Düsseldorf: Rund 250 Bürger*innen diskutieren beim 1. Dialogforum über die Zukunft der Oper
Dass die Mitwirkung der Düsseldorfer*innen bei der Entscheidung zur Zukunft der Oper allen Verantwortlichen sehr wichtig ist, wurde am Dienstagabend (18.5.) beim ersten Dialogforum zum Thema deutlich. Rund 250 Interessierte informierten sich über Zoom und Youtube und diskutierten mit. Dabei hatten sie die Möglichkeit ihre Meinung in zwei Abstimmungen anzuzeigen. Das Format kam gut an, immerhin 91 Prozent der Teilnehmer*innen wollen am 10. Juni beim zweiten Forum wieder dabei sein.
Erstes Forum für die Bürger*innen
Die Moderation des Dialogforum übernahm Maria Beck (MB Performance Beratung), die es gut verstand, die Interessierten an den heimischen Bildschirmen einzubeziehen und ihre Fragen weiterzuleiten. Im Gegensatz zu anderen Öffentlichkeitsbeteiligungen, bei denen oftmals lokal nicht verankerte Berater durch die Veranstaltungen führen, gelang es Beck den Düsseldorfer Blick einzubringen und Sprachrohr der Teilnehmer*innen zu werden.
Maria Beck moderierte sehr sympathisch, Foto: Screenshot
Beginn des Entscheidungsprozesses
Auf dem Podium hatten sich Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, der später durch Bürgermeisterin Clara Gerlach vertreten wurde, Kulturdezernent Hans-Georg Lohe und von der Oper Prof. Christoph Meyer und Alexandra Stampler-Brown eingefunden. Veranstaltungsort war eine der Probebühnen in der fünften Etage des Opernhauses.
Im ersten „Akt“ wie die Moderatorin es nannte, wurde die Analyse der Verwaltung zur Situation der Oper vorgestellt und wie eine zukunftsfähige Oper aussehen kann. Dabei wurde deutlich, dass alle auf dem Podium die Oper für Düsseldorf als Leuchturmprojekt sehen, ein Neubau die favorisierte Lösung ist, dem Status als Kulturstadt ein erheblicher Aufschwung verschafft werden soll und die neue Oper als Treffpunkt für möglichst viele Menschen vorgesehen ist.
Einen Gastbeitrag zum Thema "Opernhaus als Mehrwert für alle" hielt Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins. Er lobte Düsseldorf für den transparenten und offenen Prozess vor der Entscheidung zur Zukunft der Oper und verwies auf erfolgreiche Umsetzungen in anderen Städten wie Oslo, wo die Öffnung des Hauses für die Bürger*innen bereits gelungen ist. „Wagen sie was“ motivierte er Bürger*innen und Verantwortliche.
Clara Gerlach wünschte sich weiter viel Schwung in der Öffentlichkeitsbeteiligung und betonte: „Es soll mehr werden, als das Opernhaus heute ist. Das muss es auch werden, damit möglichst viele Menschen kommen. Dafür ist die Bürgermeinung sehr wichtig“.
Online-Dialog und analoge Informationen
Die rund 250 Bürger*innen, die über Zoom oder Youtube am Dialogforum teilnahmen, erhielten eine Zusammenfassung der Informationen und wurden motiviert, auf der der Homepage www.dialog-opernhaus-duesseldorf.de mehr Details zu erfahren und ihre Ideen und Fragen einzubringen. Etwa 70 Fragen wurden am Abend online gestellt und zahlreiche davon gleich im Chat oder durch die Podiumsteilnehmer*innen beantwortet. Aber auch ganz analog können sich Interessierte informieren, da in den Schaufenstern der Geschäfte an der alten Kämmerei eine Ausstellung die aktuelle Situation und die Alternativen zur Oper zeigt. Wer neben der Online-Möglichkeit seine Anregungen oder Meinung per Brief äußern möchte, kann dies an das betreuende Büro unter der Anschrift „ISR Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH, Friedrich-Ebert-Straße 1, 40210 Düsseldorf, mit dem Stichwort "Opernhaus der Zukunft"“ tun oder in die Box im Foyer des Rathauses einwerfen.
Zahlreiche Beteiligungsformen
Deutlich wurde, dass die Entscheidung das Ergebnis von vielen Gesprächen sein wird. Zum ersten Mal wird dabei auch ein Bürgerrat gebildet, der sich in drei separaten moderierten Diskussionsrunden zum Thema eine Meinung bildet. Aufgeteilt in drei Gruppen zu jeweils zehn Personen nehmen daran jeweils sechs zufällig ausgewählte Düsseldorfer*innen, ein/e Opernabonnent*in, ein/e Ensembelsprecher*in, ein Mitglied der Opernbelegschaft und ein/e Vertreter*in des Jugendrats teil. Die Sitzungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, damit der Bürger*innen-Rat sich in einem geschützten Raum austauschen kann. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse werden im dritten Diskussionsforum der Öffentlichkeit vorgestellt.
