Blockadetraining in Düsseldorf: Mit nassen Hintern und einer zwischenzeitlich nervösen Polizei
Es ist ein Werbe-Termin, der denen der Bundesregierung in nichts nachsteht: Rund 40 Teilnehmer treffen sich zum „Blockadetraining“ vor der Zentrale des Rüstungs- und Automotivekonzerns Rheinmetall in Düsseldorf-Derendorf. Sie üben öffentlichkeitswirksam, Polizeisperren zu durchbrechen und selber Sitzblockaden zu errichten. Der Anlass: Das Treffen der G7-Staatschefs am 7. und 8. Juni in Schloss Elmau nahe Garmisch-Partenkirchen.
"Fake-Polizisten", gespielt von Linken, gehen gegen eine Blockade vor
Und für alle, denen jedwede Fähigkeit fehlt, ein Gesamtbild zu sehen: Dazu ausdrücklich eingeladen waren auch actiongeladene Privat-TV-Sender und konservative Medien, deren Vertreter sich prompt in eine intensive Diskussion über Recht und Unrecht – etwa von Blockaden – mit den Blockadetrainern begaben. Gewonnen hat am Ende der Blockadetrainer, weil er gut vorbereitet und gut drauf war.
Tatsächlich aber hat das Samstagsszenario einen Moment lang die Düsseldorfer Polizei nervös gemacht. Ein Aufruf der Antifa zur Blockade auf dem Rheinmetallplatz? Hu! Einmal die Luft hörbar ein- und wieder ausatmen: Polizeipräsident Norbert Wesseler (SPD) tat gut daran, sich über falsche Berater hinwegzusetzen und keinen Klein-Klein-Krieg zu beginnen. Er zog seine Auflage zu der als Demo angemeldeten Veranstaltung zurück, bevor sich das Verwaltungsgericht damit auseinandersetzen musste.
Polizei sicherte Gebäude und Zugang von Rheinmetall, dem Rüstungskonzern
Die sichtbaren Dutzend Beamten machte es dann am Samstag offensichtlich Spaß, was sie sahen. Weil sie selber nicht mittrainieren wollten – warum eigentlich nicht?, Scherzfrage! – übernahmen Demonstranten die Polizeirolle. Durchaus glaubwürdig – wenn auch aus Sicht des Blockadetrainers viel zu lieb. „In Bayern wird der Auftritt der Polizei ein ganz anderer sein: härter“, sagte er hinterher.
Trainiert wurden die Disziplinen „Polizeisperre durchbrechen“ und „Blockade errichten“. Mit vielen Details. Es nieselte. Es war schlichtweg ungemütlich. Wer sich auf dem Asphalt nieder ließ, bekam einen nassen Hintern. Also beschränkte sich das Schulungsprogramm auf diese beiden Dinge. Gerne wurden auch Pressefotos gestellt. Und dann war wieder Ruhe in der „Unternehmerstadt“, wie dieses Derendorfer Viertel genannt wird.
Der G7 Gipfel auf Schloss Elmau in Krün, 7. und 8. Juni 2015
Seit 1975 treffen sich die, die sich als führende Wirtschaftsnationen der Welt sehen, einmal im Jahr. Damals war es das G6-Treffen, dann kam Kanada zu Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und den Vereinigten Staaten von Amerika hinzu. Von 1998 bis 2013 war es ein G8-Gipfel – mit Russland. Seit Wladimir Putin die Krim annektierte, ist er ausgeladen worden. Deshalb nun wieder: G7. Brasilien, China und Indien sind –zum Beispiel – nicht dabei.
Die Themen:
Die Webseite des Auswärtigen Amtes nennt: Weltwirtschaft, Außen-, Sicherheits-, Entwicklungspolitik und Klimaschutz. Um es positiv zu sagen: Genug Raum für Aktualisierungen.
Die Sicherheit:
Rund 17.000 Polizisten werden im Einsatz sein, von denen rund 10.000 aus Bayern kommen. Bei dem bislang letzten Gipfel in Deutschland – Heiligendamm – war eine ähnliche Zahl von Polizisten im Einsatz.
Die Gegner:
Es hat sich ein Protestbündnis „Stop G7“ gegründet, zu dem auch die Düsseldorfer Gegendemonstranten gehören. Sie haben eine Fläche von rund 7000 Quadratmetern nördlich von Garmisch-Partenkirchen gepachtet. Das zuständige Landratsamt bemüht sich dem Vernehmen nach Kräften, nach einem Weg zu suchen, um dieses Lager zu untersagen. Momentan prüfe man die Hochwassergefahr der Loisach mitten im Sommer, heißt es. Auf dem Gelände hätten rund 1000 Gegendemonstranten Platz.
Ihre Forderungen:
-Weg mit den Freihandelsabkommen TTip (wird derzeit verhandelt), TISA und CETA
-Gegen Militarisierung und Krieg – Adressat: die NATO
-Solidarität mit Flüchtlingen und Migranten
-Gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur
-Gegen sozialen Kahlschlag
-Gegen den Überwachungsstaat und den Abbau demokratischer Recht