Ehrenamt in Düsseldorf: Klare Aussage – wir schaffen das!
Die politische Diskussion zu den steigenden Flüchtlingszahlen führt immer wieder ein Argument zur Begrenzung der Asylbewerber an: Die Ehrenamtler seien überlastet und länger sei diese Situation nicht zumutbar. Report-D hat Ehrenamtler konkret danach gefragt. Die klare Aussage: Wir schaffen das in Düsseldorf!
Bürokratie
„Mir macht es viel Spaß zu helfen (das Danke und das Lachen der Menschen ist so unendlich viel wert), aber wenn man durch Bürokratien immer wieder Rückschläge erfährt (diese Formulare und gefühlte 100 Seiten Briefe, die wir ja kaum verstehen zu beantworten) ist es schon demotivierend“, erzählt uns Lara.
Uwe sieht das ähnlich und erkennt noch viel Potential für Verbesserungen: „Auch Ehrenamtler und Mitarbeiter von Behörden machen Fehler. Aber insgesamt müsste die Flüchtlingsarbeit viel besser organisiert werden. Und das betrifft eben nicht nur das viel gescholtene Bundesamt, sondern auch die Landes- und Kommunalverwaltung. Warum werden Daten zwischen den Behörden kaum ausgetauscht, immer wieder neu erfasst?“
Viele Ehrenamtler informieren sich bei den Veranstaltungen der Stadt vor Fertigstellung neuer Unterkünfte für die Flüchtlinge
„Das große Engagement ist ungebrochen. Täglich fragen viele neue Leute wie und wo sie helfen können. Die Stadt hat großes vollbracht. Leider hakt es dort noch am Feedback – die Menschen melden sich und bieten Hilfe an. Dann hören sie nichts mehr. Gleiches bei den Wohlfahrtsverbänden. Selbst wenn man die Grundkurse und Qualifikationen Ehrenamt schon durchlaufen hat, kommt keine Rückmeldung/Anforderung“, erzählt Hildegard, die an verschiedenen Stellen ehrenamtlich tätig ist.
„In Düsseldorf hat man das zukunftsfähige, bürgerschaftliche Engagement möglicherweise noch gar nicht erkannt – hier scheinen partizipative Verfahren und die damit verbundene Nutzung der kollektiven Intelligenz und Expertise noch ziemlich in den Kinderschuhen. Da sind andere Städte und Länder schon weiter (Bonn, Köln, Oldenburg – Niederlande, Island, Skandinavien) und beziehen sich auch auf andere, gesellschaftlich relevante Themen wie Inklusion, Bildung/Schulbau und anderes“, meint Petra auf unsere Nachfrage.
Wie unbürokratische Vernetzung gut funktionieren kann, zeigt in Düsseldorf die Gruppe „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“. Ohne auf Entscheidungen der Verwaltung zu warten, wurde Anfang 2015 eine Homepage kreiert, die Angebote und Nachfragen an Spenden und Hilfen zusammen brachte. Im Oktober erfolgte der erste Relaunch der Seite und die Pläne der Gruppe gehen bereits weiter zu einem eigenen Welcome-Büro, als Anlaufstelle für Helfer und Hilfesuchende. Und das alles ehrenamtlich, unterstützt durch Spenden und eine große Community.
Ehepaar Voigtmann (Mitte) ist erfahren in Flüchtlingshilfe, hier bei einer Veranstaltung in Garath
Belastung oder Überlastung?
„Du weißt, dass ich es schon ein paar Jährchen mache. Für mich ist total wichtig gewesen, dass die Familie hinter mir steht. Nicht rundum die Uhr "bereit" sein. Grenzen setzen“, weiss die erfahrene Ehrenamtlerin Corrie.
„Das Ehrenamt ist nicht überlastet, wenn es organisiert ist und jeder eine bestimmte Aufgabe übernimmt. Es ist nur dann überlastet, wenn jeder alles macht und keiner vom anderen weiß. Ich denke, dass es in Eller gut läuft“, beschreibt Herbert seine Eindrücke.
Horst sieht es so: „Belastend für mich ist rechtsradikale Hetzjagd, die durch die Äußerungen von Politikern demokratischer Parteien, die sich christlich nennen, indirekt legitimiert werden. Und wenn ich dann die Bilder weinender, schlammverschmutzter Kinder auf dem Flüchtlingstreck auf dem Balkan sehe, dann fühle ich mich belastet. Entlastet bin ich, wenn sie denn in Sicherheit sind.“
Thomas erkennt auch die Belastung, die aber – gemeinschaftlich getragen – zu meistern ist: „Wenn man sich ein Thema zu Herzen nimmt, kann man sich nicht einfach herausschleichen. Man fühlt sich im Kleinen wie im Großen verpflichtet, denn die Not hört ja nicht auf, wenn man wegsieht. Es ist eben eine besondere Situation, und sie fordert unser aller Zupacken, was nur nicht alle so sehen“.
Umso wichtiger wäre die Unterstützung der Gesellschaft und der Politik. Der Dank der Politiker an das Ehrenamt wird betont. Ob die, die ein Kippen der Stimmung unter den Bürgern prophezeien, schon einmal vor Ort bei den vielen Helfern waren? Oder ob einzelne Befürchtungen ausreichen, um Krisenstimmung vermeintlich zu erkennen?
Oberbürgermeister Thomas Geisel hat am Dienstag (3.11.) in einer Videobotschaft klar Stellung bezogen. Er sieht die große Herausforderung, stellt aber auch die Alternativlosigkeit dar. In Mauern und Zäunen sieht er keine Lösung, da die Menschen davor oder dahinter nicht wegzudiskutieren sind.
Hier sind nur einige der Ehrenamtler zu Wort gekommen, die sich an der Befragung beteiligt haben. Ein Dank an alle – für ihre Bereitschaft zum Gespräch und für ihren Einsatz.