Düsseldorf Polizei: Wie Luxuskarossen unter die Räder kommen – der Keyless Go-Trick
Wer sein Auto starten will, ohne einen Zündschlüssel drehen zu müssen, zahlt dafür oft doppelt. Erst kostet „Keyless Go“ einen saftigen Aufpreis beim Autohersteller; und dann manchmal die gesamte Nobelkarosse. Das berichtete am Freitag (15.3.) Kriminalhauptkommissarin Martina Sandfort. Zusammen mit drei Kollegen und der Hilfe von Zivilfahndern hat sie jetzt 20 Diebstähle von Range Rover Luxus SUVs aus dem vierten Quartal 2018 in Düsseldorf aufgeklärt. Der Gesamtschaden lag bei 1,5 Millionen Euro. Zwei mutmaßliche Täter sitzen in Untersuchungshaft, drei weitere wurden namentlich dingfest gemacht.
Arbeitsteilung
Das sei organisierte Kriminalität, bei der jedes Bandenmitglied seine Aufgabe habe. Im vorliegenden Fall ermittelt die Düsseldorfer Polizei gegen Tatverdächtige aus Bulgarien. Martina Sandfort sagte im Rahmen einer Pressekonferenz: Vier Männer und eine Frau seien ab September regelmäßig in Düsseldorf Oberkassel, in Düsseldorf Stockum und weiteren Stadtteilen des städtischen Nordens unterwegs gewesen. Dort sei die Dichte an Luxuskarossen besonders hoch. Gesucht wurden Range Rover, weil diese Marke international stark nachgefragt sei. Und die Wagen mussten „Keyless Go“ an Bord haben.
Funkwellen verlängert
Damit solch ein System funktioniert, sendet der zugehörige Schlüssel permanent auf einer bestimmten Funkfrequenz. Eigentlich soll das Auto seine(n) BesitzerIn erst erkennen, wenn die Person unmittelbar am Wagen steht. Und dann bereitwillig die Türen öffnen und die Wegfahrsperre abschalten. Doch diese Funkwellen lassen sich mit rund 30.000 Euro teuren Spezialapparaten verlängern. Also schleicht ein Täter nahe der Haustür einer Villa herum; in der Hoffnung, dass der Funkschlüssel fürs Nobel-SUV drinnen im Flur liegt oder hängt. Ein zweiter Täter wartet an der Autotür auf die Funkwellen-Verlängerung, öffnet die Tür, springt hinein, drückt den Startknopf – und fährt mit dem Luxusauto von dannen. Ganz einfach eigentlich, wenn man weiß, wie es geht.
Die Funkwellen-Verlängerer, mit deren Hilfe die Täter die Nobelautos öffnen und wegfahren konnten. Foto: Polizei
Das Problem aus Tätersicht: Ausgehen darf der Motor jetzt nicht. Denn fern des Funkschlüssels wäre das Auto blockiert. In einem zweiten Schritt, so die Polizei, bauten die Bulgaren deshalb die Keyless-Go-Platine aus und schickten sie zum umprogrammieren in ihr Heimatland. Zwei, drei Tage später kam die veränderte Platine samt neuem Funkschlüssel zurück, wurde mit ein paar Handgriffen in den solange offen irgendwo herumstehenden Luxusschlitten eingebaut – der nun ins Ausland expediert werden konnte.
Export
Von den 20, Ende 2018 in Düsseldorf entwendeten, Range Rovern wurde einer im westafrikanischen Burkina Faso entdeckt, ein anderer rollte durch Spanien, ein Dritter war im belgischen Antwerpen unterwegs, bereit zur Verschiffung. Von den 20 gestohlenen Autos, so Martina Sandfort, wurden bereits zehn den verdächtigen Bulgaren zugeordnet, sechs Autos konnten in Düsseldorf den rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben werden. Die Ermittlungen seien noch im Gange. Ein schwarzer Land Rover mit dem amtlichen Kennzeichen NE-RA 102 steht irgendwo im Großraum Düsseldorf noch offen und mit ausgebauter Keyless Go-Platine herum.
GPS-Ortung
Denn: Am 20. Dezember, gegen 13 Uhr, endete die einträgliche Selbstbedienung der bulgarischen Technik-Trickser. Einen ihrer Range Rover hatten sie in Sichtweite des Düsseldorfer Polizeipräsidiums geparkt. Was sie nicht wussten: Der Besitzer hatte rund 5000 Euro in ein GPS-Ortungssystem für sein Fahrzeug investiert. Am 17. Dezember entdeckten die Spezialisten der Düsseldorfer Polizei den Wagen auf dem Parkplatz beim Apollo-Varietee unterhalb der Rheinkniebrücke. Und legten sich auf die Lauer. Nach zweieinhalb Tagen Überwachung rund um die Uhr erschienen die Tatverdächtigen und wurden festgenommen.
Zweite Diebstahlsserie
Nun wird ermittelt – wo blieben die SUVs? Was kann welchem Tatverdächtigen tatsächlich gerichtsfest nachgewiesen werden? Die Range Rover Klau-Kette riss nach der Festnahme des Quintetts jäh ab. Bis Februar 2019. Da ging es wieder los – in Düsseldorf. Doch mit der Erfahrung aus Diebstahlsserie eins folgte der zweite Ermittlungserfolg zeitnah. Zwei Ukrainer und ein Georgier wurden als Tatverdächtige festgenommen – eine andere Geschichte.
Metallkästchen
Was können Autobesitzer tun, damit ihr Nobel-Karren mit „Keyless Go“ nicht unter die Räder kommt? Da hat Kriminalhauptkommissarin Sandfort zwei Tipps parat. Der wichtigste ist: Den Funkschlüssel daheim in einer geschlossenen Metallbox aufbewahren, aus der keine Funkstrahlen nach außen dringen. Die Tauglichkeit des Behältnisses könne jeder leicht überprüfen. Einfach den Schlüssel wegsperren und zum eigenen Auto gehen. Es darf sich nicht öffnen lassen. Und noch einen Rat gab es: Wer einen sechsstelligen Betrag in ein Auto investiere, solle – bitte – weitere 5000 Euro in ein GPS-Ortungssystem investieren.