Düsseldorf: Bündnis für bezahlbaren Wohnraum kritisiert mit Protestaktion wie AirBnB die Wohnungsnot verschärft
Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum hat offenbar den Finger in die Wunde gelegt, als sie am Donnerstag (15.8.) anhand des Beispiels eines Vermieters aufzeigten, wie viele Wohnungen durch AirBnB dem Wohnungsmarkt entzogen werden. An der Schmiedestraße ist ein Haus bereits zu einem Drittel in Appartements gewandelt, die auf der AirBnB-Plattform zu Mietpreisen von über 60 Euro den Quadratmeter angeboten werden. Die Vermieter fühlen sich im Recht und versuchten die Protestaktion durch wüste Drohungen zu verhindern. *** Aktualisiert um eine Stellungnahme von AirBnB am Ende des Artikels.
Das Haus in Oberbilk ist nur ein Bespiel, wie mit Wohnungen viel Geld verdient wird, wenn sie nicht an Dauermieter vergeben werden
Ihre Angebote sind kurzfristig aus dem AirBnB-Portal verschwunden, dabei waren bis vor kurzem sieben der 21 Wohnungen in dem Haus an der Schmiedestraße zu Preisen zwischen 61 und 530 Euro pro Tag eingestellt. Eine der Wohnungen hatte das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum für ihre Protestaktion angemietet, um zu verdeutlichen, wie viele Wohnungen auf diesem Wege den Wohnungssuchenden in Düsseldorf entzogen werden. Da die Vermieter vorab vom Protest erfahren hatten, wurden die Schlösser der Wohnung ausgetauscht und Initiator Johannes Dörrenbächer Hausverbot erteilt und telefonisch und per Mail bedroht.
21 Wohnungen gibt es in dem Haus, an sieben Klingeln stehen klangvolle Namen mit dem Zusatz "Appartement"
Die Polizei und AirBnB wurden von den Vermietern informiert, aber sie sahen in der Aktion des Bündnisses kein Problem – kann doch jeder in den angemieteten Wohnungen machen was er will. Genau dies ist eins der Probleme der Dauermieter des Hauses an der Schmiedestraße. Denn die AirBnB-Gäste wechseln seit zwei Jahren ständig, machen Lärm, randalieren und die Nebenkostenabrechnungen verschieben sich zu ihren Ungunsten. Aktuell ist die Haustür provisorisch verklebt, da offenbar die Tür eingeschlagen wurde, an den Metallbeschlägen sind noch die Spuren der Gewalt zu erkennen. Eine der Wohnungen in dem Haus wird für stolze 530 Euro pro Tag auf AirBnB angeboten, was den Vermietern einen monatlichen Ertrag von fast 16.000 Euro beschert. Dabei sind Extras und Reinigungskosten noch nicht enthalten.
Aktion gegen Zweckentfremdung
Am Donnerstagnachmittag (15.8.) haben sich Mitglieder des Bündnisses vor dem Haus versammelt und Protestplakate ausgerollt. Das erregte Aufmerksamkeit auch bei einigen Personen, die offenbar ebenfalls als Vermieter tätig sind. Sie empörten sich über die Aktion und argumentierten, sie würden schließlich hohe Steuern für die Wohnungen bezahlen und damit könne die Stadt ja preiswerten Wohnraum bauen. Dass sie zur Wohnungsnot in Düsseldorf beitragen, wollten sie nicht einsehen.
Beschluss im Rat
Am 29. August wird der Rat der Stadt Düsseldorf über eine Zweckentfremdungssatzung, oder wie es im Antrag der Ampelkoalition heißt, über eine Wohnraumschutzsatzung, beraten. Wenn der Tagesordnungspunkt denn diesmal drankommt. Denn in der Mai-Sitzung hatte die Ampel weiteren Beratungsbedarf, weshalb nicht über den Antrag der Linken abgestimmt wurde, in dem sich klar gegen die Zweckentfremdung ausgesprochen wurde. Zur Sitzung im Juli legte die Ampel einen eigenen Antrag vor, der sich weitgehend an die Satzung in Münster anlehnt. Damit soll gegen die gewerblichen AirBnB-Vermieter vorgegangen werden und die Menschen und Firmen, die Wohnraum bewusst leer stehen lassen, betonte damals Manfred Neuenhaus, Fraktionschef der FDP, gegenüber report-D. Doch die Tagesordnung der Ratssitzung war zu voll, der Punkt kam nicht dran und so gibt es nun am 29. August eine Sondersitzung .
