Stadt Düsseldorf reagiert endlich und will E-Scooter-Betrieb neu regeln
Bereits bei seiner Sicherheitspressekonferenz in der vergangenen Woche machte Oberbürgermeister Stephan Keller keinen Hehl daraus, dass er die E-Scooter in Düsseldorf eher als Problem sieht und nicht als Beitrag zu Verkehrswende. Zu groß sind die Beschwerden über wild abgestellte Scooter und Nutzer, die offenbar die Straßenverkehrsordnung nicht kennen. Die Stadtverwaltung hat bisher für 12.700 E-Scooter Sondernutzungserlaubnisse erteilt, die sich auf fünf Anbieter verteilen. Die Ende Oktober auslaufenden Verträge sollen so nicht verlängert werden. Im Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA) soll am 27. Oktober die “Scooter-Strategie für den Umgang mit E-Scooter-Sharing in Düsseldorf” diskutiert und verabschiedet werden. Ziel ist es die Anzahl zu reduzieren und das Abstellen zu reglementieren.
Seit Mitte 2019 gibt es E-Scooter in Düsseldorf und von Anfang an standen eher der Spaß an der schnellen Fortbewegung im Mittelpunkt, als der Aspekt der Verkehrswende, mit dem Ziel die Menschen vom Auto weg auf andere Verkehrsmittel zu bewegen. Warum die Stadtverwaltung immer neue Sondernutzungserlaubnisse ausgestellt hat und es mittlerweile 12.700 (Stand August 2021) E-Scooter in Düsseldorf gibt, steht in dem Konzept zum zukünftigen Umgang nicht. Unklar ist auch, wie viele E-Scooter es tatsächlich im ganzen Stadtgebiet gibt, da sich die Anbieter seit einigen Monaten nicht nur auf die Innenstadt beschränken, sondern alle Stadtteile mit ihren Rollern fluten.
Aber das soll sich nun ändern. Das Amt für Verkehrsmanagement hat unter Beteiligung weiterer Fachämter, städtischer Töchter und Ordnungsbehörden ein Konzept entwickelt.
Aufteilung in zwei E-Scooter-Gebiete
Der Innenstadtbereich mit Altstadt, Carlstadt und Stadtmitte ist als Gebiet A definiert. Die übrigens Stadtteile als Gebiet B. Im Gebiet A soll das Abstellen der E-Scooter künftig nur noch auf festgelegten Stationen möglich sein, die zum Teil bereits eingerichtet wurden. Im Gebiet B dürfen die E-Scooter immer noch überall im öffentlichen Raum abgestellt werden. Lediglich in einigen Stadtteilzentren und Orten, an denen aus Gründen der Sicherheit und/oder des Straßen- oder Stadtbildes ein Verbot des “free floating”-Prinzips begründbar ist, sollen Ausnahmen festgelegt werden. Geplant ist es, im Gebiet B ein ergänzendes Angebot an E-Scooter Stationen an ÖPNV- und SPNV-Haltestellen zu errichten. Stationen am Rande von städtischen Grünanlagen sollen herumliegende Fahrzeuge in den Anlagen verhindern.
Anzahl der E-Scooter
Das Konzept sieht eine Reduzierung der E-Scooter-Anzahl vor. Auf Basis der zur Verfügung gestellten Abstellmöglichkeiten soll die Menge im Innenstadtbereich auf 1.800 Stück festgesetzt werden. Im übrigen Stadtgebiet wird eine Obergrenze von 4.700 E-Scootern angestrebt. Die Gesamtflottengröße liegt demnach bei 6.500 Fahrzeugen, statt bisher 12.700. Für die Neuvergabe der Sondernutzungserlaubnis wird ein gerechtes und transparentes Auswahlverfahren angestrebt. Die Kontingente sollen gleichzeitig und gleichmäßig an alle Interessenten verteilt werden. Die ausgestellten Sondernutzungserlaubnisse gelten jeweils für ein Jahr.
Es wird teurer für die Anbieter
Die neue Sondernutzungssatzung sieht eine Erhöhung der Sondernutzungsgebühr pro Fahrzeug von 20 auf 50 Euro pro Jahr vor. Die Anbieter werden verpflichtet, die Fahrzeuge zeitnah umzuverteilen und falsch abgestellte E-Scooter zügig zu entfernen. Wenn sie dem nicht nachkommen, will die Stadt die Fahrzeuge entfernen und dies den Anbietern in Rechnung stellen. Die Überprüfung der E-Scooter-Verteilung soll künftig über ein Dashboard erfolgen, auf dem die relevanten Mobilitätsdaten in Absprache mit den Anbietern einfließen. Damit erhält die Stadt eine Möglichkeit der Auswertung und Veranlassung weiterer Maßnahmen.
Freiwillige Selbstverpflichtung
Mit den neuen Verträgen sollen sich die E-Scooter-Anbieter zu freiwilligen Maßnahmen verpflichten, um das ordnungsgemäßen Abstellens der E-Scooter, die Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie den Umweltschutz zu fördern. Dazu gehören beispielsweise die Nutzung von ausschließlich emissionsfreien Fahrzeugen für den Austausch der Akkus, der Einsatz von Ordnungspersonal durch die Anbieter oder die Erprobung neuer technischer Lösungen bei der Ortung der Fahrzeuge. In regelmäßigen Qualitätskontrollgesprächen zwischen Stadt und den Sharing-Anbietern soll die Wirksamkeit der Maßnahmen abgestimmt werden.
Kontrolle der Nutzer
Neben den Verträgen mit den Anbietern soll es Schwerpunktkontrollen der Nutzer ebenso wie E-Scooter-Aktionstage geben.
Gesetzliche Regelung
Die Stadt Düsseldorf weist darauf hin, dass es auf Bundesebene weiteren Klärungsbedarf hinsichtlich verschiedener Rechtsgrundlagen gibt. So ist eine rechtsverbindliche Regelung erforderlich, die die Nutzungsvoraussetzungen für Elektrokleinstfahrzeuge, das Deklarieren von Sperrbezirken für E-Scooter und Differenzierungsmöglichkeiten zwischen Fahrrädern und Elektrokleinstfahrzeugem definiert. Aktuell sind E-Scootern den Fahrrädern gleichgestellt, so dass eine Verbotszone Auswirkungen auf beide Fahrzeuge hätte – was in Bezug auf Fahrrädern im Sinne der Verkehrswende von der Stadt nicht gewünscht ist.
Reaktion von Anbieter TIER
Lawrence Leuschner, CEO und Mitgründer von TIER, reagierte am Mittwoch auf die Pläne der Stadt und erklärte: “Basierend auf unserer Erfahrung aus über 150 Städten in 16 Ländern wissen wir, dass mehr Auflagen und Gebühren allein nicht zielführend sind. Vielmehr haben sich Ausschreibungen als eine gute und effiziente Lösung bewiesen, und wir haben gesehen, wie andere europäische Städte die Herausforderungen und Probleme gelöst haben. Düsseldorf sollte die Möglichkeit nutzen, selbst über die Anzahl der Anbieter und vor allem deren Qualität zu entscheiden, wie es London, Paris oder Leipzig bereits erfolgreich vorgemacht haben.” Er rät der Stadtspitze auf die Erfahrungswerte und bewährte Konzepte zu setzen und bewertet das Konzept als unausgereift mit halbherzigen Ansätzen.