Kritik an Razzia hinter Düsseldorfer Bahnhof: Flüchtlingsinitiative STAY! warnt vor „Stigmatisierung“
An der Razzia hinter dem Düsseldorfer Hauptbahnhof (report-D berichtete) gibt es von unterschiedlichen Seiten Kritik. Einige Anwohner beschwerten sich darüber, dass am Samstagabend festgenommene Männer wieder freigelassen wurden und erneut in Oberbilk aufgetaucht seien. Der Düsseldorfer Sozialarbeiter Samy Charchira forderte in einem Interview mit Spiegel online mehr Hilfe für Jugendliche aus Nordafrika, zugleich aber auch ein entschiedenes Vorgehen der Behörden gegen Jugendliche, die sich nicht integrieren wollten. Die Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative STAY! bewertet den Polizeieinsatz als „überzogen“, da er „die Stigmatisierungen und Anfeindungen bestimmter Gruppen im Viertel fördere“.
„Mit Sorge beobachten wir diese Polizeiaktion und die anschließende einseitige Medienberichterstattung. Kriminalitätsprobleme auf bestimmte Gruppen abzuschieben, sehen wir als sehr gefährlich an, weil die Stimmung aufgrund der aktuellen Debatte nach Köln leicht in offenen Rassismus umschlagen kann“, erklärte Oliver Ongaro von STAY! Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative.
Nachbarn aus mehr als 180 Nationen
Tatsächlich lebten in Oberbilk Menschen aus mehr als 180 Nationen „weitgehend friedlich und unspektakulär“ miteinander. Zu den Aufgaben bei STAY! und fiftyfifty gehörten die Mediation und die Gemeinwesenarbeit. Weder in der Beratung noch bei Gesprächen mit NachbarInnen habe es in den vergangenen Monaten Beschwerden über „schwerkriminelle Banden aus Nordafrika“ gegeben. Beschwerden von AnwohnerInnen habe es hauptsächlich über Menschen gegeben, die ihren Lebensmittelpunkt auf öffentlichen Plätzen haben. Eine Hervorhebung von Personen aus bestimmten Herkunftsländern sei dabei nicht festgestellt worden.
Mehr Angebote für junge Maghrebiner
Der Düsseldorfer Sozialarbeiter Samy Charchira arbeitet in Bilk mit jungen Einwanderern aus nordafrikanischen Staaten. Der gebürtige Marokkaner ist Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und im Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes NRW. Er beobachtet seit drei bis vier Jahren, dass Maghrebiner aus anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien, Frankreich nach Düsseldorf kommen. Diese Menschen würden in Deutschland nicht als Flüchtlinge anerkannt. Sie könnten die Sprache nicht, besäßen kein Einkommen und keine Unterkunft. Ihnen müsse der Staat über Streetworker und Sozialarbeiter ein Angebot machen und die Grundversorgung sichern; dann seien die 17,18-Jährigen sehr gut zu integrieren.
Entschiedeneres Vorgehen der Strafbehörden
Auf der anderen Seite spricht sich Charchira für ein entschiedenes Vorgehen gegen Personen aus, die Hilfe ablehnten und „nur Geld machen wollen“. Um die müssten sich die Strafverfolgungsbehörden kümmern, auch zum Schutz anderer Immigranten. Wörtlich sagte Charchira laut Spiegel online: „Ihre ersten Opfer suchen sich diese straffälligen Jugendlichen immer in der maghrebinischen Gemeinde, in die Altstadt oder zum Hauptbahnhof ziehen sie später. Und wenn sich ein Landsmann gegen Übergriffe oder Diebstahl wehrt, bekommt er das hart zu spüren. Neulich erst haben sie das Café eines Marokkaners im Stadtteil Bilk, der eine Gruppe vor seinem Laden vertreiben wollte, mit Ziegelsteinen beworfen.“