Düsseldorf NRW-Forum: Alain Bieber verlässt seinen Chefposten als Unvollendeter
Alain Bieber will seinen Vertrag als Leiter des Düsseldorfer NRW-Forums für Fotografie, Pop und digitale Kultur nicht verlängern. Er wird den Chefsessel 2020 räumen und zusammen mit Partnern eine Digital-Agentur gründen. Das hat der 40-Jährige die Stadt und den Erdkreis wissen lassen. Nicht digital – sondern ganz klassisch, per Zeitungsinterview. Bieber beklagt darin den mangelnden Rückhalt in der Düsseldorfer Kulturpolitik – wobei er Oberbürgermeister Thomas Geisel ausdrücklich ausnimmt.
Der reagiert überrascht und mit Bedauern. OB Thomas Geisel wirbt derzeit bei einer Immobilienmesse in Südfrankreich für Düsseldorf: "Die Entscheidung von Alain Bieber ist ein schlechtes Signal für die Vielfalt am Kulturstandort Düsseldorf." Geisel will nach seiner Rückkehr mit Bieber über dessen Entschgeidung sprechen. Denn eigentlich standen alle Signale auf eine Vertragsverlängerung. 2015 war Bieber, ein Journalist, an die Spitze des NRW-Forums gekommen. Der Meta-Auftrag: Es anders zu machen, als die klassischen Düsseldorfer Museen. Neue, nämlich digitale, Welten zu erschließen. Und mit einem kleinen Team und einem noch winzigeren Etat dorthin zu fliegen, wo sich noch kein Düsseldorfer Kunstpolitiker jemals zuvor gewesen ist.
Die Gegenspieler
Und auch nie hinkommen wird, wenn man Hans-Georg Lohe heißt und als Kulturdezernent alles vergeigt, was einem als Herausforderung aus den unendlichen Tiefen des Kunstraums in die Quere kommt. Das Photoweekend, der Umgang mit dem Max Stern-Erbe oder der Umgang mit Obdachlosen vor Düsseldorfer Kultureinrichtungen seien hier beispielhaft genannt. Oder wenn man als Vorsitzender des städtischen Kulturausschusses und Bürgermeister, Friedrich G. Conzen zugleich als Vermieter von Atelier- und Galarieräumen auftritt.
Der Erfolg
Aus solcher Ecke wurden Alain Bieber und seine Arbeit gerne mal in Frage gestellt. Ist das schon Kunst – oder bloß Blödsinn? Exemplarisch dafür war die Ausstellung „Deuscthland“ von Satiriker Jan Böhmermann. Dort hinein ging es nur über eine Passkontrolle, an der man sein Handy abgeben musste. Drinnen war unter anderem eine Station aufgebaut, bei der jeweils zwei Besucher per Videobrille in einem „Reichspark“, frei nach Weltkriegsmotiven, auf eine Achterbahnfahrt gehen konnten. Das war 2017 der größte Erfolg des NRW-Forums unter der Leitung von Alain Bieber und zog mehr als 30.000 an einen für sie völlig fremden Ort – in ein Museum, shocking.
Die Ebene
Während das etablierte Kultur-Düsseldorf Bieber mukschich fragte, ob er denn auch schon Kontakte zur allseits gepamperten Kunstakademie aufgenommen habe, saß Bieber verwundert in seinem Chefstuhl und fragte nach dem „Warum?“ Denn auch alle anderen Düsseldorfer Institutionen bemühen sich um die Kunstakademie. Wenn dann auch noch – so Bieber – der Kulturdezernent anordnet, die Obdachlosen rigide zu entfernen – Sozialdezernent und Stadtdirektor Hintzsche aber das Gegenteil fordert, dann ist nachvollziehbar, dass jemand wie Bieber die Lust am Schwimmen gegen den Strom verliert.
Die Rüstung
Genau hier steckt auch der einzige Vorhalt an Bieber, den Unvollendeten: Er hatte eine starke Basis, um Düsseldorf den Spiegel vorhalten und Akzente setzen zu können. Er hatte – nach eigenen Worten – den Rückhalt des Verwaltungschefs. All das schenkt er mit seinem als Paukenschlag inszenierten angekündigten Abgang zu leichtfertig dahin. Wer innen neugierig, sensibel, anders sein möchte – braucht außen eine harte Rüstung. Nicht nur in Düsseldorfs nun wieder dunkler werdendem Kulturbetrieb.