehlt, der Balkon abgerissen wurde, die Heizung nicht funktioniert und auch Wasser und Strom erst wieder angestellt werden müssen, machen dieses Vorhaben ehrgeizig. Vielleicht kennt der Eigentümer die Verhältnisse vor Ort nicht.
Wichtig ist auf jeden Fall, dass Hans-Jürgen Schröder nicht länger draußen schlafen muss. Zwei Obdachlose sind in den vergangenen Wochen bereits draußen erfroren.
Ddorf-aktuell wird am Mittwoch verfolgen, ob der Eigentümer seine Zusage einlöst.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum
Das Bündnis setzt sich nicht nur dafür ein, in Düsseldorf neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ein großes Problem sehen die Mitglieder in der Wandlung bestehenden Wohnraums. Mehrfamilienhäuser – oft in schlechtem Zustand – werden von sogenannten Immobilienentwicklern gekauft. Anschließend werden die Mieter, unabhängig von Alter oder Dauer der Mietverhältnisse, erst mit Mieterhöhungen und anschließend mit Sanierungs- und Modernierungsmaßnahmen konfrontiert werden. Ziel ist es, die Mieter zum Auszug zu bewegen. Denn die sanierten Wohnungen werden als Eigentumswohnungen verkauft oder zu deutlich höheren Mieten wieder angeboten. Mietpreise, die sich die alten Mieter meist nicht leisten könnten. Was für den einzelnen Mieter ein Schicksalsschlag ist, gegen den man sich vermeintlich nicht wehren kann, hat oft System. Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum stößt immer wieder auf ähnliche Vorgehensweisen und auch oft auf gleiche Namen von Immobilienentwicklern. Besonders in hochpreisigen Städten wie Düsseldorf haben diese eine große Gewinnspanne und das macht das Geschäft mit der Wohnungsnot lukrativ. So gibt es im Fall der Lennéstraße 1-3 einen Steinwurf weit entfernt auf der Schlossstraße bereits das nächste Mehrfamilienhaus des gleichen Eigentümers. Das Baugerüst steht noch davor.
Wer von ähnlichen Fällen verzweifelter Mieter*innen hört oder selber betroffen ist, kann sich bei Rilana Krick, Sprecherin des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum, unter Telefon 0179 / 535 84 60 oder Mail an mail@bezahlbarer-wohnraum-duesseldorf.de wenden. Hier erhalten Mieter*innen Beratung und durch das große Netzwerk können oft Zusammenhänge hergestellt werden, die skandalöse Machenschaften, wie auf der Lennéstrasse, aufdecken.