Düsseldorf Holocaust-Gedenken: Rechtsradikaler bei Gedenkstunde, VVN brandmarkt Rheinmetall
„Wirf Deine Angst in die Luft“ – wenn es nur so einfach wäre, wie es das Programm mit Gedichten von Rose Ausländer rät. Im Maxhaus rezitierte am Sonntagabend (27.1.) Schauspielerin Alicia Fassel die Gedichte der Literatin. Mit der Musik-Text-Collage endete der Holocaust-Gedenk-Tag in der Stadt. Kurz zuvor war unter den sehr zahlreichen Gästen am Düsseldorfer Mahnmal, dem ehemaligen Güterbahnhof, mindestens ein Agitator rechtsradikaler Aufmärsche in Düsseldorf zu sehen gewesen. Das Mahnmal erinnert an die Deportation von mehr als 6.000 Juden aus Düsseldorf und der Region in den Jahren 1941 bis 1945. Bereits am Morgen hatte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, VVN, an der Rather Straße der Düsseldorfer Außenlager des KZ Buchenwald gedacht und auf den Zusammenhang zum Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall hingewiesen.
Dr. Oded Horowitz, der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, fand am Mahnmal deutliche Worte der Warnung. In Deutschland seien jene Kräfte erstarkt, von denen man dachte, dass sie nie wieder kommen, sagte Horowitz und sprach die AFD an. Die hatte bei einer Gedenkrede von Charlotte Knobloch im Bayrischen Landtag demonstrativ den Saal verlassen, als Knoblauch sie als „verfassungsfeindlich“ bezeichnete. Seither werde Knoblauch in Briefen, Mails und Anrufen bedroht.
Nachdenklicher Sonntagsspaziergang am Mahnmal.
Horowitz erteilte Rechtsradikalen eine klare Absage für den Versuch, den aktuellen Kampf gegen Antisemitismus für die eigenen Ziele zu missbrauchen. Gerade in der jüdischen Gemeinde Düsseldorf gebe es den festen Willen, stand zu halten – sagte Horowitz und erinnerte an Paul Spiegel. Oberrabiner Raphael Evers und Kantor Aaron Malinsky gedachten mit einem Gebet der Opfer des Nationalsozialismus. Oberbürgermeister Thomas Geisel nannte es ein gutes Zeichen, dass die heutige Düsseldorfer Zivilgesellschaft sofort mit einer Mahnwache reagiert habe, als ein Mann wegen seiner Kippa in der Altstadt angefeindet worden sei. Geisel sieht viel Wachsamkeit in der Düsseldorf gegen den neuen Rechtsradikalismus.
Im Anschluss nahm der Oberbürgermeister an einem Gedenkkonzert im Maxhaus teil. Neben ihm hielten vor dem Konzert Roman Franz, Vorsitzender des Landesverbands der Sinti und Roma, und Herbert Rubinstein von der Jüdischen Gemeinde Gedenkreden. Das Konzert des Komponisten Jan Rohlfing war der Lyrikerin Rose Ausländer (1901-1988) gewidmet. Die weltweit bedeutende Autorin wurde in Czernowitz in der Bukowina geboren und lebte seit 1965 in Düsseldorf. Sie verstarb 1988 im Nelly-Sachs-Haus, dem Altenheim der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf; ihr Grab befindet sich auf dem jüdischen Teil des Nordfriedhofes.
"Wichtiges Erinnern"
Oberbürgermeister Thomas Geisel betonte: "Es ist wichtig, dass wir gemeinsam an die NS-Terrorherrschaft und den nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Juden erinnern. Dass wir in diesem Jahr die Sprache der Musik und die Kraft der Lyrik nutzen, um uns dem Thema anzunähern, macht diesen Gedenktag besonders. Wenn dieses Konzert unter dem Motto ‘Wirf deine Angst in die Luft’ – einem Satz von Rose Ausländer – steht, dann gedenken wir dem Leben und Schaffen der international bedeutenden Lyrikerin. Wir erinnern damit in besonderer Weise an die verfolgte Künstlerin, die den Holocaust überlebt und danach in Düsseldorf gelebt und gearbeitet hat."
Gisela Blomberg erinnerte an die KZ-Außenlager in Düsseldorf
Bereits am Vormittag hatten die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und das Düsseldorfer Friedenforum zu einem Gedenken an die ehemaligen, zur Zwangsarbeit nach Düsseldorf, abkommandierten KZ in den Außenlagern „Berta1“ und „Berta 2“ erinnert. „Berta“ sei ein Deckname von Rheinmetall gewesen. Gisela Blomberg aus dem Düsseldorfer Kreisvorstand des VVN sagte am Mahnmal, Rather Straße 31, dass es in Düsseldorf sechs KZ-Außenlager gab. Fünf waren Außenkommandos des KZ Buchenwald. Das Lager in Düsseldorf-Stoffeln war eine Außenstelle des KZ Sachsenhausen. Im Jahr 1944 seien in Düsseldorf 35.000 Menschen als Zwangsarbeiter tätig gewesen – mehr als ein Viertel aller Beschäftigten.
Professor Dr. Ernst Gleichmann (Mitte) beschäftigte sich ebenfalls mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall.
Giesela Blomberg sagte: „Rheinmetall fühlt sich bis heute juristisch nicht verantwortlich für die grauenvollen Taten, begangen hier und in anderen Werken. Die Firma bezahlte in Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit der Häftlinge zwischen 1 Reichsmark Zwanzig bis fünf Reichsmark an die SS. Damit war für Rheinmetall die Sache abgetan, die Häftlinge wurden nicht zur Belegschaft gezählt.“
Professor Dr. Ernst Gleichmann kritisierte in seinem Vortrag, dass Rheinmetall nach wie vor viel Geld mit der Lieferung von Rüstungsgütern in alle Welt verdiene. Durch ausländische Unternehmensableger würden die strengen deutschen Exportbestimmungen für Waffen umgangen.
Gegen das Vergessen: 1944 gab es mehr als 35.000 Zwangsarbeiter in Düsseldorf.