Düsseldorf: Gedenkkundgebung zum 18. Jahrestags des Wehrhahn-Anschlags
Am Dienstag (31.7.) soll das Urteil im Prozess um den Wehrhahn-Anschlag fallen. Der Staatsanwalt hat eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten Ralf S. gefordert, sein Strafverteidiger plädierte auf Freispruch. Die Tat liegt nun 18 Jahre zurück. Vertreter von „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ), der Nebenklage, Opferberatung und der jüdischen Gemeinde gedachten am Freitag (27.7.) dem Jahrestag des Anschlags und forderten neben der lückenlosen Aufklärung eine Gedenktafel am Anschlagsort.
"Lebenslang für Wehrhahnattentäer" titelt eine Zeitung gleich neben dem Anschlagsort und der Gedenkveranstaltung – doch damit ist lediglich die Forderung der Staatsanwaltschaft gemeint
Denn nachdem über 16 Jahre kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, gelang es erst am 31. Januar 2017 Ralf S. festzunehmen, da er während eines Gefängnisaufenthaltes vor einem Mitgefangenen damit geprahlt hatte, für das Bombenattentat von Düsseldorf verantwortlich zu sein. Vor 18 Jahren, am 27. Juli 2000, explodierte am Nachmittag eine Rohrbombe am S-Bahnhof Wehrhahn. Sie verletzte zehn Sprachschüler zum Teil schwer und tötete ein ungeborenes Kind im Mutterleib. Sechs der zehn Verletzten kamen als Zuwanderer aus dem Gebiet der früheren Sowjetunion, Menschen jüdischen Glaubens. Die vier weiteren sind Russlanddeutsche.
Viele Menschen benutzen den Eingang zum S-Bahnhof täglich
Nun läuft der Prozess und die Vertreter von DSSQ sind überzeugt, das Ralf S. der Täter ist. Doch weil Zeugen ihre ursprünglichen Aussagen nicht vor Gericht wiederholten, wurde der Tatverdächtige Ralf S. zwischenzeitlich aus der Haft entlassen. Der Prozess wird voraussichtlich am Dienstag mit einem Urteil enden. Die Kritiker des Verfahrens befürchten einen Freispruch und machen dafür die schlampigen Ermittlungen vor 18 Jahren verantwortlich. Es gab verschiedenen Pannen und unerklärliche Schwächen der Polizei, weshalb die Indizien als nicht ausreichend beurteilt wurden. Dabei wurde die Existenz einer Nazi-Szene in Düsseldorf und die Mitgliedschaft von Ralf S. in diesen Kreis stets bestritten.
Gegen das Vergessen – die Gedenkveranstaltung am Freitag am Ort des Anschlags
„Das damalige Attentat, wie auch der Verlauf des Prozesses hat tiefe Spuren bei den Betroffenen hinterlassen. Deshalb wollen wir mit der Gedenkveranstaltung die Betroffenen in den Vordergrund stellen und nehmen die Forderung der Nebenklage nach einer Gedenktafel am S-Bahnhof Wehrhahn auf“ erklärte Michael Friebe von DSSQ. Es stehe zu befürchten, dass der Anschlag nicht mehr aufgeklärt werden könne, vermutet Friebe und sieht darin ein fatales Zeichen an die rechtsextreme Szene. Die Aufklärung sei gegenüber den Betroffenen eine moralische Verpflichtung und NSU-Watch fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um die offenen Fragen zu klären.
Als Zeichen gegen das Vergessen brachten die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung eine provisorische Papptafel an. „Rassismus tötet“ steht darauf geschrieben.