Düsseldorf weint um Air Berlin: Tschüss, Schokoladenherz!
Tschüss Schokoladenherz: Dies war der Abend der großen Gefühle am Düsseldorfer Flughafen, der letzte Abend mit Air Berlin. Wer auf die Besucherterrasse wollte, musste bis zu 90 Minuten lang warten. Als sich mehrere hundert Mitarbeiter kurz vor dem letzten Air-Berlin-Start Richtung München unter dem Airbus A320 versammelten – gab es Beifall und Jubel der Zuschauer oben. Die da unten standen, hatten Tränen in den Augen, nahmen sich in den Arm, als die Maschine zur Startbahn rollte. Um 23.33 Uhr dann landete der A320 aus Rom, Flug AB 8719. Durch zwei Fontänen der Flughafenfeuerwehr rollten 39 Jahre Luftfahrtgeschichte aus. Vorbei.
Passagiere berichteten von Stewardessen, bei denen die Tränen kullerten, während sie sich bemühten die Bordroutinen einzuhalten. In Air Berlin Maschinen wurden die Innentüren beschrieben. Mit einem hörbarem Kloß im Hals dankten Flugkapitäne zum letzten Mal dafür, dass man mit Air Berlin geflogen ist. Man selber und die gesamte Crew werde morgen nicht mehr da sein – „Take Care und Bye Bye“ – so stand es teilweise auch ausgedruckt auf den Bordkarten.
Schmählied auf den Vorstand
Besonders in Düsseldorf sind die Mitarbeiter auch sauer auf den Vorstand, der seine Tantieme natürlich unkaputtbar per Bankbürgschaft abgesichert hat, während viele tausend Mitarbeiter nicht wissen, wie es weitergeht und andere bis zu 40 Prozent Einkommenseinbußen bei der Lufthansa-Tochter Eurowings hinnehmen müssen. Die Mitarbeiter texten auf einen aktuellen Titel von Pink ein Schmählied auf die, von denen sie sich im Stich gelassen fühlen.
Bundespolitik kippt Auffanggesellschaft
Dazu gehört auch die Bundespolitik. Sie hatte sich geweigert, eine große Auffanggesellschaft für bis zu 4000 Mitarbeiter zu finanzieren. Dies mitzuteilen überließ Kanzlerin Merkel großzügig der sozialdemokratischen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries.
Ready for Take out – Piloten taten schon seit Tagen ihren Dienst mit einem dicken Kloß im Hals – heute Abend sagte sie zum letzten Mal: Danke schln und bye-bye.
Die Geschichte der airberlin
Der Name airberlin erinnert an den Berliner Erstflug: Am 28. April 1979 startet eine Boeing 707 von Berlin-Tegel nach Palma de Mallorca. Der US-Pilot Kim Lundgren verlor während der Ölkrise in den 70er-Jahren seinen Job bei der Pan American in Europa. Statt in die USA zurückzukehren, gründet er eine Charter-Fluggesellschaft. 1978 wird die Airline im US-Bundesstaat Oregon als „Air Berlin Inc." ins Handelsregister eintragen. Denn vor der Wiedervereinigung Deutschlands durften nur Alliierte Berlin anfliegen. Durch den Mauerfall 1989 verliert Kim Lundgren seine Sonderrechte über Berlin und muss deutsche Mehrheitsgesellschafter suchen.
1991 kam Joachim Hunold
Im April 1991 kauft Joachim Hunold 82,5 Prozent der Geschäftsanteile und gründet damit die Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs KG. Die Airline startet mit zwei Flugzeugen und 150 Mitarbeitern. airberlin fliegt Gäste deutscher Reiseveranstalter zu Zielen rund ums Mittelmeer. Im Sommer 1992 verzeichnet die Fluggesellschaft 15 Flüge am Tag. Zuletzt waren es bis zu 800.
Zukäufe machten airberlin groß
airberlin erwirbt 2004 knapp 25 Prozent der Anteile an der österreichischen Fluggesellschaft NIKI. Der Gang zur Börse 2006 sichert der Fluggesellschaft frisches Kapital. Mit der Akquisition der Fluggesellschaft dba im selben Jahr verfügt airberlin über ein dichtes innerdeutsches Streckennetz mit attraktiven Slots an den Flughäfen Berlin, Düsseldorf, München und Frankfurt. Ein wichtiger Schritt in der Unternehmensgeschichte ist der Kauf des Düsseldorfer Ferienfliegers LTU im Jahr 2007. airberlin bietet damit auch interkontinentale Verbindungen an.
Im Dezember 2011 vereinbaren airberlin und Etihad Airways eine strategische Partnerschaft. Als Etihad seine Finanzierungszusagen zurückzieht, muss airberlin Insolvenz anmelden.
Fotos: Karina Hermsen, Air Berlin