Düsseldorf eröffnet Radweg auf Zeit – begleitet von Anwohnerprotesten und Fußgängerflüchen
Begleitet von wütenden Anwohnerprotesten hat Düsseldorf am Samstag (13.6.) zum ersten Mal einen „Pop-up-Radweg“ eröffnet. Zwischen der Oberkasseler Brücke und der Merkur-Spiel-Arena haben Radfahrer auf einer Strecke von rund drei Kilometern auf dem Joseph-Beuys-Ufer, der Cecilienallee und der Rotterdamer Straße mehr Platz bekommen – zulasten des Autoverkehrs. Der Ordnungs- und Verkehrsausschuss des Rates hat mehrheitlich den Versuch beschlossen. Er kostet nach Angaben aus dem Rathaus rund 70.000 Euro und endet am 31. August.
Schmalspur
Zufrieden schien am Samstag kaum jemand mit dem, was die Düsseldorfer Verkehrspolitiker sich da ausgedacht haben. Wie bei einer Straßenbaustelle markieren gelbe Linien und Pfeile den Radweg auf Zeit. Er soll in beide Richtungen befahrbar sein, ist mit einer Breite von 2,10 Metern aber deutlich schmaler als der Platz, den die geänderte Straßenverkehrsordnung den Radfahrern zugesteht. Dort ist ein Abstand von 1.50 Meter neben einem Fahrrad festgelegt. Ein Radweg in zwei Richtungen müsste also mindestens 3,50 Meter breit sein.
Die ersten Meter auf dem neuen Radweg auf Zeit. Foto: Stadt Düsseldorf, Ingo Lammert
Um Abstand zwischen Autos und Radlern zu schaffen, grenzen zahlreiche Baustellenbarken den Radweg ein – deshalb spricht man von einer Protected-Bike-Lane, einem geschützten Radweg. Zahlreiche Parkplätze fallen dem Experiment zum Opfer. Nach städtischen Angaben sollen 20 Parkplätze für Autos verloren gehen. Empörte Anwohner vermuten das Doppelte bis Dreifache dieser Zahl.
Auffallend still: die Grünen
Der Vorsitzende des Ordnungs- und Verkehrsausschusses, Martin Volkenrath (SPD), gab sich am Samstag begeistert: „So etwas brauchen wir noch an weiteren Stellen in Düsseldorf.“ Auffällig war, dass sich der grüne Verkehrspolitiker Norbert Czerwinsky still im Hintergrund hielt und den Radweg nicht gegenüber den erbosten Anwohnern vertrat, die sich von dem Experiment überfahren sehen. Stattdessen bekam Oberbürgermeister Thomas Geisel die Schelte ab, der aber als Chef der Verwaltung gar nicht anders kann, als den Beschluss der Politik umzusetzen.
OB Geisel eröffnete das Radwege-Experiment, indem er selbst in die Pedale trat.
Ein Mann hielt derweil demonstrativ ein Protestplakat hoch, auf dem „Steuerverschwendung“ stand. Sein Argument: Am Rheinufer und entlang des Bürgersteigs gebe es bereits zwei Radwege – der neue Popup-Radweg sei die dritte Radspur innerhalb von 150 Metern Breite. „Und die ist überflüssig.“ Andere Anwohner fragten empört, wo denn nun Paketboten, Handwerker und Lieferanten parken sollten. Es seien bereits erste Verwarnungen gegen Senioren ausgesprochen worden, die kurz anhielten, um Wasserkästen nach Hause zu tragen. Ihr Standpunkt ist sehr klar: Dieser Radweg darf niemals zur Dauereinrichtung werden. Er muss so schnell wie möglich weg.
ADFC zur Anwohner-Kritik
Ein Vertreter des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs wies gegenüber report-D das Argument einer überflüssigen dritten Radspur innerhalb eines engen Umkreises zurück. Auf dem Schotterweg zwischen Altstadt und Messe staube es im Sommer und es behinderten Wasserpfützen und Schlaglöcher die Radler. Unmittelbar am Rhein müssten sich Radfahrer den Weg mit Fußgängern, Skatern, Rollatoren-Besitzern und Freizeitsportlern teilen. Dort komme man nur langsam oder gar nicht voran. Der neue Radweg mache Sinn.
Gefährlich: Querende Fußgänger
Gefährliche Szenen gab es zum Start aber auch dort. Weil sich manche Radbesitzer auf einer Fahrrad-Schnellspur wähnen, kamen sie kreuzenden Fußgängern in die Quere, die einfach nur bei Grün über die Straße gehen wollten. Lautes Klingeln und zornige Flüche war Zeichen dafür, dass dieser Experimental-Radweg noch voller Gefahren steckt.