Düsseldorf Lange Nacht der Museen: Leinwand für eine Skizze der Stadt
Die Kunst ist, bei der „Langen Nacht der Museen“ zu wissen, wo man anfängt und wo man aufhört. Es ist eine Logistik-Übung zwischen 40 Museen und Galerien, bei der Prioritäten zu setzen sind. Zwischen Bier, Brezel und Beuys. 23.000 Menschen kauften sich am Samstag (25.3.) für 14 Euro in einen Brummkreisel ein, der bei einer etwas zu kühlen Vorahnung von Frühling die Stadt bis weit nach Mitternacht vibrieren ließ.
Den report-D-Spaziergang durch die Nacht der Museen finden sie hier.
Die längste Schlange stand vor dem Mannesmann-Hochhaus – für einen Blick aus der 21. Etage
Die Stimmung war gut. Zumindest bei all jenen, die sich nicht mit einer großen ToDo-Liste kopfüber in die Nacht stürzten. Der Plan, das meiste aus seinem Einsatz von 14 Euro zu machen, ist die perfekte Anleitung zum Unglücklich sein. Denn irgendetwas blockiert immer. Der Shuttle-Bus kommt nicht. Im Ständehaus mussten Menschen, die die Netzinstallation von Tomás Saraceno begehen wollten, in einen Overall schlüpfen und Überschuhe anziehen. Sowas dauert. Im Logenhaus bei den Freimaurern durften immer nur Gruppen mit maximal 25 Menschen in den Tempel. Vor dem Eingang zum Mannesmann-Hochhaus am Rheinufer stand die längste Schlange Kunstwilliger – und wollte eigentlich nur einmal aus dem 21. Stock auf Düsseldorf hinabblicken. Also wieder warten.
Wenn die Nacht zur Leinwand wird – für das persönliche Bild der Stadtkultur
Eile mit Weile macht da glücklicher als ein geschnauftes „Männo!“ In der Altstadt und im Ehrenhof schufen sich ganz viele Gruppen ihren eigenen Kosmos; junge Menschen, die die ganze Kunst bloß als Leinwand nutzen, um sich ihre eigene Skizze vom Samstagnachtfieber in Düsseldorf zu malen. Dazu wurde gerappt. Spontan gesteppt. Getanzt. Und manchmal auch gesungen.
Das gab’s zu sehen: Beuys, Marionetten, eine Glasschüssel, ein Holzkopf.
Das Marionettentheater an der Bilker Straße zeigte eine normale Aufführung und verpasste so die Chance, Fans für das Haus zu gewinnen – durch einen Besuch der beeindruckenden Holzwerkstatt zum Beispiel oder einer Möglichkeit, im wirklich schönen Innenhof zu chillen.
Leuchtet in der Langen Nacht: der Ehrenhof
Vom Interesse regelrecht überrollt wurden die Freimaurer im Logenhaus in der Uhlandstraße. Das liebt abseits von allem; aber jeder kennt Dan Browns Illuminaten-Schmöker. Also wollten zahlreiche Neugierige einen Blick hinter sonst verschlossene Türen werfen. In einem Saal wurden die Gäste liebevoll empfangen – und mussten wieder warten. Zwei Herren – einer am Klavier, einer am Cello – machten etwas Live-Musik und es gab einen Überblick darüber, welche Prominente angeblich einer Freimaurerloge angehörten.
Logen für Herren und Damen
Dann ging es in Gruppen à 25 Personen in das Allerheiligste – den Versammlungsort, den die Mitglieder der neun Logen dort residierenden Logen (manche für Herren, manche für Damen) „Tempel“ nennen. „Dort treffen wir uns“, erklärte ein freundlicher Herr mittleren Alters. Politik und Glaube bleiben als Gesprächsthemen ausgeklammert. „Das würde nur zu Streitereien führen.“ Stattdessen gibt es Vorträge über wirklich wichtige Dinge – die Zeit zum Beispiel. Wie sollt man sie sich einteilen, um selbst den größten Nutzen, die intensivste Verbesserung seiner selbst zu erfahren.
Blick in den Tempel – wie die Freimaurer ihren Versammlungsort nennen
Wer nach solchen Einblicken noch Energie hatte, konnte bei zwei Partys die Zeitumstellung wegtanzen. Eine überaus kundige Freundin hat über die Lange Nacht der Museen vor einigen Tagen als „Kultur-Kirmes“ gelästert und sie mit einer unnachahmlichen Geste vernichtet. Ihre Meinung. Wenn die Veranstaltung es aber schafft, bislang verschlossene Türen zu öffnen, erfreut das alle Neugierigen. 23.000 Gäste, die für einen anstrengenden Abend auch noch Geld zahlen, sprechen für sich und diesen Termin.
Die Kunst ist, bei der „Langen Nacht der Museen“ zu wissen, wo man anfängt und wo man aufhört.
Fotos: Karina Hermsen und Dirk Neubauer