Borussia Düsseldorf: Karlsson wird Doppel-Weltmeister; Boll holt Bronze
Irgendwie scheinen die Tischtennis-Einzelweltmeisterschaften nicht das Turnier des Timo Boll zu sein. Bei den Titelkämpfen 2019 wurde der Borusse krank und kam nicht mehr aus dem Bett. Bei der WM 2021 im texanischen Houston (USA) zog sich der Linkshänder direkt zu Turnierbeginn eine Bauchmuskelzerrung zu, die ihm im Verlaufe der Wettkämpfe mehr und mehr zu schaffen machte. So kam für die „spielende Tischtennis-Legende“ das Aus in der Vorschlussrunde. Gegen den erst 19-Jährigen Schweden Truls Moregard unterlag der unter heftigen Schmerzen leidende Boll nach aufopferungsvollem Kampf mit 3:4 ((11:8, 11:8, 6:11, 8:11, 12:10, 8:11, 5:11) Sätzen. „Mit einer solchen Verletzung sieben Sätze durchzuhalten, das ist ein Match für die Geschichtsbücher”, kommentierte Hans Gäb, Borussias Verwaltungsratsvorsitzender und Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes, Bolls „Schlacht“. Der Rekord-Europameister musste sich mit einer Bronzemedaille begnügen.
Gold für Karlsson im Doppel
Für seinen Düsseldorfer Mannschaftskameraden Kristian Karlsson ging es auf dem Siegerpodest noch weiter nach oben. Der Schwede in Borussia-Diensten spielte sich zusammen mit seinem Landsmann Mattias Falck bis ins Finale der Doppel-Konkurrenz und gewann den Weltmeistertitel. „Es ist absolut euphorisch. Das ganze Turnier war einfach nur phantastisch. Wir haben die ganze Zeit über unser bestes Tischtennis gespielt“, meinte Karlsson nachdem er sich aus den Sieges-Umarmungen seines Doppelpartners befreien konnte. Zuvor hatte das „Schweden-Doppel“ die beiden Koreaner Woojin Jang und Jonghoon Lim mit 3:1 (11:8, 15:13, 11:13, 12:10) bezwungen.
Mit dem Coup des „Bundesliga-Doppels“, Karlsson spielt ja für Düsseldorf und Falck für Werder Bremen TT, hatte man nicht so wirklich gerechnet, standen ihnen doch im Viertelfinale und Halbfinale zwei scheinbar übermächtige chinesische Paarungen gegenüber. Doch weder die Kombination aus dem Weltranglistenersten Fan Zhendong mit der Nummer 16 Wang Chuquin, noch Gaoyuan Lin (Weltrangliste 7) und Jingkun Liang ((Wrl. 7) konnten die Siegesserie der beiden Bundesligaspieler beenden.
Bolls eisenharter Siegeswille
Im Einzelwettbewerb kam von den fünf gestarteten Borussen Boll am weitesten. Doch schon im Viertelfinale gegen den US-Amerikaner Kanak Jha hatte der Düsseldorfer Routinier Probleme, die harten Diagonalbälle, also die, bei den man ruckartig in die volle Körperstreckung gehen muss, zu erreichen. Nach diesen Ballwechseln griff er sich immer wieder an die Bauchmuskulatur. Boll war massiv angeschlagen, musste sich bei einem Timeout im vierten Satz sogar mit einem Eisbeutel massieren. Mit eisenhartem Siegeswillen und seiner enormen technischen und taktischen Fähigkeiten kämpfte der Düsseldorfer Jha mit 4:2 (4:11, 11:5, 12:10, 11:7, 11:9, 11:7) nieder. „Ich wusste nicht, ob ich vielleicht einfach hinschmeißen sollte“, gestand Boll. „Das Gefühl innerlich war nicht mehr schön, aber ich wollte zu Ende kämpfen und mir keinen Vorwurf machen, nicht alles gegeben zu haben. Das Schwierigste war, trotz des Dauerschmerzes noch klare Gedanken zu fassen. Ich habe mir dann einfache Punkte heraus gespielt – so verrückt kann Tischtennis sein.“
Bis zum Halbfinale am nächsten Tag gab Borussia-Mannschaftsarzt Toni Kass sein bestes, um Boll spielfähig zu machen. Das gelang, aber von fit konnte keine Rede sein. Doch Bolls Ehrgeiz war ungebrochen. „Wenn man in einem WM-Halbfinale ist, zieht man einfach durch, gibt alles und schaut dann nachher, wo die Körperteile liegen“, war Bolls Motto. Die Körperteile rund um die Bauchmuskulatur fand der Kämpfer während des Matches nicht immer in ausreichendem Maße. Der Borusse, der bisher eher als eleganter Techniker in Erscheinung getreten war, zog trotzdem eine positive Bilanz. „Ich bin glücklich, es geschafft zu haben, noch einmal bei einer WM eine Medaille zu gewinnen. Mit fast 41 kann man das nicht mehr erwarten. Das ist eine wirklich eine schöne Geschichte”, so das Fazit des Bronzemedaillengewinners.