Düsseldorfer stehen zusammen gegen Islam-Gegner
Je nachdem, woher der Wind weht, stinkt es nach Fäkalien. Der Geruch quillt aus zwei mobilen Toiletten, die auf dem Bürgersteig stehen. Davor versammelt sich ein Häuflein von etwa 150 Islamgegnern und lobt den Polizeischutz. DÜGIDA ist in der Stadt.
In Hörweite hat der Düsseldorfer Appell vor dem DGB-Haus rund 3.500 Gegendemonstranten versammelt – Politiker aller Parteien, Gewerkschafter, Kirchenvertreter, Künstler. Die Landtagspräsidentin Carina Gödecke, SPD-Chef Andreas Rimkus, Grünen-Landeschefin Mona Neubaur, die evangelische Superintendentin Henrike Tetz, Volker Neupert vom Düsseldorfer Appell, die Gründerin der „Mütter für den Frieden“, Barbara Gladysch. Und viele, viele mehr.
Auf der anderen Seite des kurzen Straßenabschnitts skandieren nochmals 2000 Menschen, die von „Düsseldorf stellt sich quer“ mobilisiert wurden. Die Zahlenangaben stammen von einem Polizeisprecher. Die Deutsche Presse Agentur will statt der 150 islamfeindlichen Demonstranten 350 ausgemacht haben.
Wollen immer noch Dügida sein: Rund 150 islamfeindliche Protestler.
Düsseldorf am Montagabend. Das Bahnhofsviertel steht nicht still, sondern es ist laut. Die Lager rufen ihre Sprechchöre. Ein Mann muslimischer Herkunft, wallender Vollbart, langes Gewand, eilt über die Straße. Würde er langsamer gehen, käme er gewiss ins Nachdenken. Denn alle beanspruchen die Toten von Frankreich für sich.
Die Rechtspopulisten und Rechtsextreme von der Nicht-Mehr-Dügida und die Gegendemonstranten – alle sind Charlie. Die Rechtenaußen, die im nächsten Moment „Lügenpresse“ skandieren werden, heucheln eine Gedenkminute für die Opfer von Paris. Das französische „Je suis Charlie“ will den Dügisten allerdings nicht so recht von den Lippen gehen. Einige Angereiste aus der Dortmunder ultra-rechten Szene wenden sich ab und gehen.
Pegida distanziert sich von DÜGIDA
Die Pegida will mit denen da in Düsseldorf, mit DÜGIDA, nichts mehr zu tun haben. Man reibt sich an der Person der Anmelderin und ihren rechtsradikalen Sprüche und ihrer Pro-NRW-Mitgliedschaft. Pro NRW wird von NRW Verfassungsschutz seit 2011 als verfassungsfeindlich eingestuft. Melanie Dittmer sagt, das sei ihr egal. Noch in Köln habe man ihr seitens Pegida 315 Euro an Spendengeldern abgenommen, klagt die ultra-rechte Aktivistin und ruft zu neuen Spenden auf. „Für den Rechtsanwalt, der gegen den Oberbürgermeister prozessieren muss.“
Der ergreift Mikrofon und Gelegenheit, um die Verwaltungsgerichtsverfahren zu erläutern, die er gegen Geisel angestrengt hat. Er werde weitere Verfahren gegen Geisel anstrengen – bis hin zur Strafanzeige. Und Melanie Dittmer hat bis Ende April für jeden Montag solche eine Demo bei der Polizei angemeldet.
Polizeipräsident Norbert Wesseler (links) radelte zum Einsatzort.
150 Krakeeler stehen 5.500 Gegendemonstranten gegenüber. Kurz vor halb sieben gehen in der Stadt die Lichter aus: am Rheinturm, am Riesenrad, in Landesministerien, im Rathaus. Viele Kulturinstitute haben Transparente rausgehängt, die „Humanität, Respekt, Vielfalt“ anmahnen. Landtagspräsidentin Carina Gödecke erinnert im ihren Grußwort an die Gegendemonstranten vor dem DGB-Haus an Voltaire: „Ich mag verdammen, was Du sagt, aber ich werde mein Leben dafür geben, dass Du es sagen darfst“. Demonstrationen gehörten zur Demokratie dazu – auch, wenn man deren Ziele nicht teile.
Der Oberbürgermeister darf das Licht ausmachen
Oberbürgermeister Geisel freut sich wie Bolle. Kurz zuvor hat das Oberverwaltungsgericht Münster die Entscheidung der Düsseldorfer Verwaltungsrichter widerrufen. Geisel darf jetzt im Rathaus das Licht ausknipsen lassen. Wer den Münsteraner Beschluss liest, sieht, dass es kein Sieg ist. Die Oberverwaltungsrichter klagen, sie hätten viel zu wenig Zeit den Sachverhalt zu durchdenken und vernünftig zu entscheiden. Musikgruppen und weitere Redner, darunter Kabarettist Jens Neutag, unterhalten die Gegendemonstranten.
Standen in allen Nebenstraßen: Rund 2000 Gegendemonstranten von “Düsseldorf stellt sich quer”
Derweil geht das ständig kleiner werdende Trüppchen Dügida in Richtung Berliner Allee. Zwischenkundgebung vor einer Klops-Braterei. Rückkehr zum Ausgangspunkt. Dann die bange Frage, wie sie nach Hause kommen sollen. Die Polizei eskortiert die Islamfeinde durch den Gepäcktunnel im Hauptbahnhof zu den Gleisen. Der Haupteingang ist abgeriegelt. Polizisten und Gegendemonstranten rangeln in der Haupthalle. Während des gesamten Einsatzes sind nach Polizeiangaben vier Beamtinnen und Beamte verletzt worden.
Auf Wiedersehen? Leider wahrscheinlich.