Düsseldorf zwischen Brause und Botschaft: Demo für preiswerten Wohnraum und freie Kulturstätten
Der Bagger steht auf Schutt und Staub. Und in Nürnberg grinsen breit jene, die sich Investoren nennen. Fix hat man die „Brause“, Kultort an der Bilker Allee in Düsseldorf Friedrichstadt, zertrümmert, noch bevor sie Denkmal werden konnte. Das Denkmalschutzverfahren für die ehemalige Innenstadttankstelle lief bereits. Doch während die Initiatoren ihren vermeintlich cleveren Anwalt feiern, haben jene Nürnberger Immobilienspezialisten in den Friedrichstadt vielleicht den entscheidenden Stein der Empörung gegen Immobilienhaie ins Rollen gebracht: 250 wütende Bürger zogen am Samstagabend fast drei Stunden lang durch die Stadt. Ihre Botschaft lautete „Stoppt den Ausverkauf“. Und die Unterzeile dazu stand auf einem Protesttransparent: „Macht Miet-Haie zu Fischstäbchen“.
Brause -kaputt: Der Bagger steht auf den Trümmern – die Stadt stoppte den Abriss zu spät.
Kurz zuvor hatten etwa 20 Anwohner am Zeisigweg in Düsseldorf Unterrath dagegen protestiert, dass ein Hauseigentümer ein Rentnerpaar – sie 88, er 93 Jahre alt – mit einer Räumungsklage bedroht. In mehreren Düsseldorfer Stadtteilen hat ein Familienunternehmen Häuser systematisch entmietet, in dem jeweils Eigenbedarf für immer dieselben Familienmitglieder geltend gemacht wurde. Thorsten Graeßner von den Grünen informierte die Demo über den Stand am Kronenhaus beim EVK: Hier will dieselbe Nürnberger Firma (Brause 2!) Luxusappartements in einem historischen Bau installieren. Es wird Zeit, so die Demonstranten, dass Verwaltung und Politik in Düsseldorf solchen Machenschaften entschiedener als bisher entgegentreten.
Graffiti neben den Trümmern der "Brause".
Für Stefan Pennartz vom Kulturverein Metzger Schnitzel war die Brause über Jahre wie ein zweites Wohnzimmer, Experimentierfeld, ein Kulturort: „Wie es scheint, wollte der Investor Fakten schaffen, um so schnell wie möglich Luxusapartments bauen zu können. Dabei braucht Düsseldorf davon keine mehr, sondern dringend bezahlbaren Wohnraum und eben auch Kultur- und Freizeiträume wie die Brause. Durch den Denkmalschutzantrag war bei uns Hoffnung aufgekommen, dass wir vielleicht doch noch zurückkehren könnten.“
Protest gegen unfaire Immobilien-Unternehmen und ihre Profitgier.
An diesem Samstagabend sind sie zurückgekehrt – zum Brause-Trümmerfeld. Ziel des dreistündigen Protestmarsches durch mehrere Stadtteile war die „Botschaft“ am Worringer Platz. Dort will besagter Nürnberger Investor in einem ehemaligen Kino, in dem zuletzt freie Theatergruppen zu Hause waren, Mikro-Appartements installieren. Und eine weitere Geldmaschine schaffen. Eine entsprechende Bauvoranfrage lag der Bezirksvertretung 1 (Stadtmitte) bereits vor.
Tschüss, Freiraum: In der "Botschaft" am Worringer Platz sollen Mikro-Appartements entstehen.
Mit lauter Musik ziehen die Teilnehmer der Demo los. Vorbei gehen sie an den Bilker Höfen, den Karolinger Höfen – die Namen stehen nicht für schöner, sondern für teurer wohnen dort, wo ehemals Normalverdiener leben konnten. Der Demo wird vielfach zugewunken. Zahlreiche Passanten unterstützen ihr Anliegen, sobald man ins Gespräch kommt. Mieterhöhungen und unfaire Vermieter kennt jeder in Düsseldorf – das ist der Eindruck am Straßenrand. Der laute Ruf aus dem Zug dagegen: „Immobilienfirmen enteignen – die Häuser gehören denen, die darin wohnen.“ Zugleich wird immer wieder versichert, dass faire Vermieter bleiben dürften.
Abstecher zur Reichstraße – die Polizei stellte sich in den Hauseingang einer ultrarechten Studentenverbindung.
Am Fürstenwall schwenkt ein Teil der Demo links ab und stürmt in Richtung Reichstraße. Dort gilt das Haus einer Studentenverbindung bei den Protestlern als Sitz von Neonazis, wie sie in Sprechchören rufen. Die Polizeibegleitung ist kurz überrascht, stellt sich dann aber zwischen die Demonstranten und den Hauseingang. Auch hier hängen –neben der schmuddeligen, bewusst verkehrt herum aufgehängten Deutschlandfahne im ersten Stock – die Angebotsschilder eines Immobilienmaklers.