Düsseldorf: „Du Jude!“ Sonderausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte
Antisemitisch sind nicht nur gewalttätige Anschläge wie im Oktober 2019 in Halle, beschreibt der Direktor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Rubinstein, es beginnt mit Worten. Diese Erfahrung hat er selber machen müssen. In der Sonderausstellung: "Du Jude! – Alltäglicher Antisemitismus in Deutschland" in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, sind auf Schautafeln Beispiele für den Judenhass der Gegenwart aufgezeigt und die Jüdische Gemeinde hat Briefe zur Verfügung gestellt, in denen der Judenhass deutlich formuliert wird.
Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, Kulturdezernent Hans-Georg Lohe, OB Thomas Geisel und Michael Rubinstein werden von Dr. Bastian Fleermann durch die Ausstellung geführt
Am Montag gab es bei einem Presserundgang erste Eindrücke zur Ausstellung, die seit Dienstag (25.8.) für die Öffentlichkeit geöffnet ist. Erschreckend deutlich wird dabei, dass Jugendfeindlichkeit kein historisches Phänomen ist. Für viele Juden und Jüdinnen ist es Alltag. Michael Rubinstein berichtet wie er als 10-Jähriger von einem Mitschüler den Spruch hörte „dich hätte man gleich mit vergasen sollen“. Gut erinnert er sich auch noch an einen anonymen Brief Jahre später, der mit einer Rasierklinge präpariert war. Erfahrungen wie diese hat auch sein Vorgänger, Michael Szentei-Heise, gemacht und 17 Briefe, die an ihn oder die Jüdische Gemeinde gerichtet waren, für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Das Team der Mahn- und Gedenkstätte hat sie aufbereitet und recherchiert. Trotz einiger Klarnamen wurde nie ein Täter identifiziert und zur Rechenschaft gezogen. Manche Brief zeugen von einfachen Gemütern als Absender, aber es sind auch sorgfältig ausformulierte Exemplare dabei, bei denen offenbar mit juristischem Sachverstand die Worte so gewählt wurden, dass sie an der Grenze des justiziablen sind. „Juden wir haben euch im Auge“ sind deutliche handschriftliche Worte eines anonymen Absenders, wie auch „An alle Juden auch Ratten genannt! Ihr habt unseren geliebten Führer durch eure Habgier in den Wahnsinn getrieben und später zum Selbstmord ihr verfluchten Ratten!!!“.
17 Briefe und Karten wurden für die Ausstellung aufbereitet
Auf 21 mobilen Tafeln stellt die vom Projekt „Jederzeit wieder! Gemeinsam gegen Antisemitismus“ der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit konzipierte Wanderausstellung, den Zusammenhang zwischen Antisemitismus und dem Alltag von Jugendlichen her. Mit Beispielen aus den Bereichen Musik, Sport, Internet und Schule wird Judenfeindschaft aufgezeigt. Die Besucher*innen erhalten somit Einblick in die Perspektive und den alltäglichen Erfahrungen von Juden und Jüdinnen und der Bedrohungslage.
Die Ausstellung ist im Obergeschoss der Mahn-und Gedenkstätte aufgebaut
"Ich halte das für einen ganz wichtigen Düsseldorf-Bezug, der die Antisemitismus-Ausstellung ergänzt und bereichert", so Gedenkstättenleiter Dr. Bastian Fleermann. "Diese Briefe zeigen plastisch, dass Antisemitismus kein theoretisches Problem ist, sondern eine aktuelle und akute Bedrohungslage für jüdische Menschen in unserer Stadt." Dabei betont Fleermann, sei es irrelevant in linken, rechten oder muslimischen Antisemitismus zu unterscheiden. Wichtig ist ihm, dass in der Ausstellung auch Handlungsoptionen aufgezeigt werden.
Andrea Sonnen, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Düsseldorf: "Die beiden Ausstellungen zeigen sehr deutlich auf, dass Antisemitismus eine alltägliche Erfahrung für in Düsseldorf lebende Juden und Jüdinnen ist. Eine Erfahrung, die Unsicherheit und Angst bewirkt und deren Bedrohungspotenzial nicht zu unterschätzen ist."
Die Station der Wanderausstellung in Düsseldorf ist in Zusammenarbeit mit der Mahn- und Gedenkstätte, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Düsseldorf, der Jüdischen Gemeinde und der Beratungsstelle SABRA entstanden.
Information und Führungen
Führungen für kleine Gruppen (maximal 10 Personen) können bei der Mahn- und Gedenkstätte gebucht werden (Telefon 0211-8996205). Einzelbesucherinnen und -besucher sowie kleine Gruppen sind ohne Anmeldung willkommen. In der Mahn- und Gedenkstätte ist das Tragen einer Mund-Nasen-Maske verpflichtend und es darf immer nur eine begrenzte Besucherzahl in der Ausstellung sein. Die Gedenkstätte hat dienstags bis freitags sowie sonntags von 11 bis 17 Uhr und samstags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.