Protestcamp gegen Abschiebungen nach Afghanistan auf dem Düsseldorfer Rathausplatz
Im Schatten des Jan-Wellem-Denkmals stehen seit Mittwoch (10.5.) zwei Zelte, Tische und Bänke. Regelmäßig patrouilliert ein Polizeiwagen. Das Bündnis „Nedaje Afghan – Afghanischer Aufschrei“ will bis Sonntag mit ihrem Camp gegen die Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan protestieren.
Forderung nach Abschiebestopp
Kurz vor der Landtagswahl wollen die Bündnismitglieder mit dem Protestzelt und einer Mahnwache auf die Situation afghanischer Geflüchteter aufmerksam machen. Immer wieder werden Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben, obwohl das Land immer noch unter Kriegszuständen leidet. Ihre Botschaft ist klar: Afghanistan ist nicht sicher. Sie fordern von der Landesregierung NRW Verantwortung zu übernehmen und die Abschiebungen für mindestens drei Monate auszusetzen. In dieser Zeit soll die Regierung die Sicherheitslage neu bewerten. Über die Asylverfahren der Flüchtlinge aus Afghanistan soll nicht pauschal entschieden werden, sondern die Einzelfälle müssen sorgfältig geprüft werden. Viele afghanische Menschen erleben, wie ihre Asylanträge mit den fragwürdigen Begründungen abgelehnt werden. Beispielsweise, dass Bedrohung und Folter nun einmal zum alltäglichen Lebensrisiko in Afghanistan gehören würde.
Angebliche Schutzalternativen in Afghanistan existieren nicht wirklich, wie auch die Experten des UNHCR bestätigen. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Kofler, rät aufgrund der Sicherheitslage von Abschiebungen nach Afghanistan ab. In allen als sicher eingestuften Großstädten sind Anschläge und Übergriffe auf Zivilisten an der Tagesordnung. Zuletzt wurden im als sicher eingestuften nordafghanischen Mazar-i-Sharif am 20.April 140 Militärangehörige getötet. Bei einem Anschlag Anfang Mai in Kabul starben mindestens acht Zivilisten. Während die Gefahren für die Menschen in Afghanistan in den vergangenen zwei Jahren zugenommen haben, senkte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Anerkennungsquote von Asylanträgen für Afghanen von rund 77,6 Prozent im Jahr 2015 auf 47,9 Prozent in den ersten beiden Monaten diesen Jahres. Die Gründe dafür liegen in der politischen Entscheidung der Bundesregierung.
Viele Menschen blieben am Proterstcamp stehen und hörten sich die Forderungen an
Unterstützer beim Protest
Im Protestcamp fanden sich am Mittwoch neben Flüchtlingen aus Afghanistan auch zahlreiche Unterstützer ein, die alle mit engagierten Redebeiträgen die Forderungen des Bündnisses bekräftigten. Barbara Gladysch, seit vielen Jahren mit Mütter für den Frieden und in der Flüchtlingsarbeit aktiv, forderte alle Düsseldorfer auf, sich über die Situation der Menschen in Afghanistan zu informieren. Es seien nicht nur alleinreisende Männer betroffen. Familien mit Kindern und auch unbegleitete Kinder seien aus ihrer Heimat geflohen und wünschen sich nur ein friedliches Leben. Die 76-jährige Aktivistin empört sich heftig über den Vertrag, den Deutschland mit Afghanistan geschlossen hat. Mit 1,2 Milliarden Euro jährlich bis zum Jahr 2020 fließen Gelder nach Afghanistan, die als Vororthilfe dienen soll, damit die Menschen in ihrem Land bleiben und die Flucht nicht antreten. Aber das Geld versickert. Flüchtlinge die nach Afghanistan ausgewiesen werden, erwarten bei ihrer Rückkehr Not, Elend und Lebensgefahr. Auch Sascha Wagner, Landesgeschäftsführer der Linken NRW, kritisiert die Landesregierung, die sich offen gegen die Forderungen der Flüchtlings- und Wohlfahrtsorganisationen stellt, einen sofortigen Abschiebestock zu verhängen.
Wer möchte helfen?
Massoud Jabbari vom Bündnis „Nedaje Afghan – Afghanischer Aufschrei“ dolmetscht für viele Flüchtlinge, die am Mittwoch ihre Geschichten im Protestcamp erzählen. Fünf Tage lang wollen die Mitglieder ihren Protest fortführen. Für die Versorgung des Camp-Aktivisten werden noch Unterstützer gesucht. Auf der Facebookseite der Gruppe kann nachgelesen werden, womit man helfen kann. Für Donnerstag haben sich Flüchtlingsbeauftrage Miriam Koch und Monika Düker von den Grüne angekündigt, um mit dem Protestlern zu sprechen.