Über 3000 AirBnB-Wohnungen in Düsseldorf, für die VErmieter ein lohnendes Geschäft – das nachsehen haben Menschen, die bezahlbaren Wohnraum suchen
Diskussionen über die Inhalte
Das Bündnis für Bezahlbaren Wohnraum und der Mieterbund sehen in dem Antrag der Ampel keine ausreichende Handhabe gegen Zweckentfremdung. Die Gültigkeit des Ampel-Antrags umfasst zweckentfremdete Wohnungen ab in Kraft treten der Satzung, wenn sie länger als 12 Monate leer stehen, ohne das eine Renovierung oder Sanierung erfolgt oder im Falle von Airbnb Vermietung für eine kurze Dauer an ständig wechselnde Bewohner erfolgt. Außerdem sieht der Antrag eine Befristung der Satzung auf zwei Jahre vor. Vorschriften und Maßnahmen, wie die Satzung von der Verwaltung durchgesetzt werden soll, enthält der Entwurf der Ampel nicht.
Kritiker interpretieren den Entwurf als Bestandsschutz für Zweckentfremdung. Denn die rund 3.000 Wohnungen, die schon jetzt dem Wohnungsmarkt durch AirBnB entzogen seien, würden damit nicht zu regulären Mieten in den Wohnungsmarkt zurückgeführt. Joachim Witzke, Vorsitzender des Düsseldorfer Mietervereins, plädiert dafür, dass Vermieter von Airbnb eine Genehmigung beantragen müssen, was auch die Prüfung auf Zweckentfremdung einfacher mache. Denn die Stadtverwaltung könne ohne Informationen weder Leerstand noch Airbnb-Vermietung verfolgen.
Städte wie Köln und Bonn gehen wesentlich strikter gegen Zweckentfremdung vor, was sich das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum auch für Düsseldorf wünscht. Die Linken werden in ihrem Antrag deutlich konkreter und fordern eine Ausgleichszahlung von 475 Euro pro Quadratmeter und Jahr, wenn Zweckentfremdung vorliegt.
Aktualisierung
AirBnB
Nach Veröffentlichung des Artikel erreichte report-D ein Statement von AirBnB, in dem negative Effekte auf den Wohnungsmarkt verneint werden. Die Plattform beruft sich dabei auf aktuelle wissenschaftliche Studien und auf eine Anhörung im Landtag von NRW. „Homesharer entziehen dem Wohnungsmarkt keinen Wohnraum, da sie ihre eigene Wohnung überwiegend selbst zu Wohnzwecken nutzen und beispielsweise nach Abwesenheit durch Urlaub, Geschäftsreisen oder Auslandsaufenthalte wieder selbst bewohnen“, heißt es in der Stellungnahme. „Nur 0,07% des Wohnungsbestands in Düsseldorf sind Wohnungen, die mehr als die Hälfte des Jahres auf Airbnb vermietet werden. Darunter fallen auch Angebote des traditionellen Gastgewerbes wie Serviced Apartments“, betont AirBnB weiter. Selbst beauftragte Studien hätten ergeben, dass AirBnB keine signifikante negative Wirkung auf die Wohnungsmärkte in den vier betrachteten Städten Berlin, Hamburg, München und Dortmund hätte.
Kommentar: Offenbar weiß AirBnB nicht, wer bei ihnen vermietet, denn das Beispiel der Schmiedestraße zeigt deutlich, dass die Vermieter wohl kaum in ihren zwölf angebotenen Wohnung selber leben. AirBnB verweist als wissenschaftlichen Beleg auf eine Studie „Sharing Economy im Wirtschaftsraum Deutschland“ des Bundeswirtschaftsministerium. Dessen Verfasser betont, dass es zum Angebot an Unterkünften der Sharing Economy in Deutschland keine amtlichen Daten gebe, was eine belastbare Analyse des Angebots erheblich erschwere. Dass eine selbst in Auftrag gegebene Studie dem AirBnB keinerlei schädliche Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt bescheinigt, lassen wir unkommentiert. AirBnB könnte ihr Angebot transparent gestalten, indem sie die Vermieter zur Offenlage gewisser Informationen verpflichtet, die erkennen lassen, ob es sich um eine kurzzeitige Vermietung während eines Urlaubes durch Privatleute handelt oder um Zweckentfremdung.
aktualisert 16.08.2019, 14:45 Uhr