Düsseldorf Stadtmarketing: „Nähe trifft Freiheit“ soll überzeugen
„Live close Feel free“ soll künftig weltweit für Düsseldorf stehen. Nach zwei Jahren Vorarbeit will das Stadtmarketing mit diesem Slogan rund um den Globus für das kleine Fischerdorf am Rhein werben. Englische Muttersprachler werden schmunzeln, denn sie verstehen umgangssprachlich: „Lebe kniggerig Fühl Dich frei“, oder auch kurz: „Geiz ist Geil“, aber das hatte ja schon ein Radioladen auf seinen Anzeigen stehen.
„Nähe trifft Freiheit“ lautet Düsseldorfs Motto auf Deutsch. Und beweist damit, warum echte Liebeslieder "op Änglisch" geschnulzt werden und Finanzamtsakten und Sozialversicherungsbescheide in der vermeintlichen Sprache der Dichter und Denker getextet sind. Das „close“, die Nähe, hat eben im Angelsächsischen die Zweitbedeutung der zugenähten Taschen, eines „Haben kommt von Halten“. „He’s close“ sagen sie in den Pubs, wenn einer nun partout keine Runde schmeißen will. Wobei nonchalante offen bleibt, ob er nicht will oder nicht kann. Ja, so ein Slogan steckt voller „mousetraps“.
Die Drei von der Wort-Tankstelle
Die Drei von der Wort-Tankstelle – Frank Schrader, Thorben Meier und Florian Bünning – haben das geahnt. Denn sie schworen bei der Präsentation der Stadtmarkenstrategie Stein und Bein: „Sowohl die deutsche als auch die englische Version des Claims wurden mit großem Erfolg getestet. Dafür wurden umfangreiche lokale, nationale und internationale Zielgruppentests (in den USA und dem Vereinigten Königreich) repräsentativ durchgeführt.“ Bei der Doppeldeutigkeit kriegt man natürlich eine Menge ´“Likes“.
Und weiter geht’s im Originalton der Image-Bestimmer:
„In dem Claim werden die beiden zentralen Aspekte der Düsseldorfer Markenidentität Nähe und Freiheit mit dem Verb „trifft“ auf eine für Düsseldorf typische Art verbunden. Denn Kommunikation, Begegnung und Gemeinschaft treiben die Stadt voran und sind Bestandteile ihrer einzigartigen Atmosphäre. Der Begriff „Nähe“ steht im Sinne der Marke für die offene Haltung der Menschen, das kompakte Stadtgebiet, die guten Verkehrsverbindungen und die produktiven Netzwerke. Unter dem Begriff Freiheit subsumiert die Markenidentität die Weltverbundenheit, Toleranz, Expressivität, künstlerische Hingabe und Internationalität, die allesamt kennzeichnend für Düsseldorf sind.“
Mit neuen Stadtmarkenkonzept auf zu neuen Horizonten…
Umgang mit dem neuen Brandzeichen
Das kostet 280.000 Euro. Bisher. Denn nun sollen alle Ämter und städtischen Tochtergesellschaften gemäß den neuen Corporate Design-Richtlinien kommunizieren. Ihre eigenen Logos sollen sie nur noch am Rande verwenden, oben oder unten und möglichst klein – wie eine Absenderkennung. Logos wie das der „Sportstadt Düsseldorf“ sollen auf das neue Design angepasst werden. Städtische Kulturinstitutionen dürfen bei ihrem angestammten Auftritt bleiben – den sie um das neue Brandzeichen ergänzen sollen.
Gegenargumente
Für Messe, Rheinbahn, Flughafen, Karneval und Altstadt ändert sich nichts – es sei denn, die dortigen Chefs schwenken auf „Nähe trifft Freiheit“ ein. Sie werden zwei starke Gegenargumente haben:
Erstens – Das neue Stadtmarketingkonzept schafft keine Ordnung – sondern lässt zu viele Ausnahmen zu und ist daher schon beim Start zu beliebig. Verwässerungen kommen mit den Jahren von ganz allein hinzu.
Zweitens – Die Stadtmarketing-Macher hätten den ausführenden Agenturen auf die Finger schlagen müssen, als diese eine eigene Schriftart für das Düsseldorfer Erscheinungsbild schufen: „Düsseldorf Circular“. Da hat sich vermutlich ein Grafiker unnötig ein Honorar eingesteckt. Und schlimmer noch: Wer das neue Stadtmarken-Konzept zu 100 Prozent umsetzen will oder muss, der muss die Schrift auf seinem Computer installieren und sämtliche Arbeitsvorlagen entsprechend anpassen.
Schrader, Meier und Bünning wollen 2018 ihr Stadtmarkenkonzept allen Institutionen in der Stadt vorstellen. Es sei nicht geplant, ein strenges Regime aufzuziehen, heißt es. Aber genau daraus besteht die Arbeit, die nun zu leisten wäre.
Fotos: DMT