Düsseldorf Hassels: Oberbürgermeister Thomas Geisel sagt den fristlos gekündigten LEG-Mietern Hilfe zu | Kommentar: Den Ruf ruiniert
Von einem „unangemessenen Umgang mit Mietern“ spricht Oberbürgermeister Thomas Geisel, SPD. Und verpasst damit der Düsseldorfer LEG Immobilien AG eine Klatsche. Die hatte bereits Anfang der Woche 80 Mietern in Düsseldorf Hassels die fristlose Kündigung zugestellt. Binnen sieben bis zehn Tagen sollen Menschen, die kein Geld haben, ihre Mietschulden zahlen. Oder sie werden geräumt. Dagegen hatten bereits am Donnerstagabend der Düsseldorfer SPD-Chef Andreas Rimkus und der Grüne Uwe Warnecke, Justitiar des Düsseldorfer Mieterbundes protestiert. CDU und FDP schwiegen. Oberbürgermeister Geisel versprach am Freitagnachmittag im Namen der Stadt Düsseldorf: „Wir lassen die betroffenen Mieter nicht allein!“
Die Düsseldorfer Immobilien-Manager von der LEG haben sich alle Sympathien der Stadt verscherzt. Er werde den Vorgang zum Thema des ohnehin anberaumten Spitzengesprächs mit der LEG im Oktober machen, so Geisel. Die Erklärungsversuche der LEG Kommunikationsabteilung dürften zum Gesprächsbedarf des OB beigetragen haben. „In dieser Sache arbeiten wir eng mit der Diakonie, dem Jobcenter Düsseldorf sowie mit der Zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfälle zusammen“, teilte LEG-Sprecher Thomas Feldmann auf Anfrage von report-D mit.
Widerspruch gegen LEG-Mitteilung
Der Sprecher des Jobcenters wies diese Darstellung zurück. „Wir wissen nicht einmal, ob die 80 gekündigten Mieter Leistungen des Jobcenters beziehen“, sagte er auf Anfrage von report-D. Der Sprecher der Diakonie Düsseldorf, Christoph Wand, verwies die Formulierung ebenfalls ins Reich der Fabel: „Die LEG hat uns am vergangenen Dienstag mitgeteilt, dass die Kündigungen ausgesprochen worden sind. Seither bemühen sich mehrere Diakonie-Mitarbeiter darum, den Betroffenen zu helfen.
Oberbürgermeister Thomas Geisel selbst übernahm den Part der Stadt. Seine Zusagen sind für die fristlos Gekündigten wichtig, deshalb hier ungekürzt im Originalton:
Suche nach Hilfsansätzen
„Ich rate den Betroffenen, das in Düsseldorf vorgehaltene Hilfe- und Beratungsangebot des städtischen Wohnungsamtes und des Amtes für soziale Sicherung und Integration mit den Grundsicherungszentren sowie der Zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfälle, dem Jobcenter und dem Verbund der Düsseldorfer Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Anspruch zu nehmen.
Dort werden Fachleute gemeinsam mit den Betroffenen individuelle Hilfeansätze prüfen und erarbeiten, um eine drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden. Für Bezieher von Grundsicherungsleistungen bieten das Amt für soziale Sicherung und Integration und das Jobcenter direkte Unterstützung und Hilfe an. Das heißt, dass die tatsächliche Miete so lange übernommen wird, wie keine andere angemessene Wohnung gefunden werden kann, was aufgrund der derzeitigen Situation auf dem Wohnungsmarkt auch wesentlich länger als über die vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfrist von sechs Monaten hinausgehen kann. In besonderen Situationen, wie beispielsweise Alter und Pflegebedürftigkeit kann im Einzelfall auch von einer dauerhaften Mietübernahme ausgegangen werden.
In allen anderen Fällen wird geprüft, ob eine Übernahme von bereits entstandenen Mietschulden erfolgen kann, soweit die künftige Mietzahlung gesichert ist.“
Obdachlosigkeit droht
Denn klar ist: Wer in Hassels Nord die Wohnung verliert, wird bei der augenblicklichen Lage auf dem Düsseldorfer Wohnungsmarkt so rasch keine neue Wohnung mehr finden. Es droht Obdachlosigkeit. Vor diesem Hintergrund – die Mitteilung der LEG: „Es ist richtig, dass wir 80 Kündigungen verschickt haben. Diese betreffen Mieter, die eine längere Zeit keine Miete gezahlt und auf jegliche Versuche der Ansprache nicht reagiert haben. Dazu können wir Ihnen mitteilen, dass wir im Vorfeld des Versands alle Vorgänge detailliert überprüft haben. Bei den fristlosen Kündigungen handelt es sich um eine letzte Zahlungsaufforderung. Jede erste fristlose Kündigung wird durch einen direkten Zahlungsausgleich unwirksam.“
Probleme bekannt
Zur Erinnerung: Die LEG Immobilien AG hat im April 2017 mehr als 1400 Wohnungen in Düsseldorf Hassels Nord von einem Luxemburger Immobilienunternehmen übernommen. Dies war in die Schlagzeilen geraten, weil nach einer Modernisierung die Mieten um 60 bis 80 Prozent erhöht wurden. Auch viele ältere Mieter können sich seither ihre eigene Wohnung nicht mehr leisten. Diakonie, Mieterverein, SPD, städtische Sozialarbeiter bemühen sich um Hilfe für die Mieter. Es sind zahlreiche Prozesse vor Gericht anhängig.
KOMMENTAR
Den Ruf ruiniert
Noch hat kein Gericht gesprochen. Daher wähnen sich die Herren in den grauen Anzügen sich also bis zum ersten gegenteiligen Urteil im Recht. Und tönen, die LEG Immobilien habe jede einzelne der 80 fristlosen Kündigungen zuvor rechtlich geprüft. Tja, und wer Geld bezahle, dürfe selbstverständlich weiter wohnen.
Bullshit. Die LEG wusste genau, dass sie mit den gut 1400 Wohnungen in Düsseldorf Hassels Nord einerseits auch eine Menge Probleme erwirbt. Andererseits gibt es nirgendwo sonst in Düsseldorf ein solch dichtes Netz an Helfern, die zwischen Vermieter und Mietern vermitteln und gemeinsam mit beiden nach Lösungen suchen können. Dies nutzte die LEG bewusst nicht, sondern versuchte erst im Nachhinein, ehrbare Institutionen in die Mithaftung zu nehmen.
Reputation muss in Jahren langsam und zuverlässig aufgebaut werden – und ist binnen Sekunden ruiniert. Die LEG hat in dieser Woche nicht bloß den Mietern fristlos gekündigt, sondern ganz Düsseldorf.