Auf der Homepage wird aktuell informiert und weitere Veranstaltung sind geplant, Foto: Screenshot
so geht es weiter
Weitere Dialogforen mit Expertinnen und Experten sind am Donnerstag, 10. Juni, und am Mittwoch, 25. August geplant. Die Informationen auf der Website werden um die jeweiligen Ergebnisse ergänzt. Alle Aspekte fließen in den Entscheidungsprozess ein. Die Ergebnisse werden in einer Beschlussvorlage zusammengeführt, über die dann Ende 2021 die politischen Gremien entscheiden. Ist dieser Bedarfsbeschluss erfolgt, in dem der finanzielle Rahmen zuerst grob geplant wird, ist der nächste Schritt der Ausführungs- und Finanzierungsbeschluss, in dem die Kosten detailliert berechnet werden. Dieser wird etwa 2024/2025 erwartet. Die Eröffnung einer neuer Oper ist daher auf „203+“ geschätzt.
Zukunft der Oper
Analyse der Situation
Die Oper in der heutiger Form hat nicht nur zahlreiche bauliche, technische und funktionale Mängel, sie erfüllt auch nicht mehr die Anforderungen an eine moderne Bühne. Das Gebäude war ursprünglich 1875 als Stadttheater errichtet worden. Teile wurden im Krieg zerstört. Insbesondere fehlen der Oper eine zweite Seitenbühne sowie Proberäume. Die aktuellen Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinien werden nicht erfüllt. Zur Sicherstellung des Spielbetriebs wurde bereits für rund 9,6 Millionen Euro saniert. Weitere Arbeiten für 950.000 Euro werden in der Sommerpause 2021 erledigt. Jederzeit können neue Kosten anfallen.
Option Basissanierung
Würden die dringlichsten funktionalen Mängel behoben, hätte dies sofort Auswirkungen auf die baurechtlichen Anforderungen, da der Bestandsschutz des Gebäudes damit verloren ginge. Probenflächen und Räume müssten weiter dezentral angemietet werden. Die geschätzten Kosten für eine Basissanierung lägen bei 457 Millionen Euro. Die Stadt Köln hat gezeigt, dass dies auch viel teurer werden kann. Dort sollte die Modernisierung der Oper ursprünglich 253 Millionen Euro kosten. Jetzt rechnet man unter Berücksichtigung der Kosten für Ausweichquartiere und Finanzierung mit fast einer Milliarde Euro.
Option erweiterte Sanierung
Zusätzlich zur Basissanierung würde das Hinterhaus der Oper neu strukturiert und im Norden ein Erweiterungsbau entstehen, der Platz für eine zweite Seitenbühne und eine Studiobühne bieten würde. Dezentrale Flächen könnten integriert werden. Der Bestandsschutzes würde auch hier verloren gehen. Die Kosten werden auf etwa 650 Millionen Euro geschätzt.
Option Neubau
Ein Neubau könnte die Anforderungen an einen modernen Opernbetrieb mit Studiobühne, zweiter Seitenbühne, Probebühnen, Parkplätzen und Flächen für die Öffentlichkeit erfüllen. Dezentral angemietete Flächen würden größtenteils integriert. Je nach Standort und Flächenangebot könnte der Neubau mit einem reduzierten oder vollen Raumprogramm umgesetzt werden. Bei einem Neubau am jetzigen Standort wären der Abbruch des Bestandsgebäudes und die Einrichtung einer Interimsspielstätte erforderlich. Die geschätzten Kosten liegen bei 716 Millionen Euro. Diese Alternative würde einen größeren Eingriff in den Hofgarten bedeuten, um den zusätzlichen Flächenbedarf zu decken.
Ein Neubau an einem anderen Standort würde einen Interimsbau überflüssig machen. Die Kosten werden auf 636 Millionen Euro geschätzt, wobei der Preis des Grundstücks dabei noch nicht berücksichtigt ist.
Für eine Ersatzspielstätte bei einer Sanierung des Opernhauses sowie den möglichen Neubau an einem alternativen Standort hat die Verwaltung freie Grundstücke analysiert und eine Liste von 28 Flächen erstellt. Diese erstrecken sich über das gesamte Stadtgebiet: am Hofgarten, im Hafen, am ehemaligen Standort Kaufhof Am Wehrhahn, am Rheinbad, am ISS-Dome, an der Reuterkaserne, im Volksgarten, am Großmarkt oder im Süden der Stadt an der Bonner oder Hildener Straße.
"Opernkonzeption 203+"
Das Team der Oper hat eine Vision für ein Opernhaus der Zukunft erarbeitet, die neben den baulichen Aspekten mit in die Öffentlichkeitsbeteiligung aufgenommen werden soll.
Prof. Christoph Meyer wirbt für einen Neubau: "Mit der Entscheidung für das Opernhaus 203+, für einen Neubau, würden die Weichen für eine Zukunft Düsseldorfs als Opernstandort und Kulturstadt gestellt. In unserer Vision wäre das Opernhaus 203+ ein nahezu rund um die Uhr geöffnetes, lebendiges Haus. Mit attraktiver Architektur, flexiblem Raumangebot und moderner Bühnentechnik könnte es zukunftssichere Rahmenbedingungen sowohl für hochkarätige Oper und Ballett, als auch die breite gesellschaftliche Öffnung von Gebäude und Kunstform bieten."