ADFC-Fahrrad-Klimatest: Düsseldorf bekommt nur ein „ausreichend“ für die Fahrradfreundlichkeit
3.052 Düsseldorfer*innen hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) nach ihrer Meinung zu verschiedenen Aspekten des Radfahrens in Düsseldorf befragt. Mehr als die Schulnote „ausreichend“ war dabei für Düsseldorf nicht drin. Zu schmale Radwege, zu viele Falschparker und Nachholbedarf bei der Akzeptanz von Radfahrenden, bei Sicherheit und Konfliktfreiheit wurde der Stadt attestiert. Der ADFC Fahrradklima-Test 2020 untersuchte 1.024 deutsche Städte, rund 230.000 Bürger*innen haben die Fragen des Vereins beantwortet.
Falschparker auf Radwegen? Hier drehten die ADFC-Mitglieder auf der Kö den Spieß einfach mal um
Nur "ausreichend"
Mit der Schulnote 4,12 liegt Düsseldorf im Ranking der Städte mit über 500.000 Einwohner im Mittelfeld auf Platz 8. Aber auch Bremen auf dem ersten Platz bekam nur eine 3,57, Köln auf Platz 14 eine 4,37. Bei der Vorstellung des bundesweiten ADFC-Fahrradklima-Test in Berlin wurde deutlich, dass viele Großstädte noch deutliche Luft nach oben haben, bis sie sich „fahrradfreundlich“ nennen können.
Über 3.000 Teilnehmer*innen
3.052 Düsseldorfer Radfahrer*innen trugen zum Meinungsbild bei, ob Radfahren in Düsseldorf Spass oder Stress ist. „Der Zuwachs von rund 1.000 Teilnehmenden gegenüber 2018 zeigt, dass das Interesse am Thema Fahrradfahren in der Bevölkerung stark gestiegen ist,“ erläutert Lerke Tyra, stellv. Vorsitzende des ADFC Düsseldorf. „Radfahren in Düsseldorf wird aber weiterhin als stressig bewertet." Fehlende Akzeptanz als Radfahrer*in, fehlendes Sicherheitsgefühl und zahlreiche Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmer bestimmten das Meinungsbild.
Schon 2018 forderten die Sprechner des Bündnisses, Dirk Jansen vom BUND, Lerke Tyra vom ADFC und Jost Schmiedel vom VCD (v.l.), die Politik zum Handeln auf. Geändert hat sich nicht viel.
Stagnation
Eine Entwicklung zum Positiven ist im Vergleich zu den Klima-Tests der vergangenen Jahre kaum festzustellen. Der ADFC erhebt alle zwei Jahr ein Meinungsbild. "Das passt durchaus zum öffentlich kritisierten schleppenden Umsetzungstempo der geplanten Radwege-Maßnahmen", betont Tyra. "Auffällig ist, dass trotz 50 Prozent mehr Beteiligung die drei TOP und die drei FLOP-Themen gegenüber 2018 und sogar 2016 fast identisch sind: Auf der Positivseite stehen weiterhin die gute Verfügbarkeit von Leihrädern, in Gegenrichtung für den Radverkehr geöffnete Einbahnstraßen und die Einschätzung „Bei uns fahren alle Fahrrad – egal ob alt oder jung“.
Laut Umfrageergebnis liegen die größten Schwächen in Düsseldorf bei fehlenden Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen, bei der mangelnden Breite von Radwegen sowie bei Ampelschaltungen, die Radfahrende benachteiligen und ein zügiges Fahren behindern. Das Sicherheitsgefühl bekommt Schulnote 4,7 und der Spaßfaktor Note 4.
Lerke Tyra kennt die Situation der Radfahrer aus eigener Erfahrung
Der Klimatest zeigt aber auch, wie interessiert die Düsseldorfer*innen an der Radinfrastruktur in der Stadt sind. Denn rund 900 Bürger*innen haben sich die Mühe gemacht, ihre persönliche Kritik und Wünsche frei zu formulieren. „Die Auswertung der über 2.300 genannten Kritikpunkte ist für uns aufschlussreich und gibt auch der Politik und Verwaltung wichtige Hinweise, wo der Schuh in unserer Stadt besonders drückt und konsequente Gegenmaßnahmen erforderlich sind“, sagt Lerke Tyra.
