Düsseldorf Kriminalität: 31 Razzien gegen einen libanesisch-deutschen Clan aus Leverkusen
Mit einem lauten Knall und kurz darauf einer Explosion begann gegen 6 Uhr der Dienstag (8.6.) in Leverkusen Rheindorf. Ein Polizeipanzer des Spezialeinsatzkommandos rammte das Tor zur einem Villen-Grundstück. Wenig später zündeten Polizeibeamte eine an der Eingangstür angebracht Sprengladung: Razzia gegen einen libanesisch-deutschen Clan, der im Lagebild Clankriminalität NRW aus dem Jahr 2019 auf Rang zwei steht.
Vier Festnahmen
Das Familienoberhaupt (46), seine Ehefrau (42) und die beiden Söhne (24 und 26 Jahre alt) wurden festgenommen. Zeitgleich liefen Razzien an 31 Adressen in Nordrhein-Westfalen an. Eine davon – ist in Düsseldorf. Die Einsatzleiterin, die meisten Ermittler und der verantwortliche Staatsanwalt – sie alle kommen aus Düsseldorf. Rund 600 Polizeibeamte waren in 15 NRW-Städten im Einsatz.
Innenminister Reul erfreut
Innenminister Herbert Reul (CDU) ging am Mittag im Düsseldorfer Landtag vor die Presse und sprach von einem „Schlag gegen die erste Liga der Clankriminalität“. Über viele Jahre hinweg soll die Familie in Leverkusen in einer Villa gelebt, sich aber gegenüber dem Jobcenter als mittellos dargestellt und unrechtmäßig Sozialleistungen in sechsstelliger Höhe bezogen haben. Die weiteren Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten auf gewerbsmäßigen Bandenbetrug und Geldwäsche.
Kriminaldirektorin Heike Schultz leitete den Einsatz am Dienstag.
Die Einsatzleiterin der Düsseldorfer Polizei, Kriminaldirektorin Heike Schultz, sagte im Rahmen einer Pressekonferenz am Nachmittag, dass seit 2015 Beweise gegen die Familie gesammelt wurden. Es gebe zurzeit mehr als 30 Beschuldigte. Allein in dem Haus der angeblich von Sozialleistungen lebenden Familie seien 290.000 Euro Bargeld, Gold und Schmuck sowie mehrere Autos sichergestellt worden.
Der Düsseldorfer Staatsanwalt Julius Sterzel hat die Ermittlungsergebnis rechtlich zu bewerten.
Wenn es nach dem verantwortlichen Düsseldorfer Staatsanwalt Julius Sterzel geht, bekommen die Beschuldigten ihre Gelder und Sachwerte nicht so wieder. Das Land habe über insgesamt 798.000 Euro einen Vermögensarrest verhängt. Für die Dauer des Verfahrens haben die Betroffenen keinen Zugriff mehr auf ihre Vermögenswerte – völlig unabhängig davon, ob diese rechtmäßig oder unrechtmäßig erworben wurden. Das gesamte wirtschaftliche Leben eines Beklagten soll so stillgelegt werden.
Die Clan-Villa sei von einem der Söhne erworben und an die Familie vermietet worden. Die Kreditkosten wurden über die monatlichen Mietzahlungen des Jobcenters Leverkusen bezahlt, sagt die Polizei.
Auch für die Villa, die dem Sohn des Clanoberhaupts gehört und an die Familie für 1900 Euro im Monat weitervermietet wurde, sei der Hinweis „Beschlagnahmt“ im Grundbuch eingetragen worden. Noch am Nachmittag buddelten Polizisten auf dem Grundstück und gingen mit einem Bodenradar auf die Suche nach weiteren Geldverstecken.
Der Vizechef des Landeskriminalamts, Thomas Jungbluth, berichtete von den umfangreichen Finanzermittlungen, auf deren Basis die Razzien am Dienstag starteten.
Der Vizechef des Landeskriminalamtes, Thomas Jungbluth, stellte kurz dar, dass umfangreiche Finanzermittlungen notwendig gewesen seien, um die Vorwürfe gegen den Clan belegen zu können. Das Jobcenter Leverkusen haben nicht erkennen können, dass es mit seinen Zahlungen gewissermaßen die vom Son erworbene Villa abbezahlte. Neben fingierten Gehaltszahlungen flossen Gelder von angeblichen Kreditgebern. Hier gehen die Ermittler davon aus, dass auf diesem Umweg Schwarzgeld des Clans gewaschen wurde.
Viele hundert Straftaten
Der 46 Jahre alte Hauptbeschuldigte habe zudem als sogenannter Schlichter gearbeitet – und sei im Streitfall zwischen kriminellen Familien hinzugerufen worden, um Lösungen zu finden. Sobald eine Partei seinem Spruch nicht folgen wollte, sei ein Besuch der Familie angekündigt worden. Insgesamt würden dem Clan aus Leverkusen 441 Straftaten, verübt von 227 Tatverdächtigen zugerechnet.
Die Beamten sagten am Dienstagnachmittag: Die Ermittlungen sind noch lange nicht beendet.