Häufige Nennungen
> Lücken im Fahrradnetz, an Kreuzungen oder im Nichts endende Radwege (211 Nennungen) (zusätzlich: 148 mal „Generell fehlende Radwege, Anbindung Stadtteile, längere Routen“ und 97 mal „Rückstand bei der Umsetzung der beschlossenen Pläne“)
> Konflikte mit Kfz (104 mal) und Fußgängern (93 mal; zusammen 197 Nennungen)
> Präferenz für Autoverkehr in Düsseldorf (137 mal) und Benachteiligung des Radverkehrs gegenüber dem Autoverkehr (60 mal, zusammen 197 Nennungen)
> Qualität der Radwege (Breite, Kurven, Oberfläche, Markierung) und mangelnde Wartung (195 Nennungen)
> Mangel an gefühlter Sicherheit (188 Nennungen); (zusätzlich 30 mal mangelnde Sicherheit für Kinder und 42 mal Straßenbahnschienen)
> Verkehrswende nicht erlebbar oder kein Konzept dazu erkennbar (177 Nennungen).
Es gab auch Lob
Positiv wurde Düsseldorf bei den Zusatzfragen zu „Corona und Radfahren“ bewertet. Hier kam die Landeshauptstadt auf die Note 3,19 und damit auf Platz 3 hinter Berlin und München. „Auschlaggebend für die befragten Bürgerinnen und Bürger war hier zwar auch die umstrittene Pop Up-Bike Lane am Rheinufer, aber viel mehr noch die Anerkennung der gestiegenen Bedeutung des Radverkehrs während der Corona-Pandemie insgesamt“, führt Lerke Tyra aus, „das ist in der Auswertung klar abzulesen“. Ein typischer Kommentar: „Seit Corona macht es mir besonders viel Spaß Fahrrad zu fahren weil weniger Autos unterwegs sind und ich mit vielen anderen Fahrradfahrern gemeinsam unterwegs bin“.
Die baulicher Trennung von KfZ- und Fußverkehr, der Umbau der viel zu schmalen Verkehrsinseln und die Einrichtung von Fahrradstraßen (Zitat: „Talstraße, Kirchfeldstraße und Kö würden sich hervorragend dazu eignen“) waren konkret formulierte Wünsche. Die immer beleibter werdenden Lastenfahrräder haben deutlich mehr Platzbedarf, darauf in die Radinfrastruktur noch überhaupt nicht eingestellt.
Eine Protected-Bike-Lane war für die Straße Am Trippelsberg bereits beschlossen. Jetzt scheinen aber die Belange der Industrie-Anlieger und damit das Parken der Lkw auf der Straße höher priorisiert zu werden. Das Vorhaben wurde immer noch nicht umgesetzt. Foto: Stadt Düsseldorf, David Young
Diskussion über Ergebnisse
Der ADFC Düsseldorf hofft auf konstruktiven Dialog mit Politik und Verwaltung zu den Ergebnissen des Klimatests. Die deutliche Forderung ist, die geplanten Radwegemaßnahmen ohne Verzögerung umzusetzen. „Dabei müssen vor allen lückenlose, sichere und komfortabel zu fahrende Achsen quer durch die Stadt errichtet werden. Der Fahrradklimatest zeigt, dass das einer der Knackpunkte ist, ob Menschen öfter aufs Rad umsteigen oder nicht“, so das Fazit von ADFC-Sprecherin Tyra. „Wir finden es positiv, dass die schwarz-grüne Stadtregierung vereinbart hat, den ADFC Fahrradklima-Test als Gradmesser des Fortschritts auf dem Weg zur fahrradfreundlichsten Großstadt Deutschlands zu betrachten. 2020 könnte man dafür als Basiserhebung nehmen – eine positive Entwicklung wird an den Umfragen 2022 und 2024 abzulesen sein!“ Schon mit vergleichsweise kleineren Maßnahmen ließe sich die Situation deutlich verbessern, beispielsweise durch mehr Tempo-30-Zonen, Fahrradstraßen, deutlichen Markierungen und radfahrerfreundliche, sichere Lösungen an Baustellen.
Reaktion der CDU
Die Düsseldorfer CDU reagierte bereits auf den Klimatest und will die Ergebnisse als Ansporn sehen. Ratsherr Dr. Alexander Fils, Mitglied der Kleinen Kommission Radverkehr, betont: „Das Miteinander und die gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmenden sind uns sehr wichtig. Unser Ziel ist, dass sich deren Mobilität und Zufriedenheit weiter verbessern.“